Riesenschaden nach Randale

von Redaktion

28-Jähriger baut Barrikaden und attackiert Pkw – Landgericht Traunstein spricht Urteil

Rosenheim/Traunstein/Bad Reichenhall – Ein psychisch kranker 28-Jähriger richtete auf der Suche nach Geld für seine Spielsucht und in Rage, wenn er keines bekam, in Rosenheim und Bad Reichenhall einen Riesenschaden von insgesamt rund 40000 Euro an. Die Neunte Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzender Richterin Barbara Miller ordnete nun die Unterbringung des voll geständigen Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus an, setzte sie jedoch unter strikten Auflagen auf drei Jahre zur Bewährung aus.

Wahnideen, Drogen-
und Alkoholproblem

Seit etwa sechs Jahren leidet der 28-Jährige unter einer schweren psychischen Störung mit Wahnideen, dazu noch unter Drogen- und Alkoholproblemen sowie unter einer Spielsucht. Seine Taten beging er nicht ausschließbar im Zustand der Schuldunfähigkeit, wie der psychiatrische Sachverständige Franz Xaver Obermaier gestern in dem Sicherungsverfahren attestierte. Vor diesem Hintergrund hatte Staatsanwältin Xenia Hildebrand auch keine Anklage erhoben, sondern einen Antrag auf Unterbringung in der Psychiatrie gestellt. In den Plädoyers sprachen sich die Staatsanwältin und Verteidiger Alexander Kohut aus Rosenheim übereinstimmend dafür sowie für Bewährung aus.

Auf freien Fuß kam der 28-Jährige aber nicht. Er wurde nach dem Urteil nahtlos per zivilrechtlicher Einweisung durch das Amtsgericht Rosenheim in die geschlossene Abteilung einer soziotherapeutischen Einrichtung gebracht. Unter den Bewährungsauflagen waren der Verzicht auf Drogen und Alkohol. Jederzeit können unangekündigte Kontrollen von Urin und Blut erfolgen. Der 28-Jährige muss die verordneten Medikamente einnehmen und sich einer Therapie unterziehen. Mit allem war der Mann einverstanden. Alle Prozessbeteiligten sahen in den Auflagen eine abgeschwächte Wiederholungsgefahr für vergleichbare Taten. Zudem seien bei dem Beschuldigten inzwischen Krankheitseinsicht und Behandlungswille vorhanden, hieß es.

Die Serie an Straftaten begann am 19. November 2023 gegen 2.45 Uhr nachts vor dem Bahnhof in Mühldorf. Nach dem Besuch eines Spielcasinos hatte der Mann kein Geld mehr. Dennoch ließ er sich von einem Taxi die 70 Kilometer nach Rosenheim chauffieren. Er wies den Fahrer an, an einer Ecke zu warten, angeblich um das Fahrgeld von 160 Euro zu holen. Gleichzeitig griff er durch das Beifahrerfenster zur Mittelkonsole und verschwand mit der Geldbörse des Taxlers, darin rund 400 Euro.

Um den 30./31. Dezember 2023 herum drang der Beschuldigte gewaltsam in die Geschäftsräume des Diakonischen Werks Rosenheim ein. Ein Fenster ging zu Bruch. Aus dem Tresor holte er 1865 Euro Bargeld.

In der Nacht des 18. Januar 2024 warf er einen Stein in die Scheibe eines Geschäfts an der Brückenstraße in Rosenheim. Bargeld fand er nicht. Als die Alarmanlage anschlug, rannte er weg. Gestern kommentierte er, es wäre ihm „auch egal gewesen, wenn die Polizei kommt“.

Ende Februar/Anfang März 2024 suchte er erneut die Diakonie heim. Dieses Mal gelangte er nicht an den Tresorinhalt. Der Grund: Nach der ersten schlechten Erfahrung lag der Safeschlüssel nicht mehr im Büro. Eine Mitarbeiterin nahm ihn außerhalb der Geschäftszeit mit heim.

Als Motiv reicht: „Ich
war schlecht gelaunt“

Neben den Diebstählen mit ganz erheblichen Sachschäden leistete er sich weitere Delikte. Angesichts des Geständnisses ohne Wenn und Aber konnte die Kammer auf die meisten der ursprünglich knapp ein Dutzend Zeugen verzichten.

In der Obdachlosenunterkunft in Rosenheim an der Brückenstraße hatte er sich am 13. April 2024 gegen 23.05 Uhr in der Küche mit verschiedenen Haushaltsgegenständen verbarrikadiert. Weitere Barrikaden baute er draußen aus Möbeln, Mülltonnen, Rädern, einem Anhänger und Blumentöpfen – teils bis unter den Balkon im ersten Stock. „Ich war schlecht gelaunt“, erklärte er zum Motiv. Mit den aufgetürmten Hindernissen versperrte er die einzige Eingangstür und die Fenster der Unterkunft. Was er nach seinen Worten vor Gericht zunächst nicht wusste: In dem Haus befand sich eine Frau. Als der 28-Jährige sie bemerkte, drehte er eine Zigarette und schrie: „Ich zünd‘ das Haus an. Ihr seid alle asozial. Ihr tut mir weh.“ Die Frau fürchtete um ihr Leben. Sie rief die Polizei an und musste 20 Minuten warten, ehe sie das Gebäude verlassen konnte. „Die Frau konnte nichts dafür. Es war abends, ich habe sie nicht gesehen“, merkte der 28-Jährige vor Gericht an. Allerdings habe er gewusst, dass jemand im Haus war.

Einen Schaden von allein über 30000 Euro hinterließ der Beschuldigte am 26. April 2024 an Pkw in Bad Reichenhall. Er hatte nachmittags seinen Betreuer besuchen wollen, traf diesen aber nicht an. Weil er somit „kein Geld zum Spielen“ bekam, wurde der 28-Jährige wütend, schrie laut und schlug gegen Türen. Im Keller riss er zwei Feuerlöscher von der Wand. Damit schlug er gegen das Mauerwerk des Aufzugs. In der Tiefgarage warf er abgestellte Fahrräder auf zwei BMWs, einen Skoda Fabia, einen Golf Plus und einen Ford Kuga.

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