„Wir sind körperlich und geistig erschöpft“

von Redaktion

Verdi-Streik im Öffentlichen Dienst – Eine Woche keine Müllabfuhr in der Stadt Rosenheim

Rosenheim – Franz Bressler (23) aus Rosenheim ist empört. Er und einige seiner Kollegen in der Anästhesie gehen auf die Straße, um für bessere Arbeitsbedingungen zu demonstrieren. „Jobs wie unserer brauchen mehr Zukunft“, sagt er. Bressler ist Auszubildender und beobachtet, wie viele Kollegen ihre Arbeitsstunden reduzieren oder kündigen, weil sie dem Druck nicht mehr standhalten. „Auch wir Azubis arbeiten wegen des Bereitschaftsdienstes oft 24 Stunden am Tag und bekommen dafür nur einen geringen Lohnzuschlag“, sagt er. So kann das nicht weitergehen, finden er und etwa 50 andere Demonstranten, die am gestrigen Donnerstag von der Brixstraße aus losgehen. Die Teilnehmer rufen „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Kohle klaut“. Es sind Mitarbeiter unter anderem aus der Stadtverwaltung, Kindergärten und Jugendeinrichtungen. „Wir wollen mehr Wertschätzung für unseren Beruf“, sagt eine Kindergartenerzieherin aus Rosenheim, die lieber anonym bleiben möchte. Ihre Kollegen und sie litten unter der geringen Entlohnung und dem hohen Arbeitsaufwand. „Wir müssen den Fachkräftemangel ausgleichen, weil keiner mehr in den Kindergärten arbeiten will“, sagt sie. Sie sei körperlich und geistig erschöpft. Gleich neben der Erzieherin demonstrieren Angestellte aus dem Rosenheimer Jugendamt. „Die Bezahlung ist bei der Arbeitsbelastung einfach unverschämt“, sagt eine Mitarbeiterin. Die Fälle würden komplexer, die Überstunden immer mehr. „Wir arbeiten 70 bis 80 Stunden in der Woche, wenn man die Überstunden mitzählt“, sagt sie. Sie wünsche sich das von Verdi geforderte Tageszeitkonto. Die Müllabfuhr wird ebenfalls bestreikt. Die Mülltonnen der gestrigen Tour werden erst nächsten Donnerstag geleert. Auch die Post ist im Streik. Laut einer Mitteilung von Verdi Bayern sind 78 Poststellen und etwa 2000 Beschäftigte vom Streik betroffen. Verdi fordert eine siebenprozentige Tarifsteigerung, zwölf Monate Laufzeit, drei zusätzliche Urlaubstage und einen weiteren Urlaubstag für Gewerkschaftsmitglieder. Die nächste Verhandlungsrunde ist am 12. und 13. Februar.

Cordula Wildauer

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