Espresso und Kuchen statt Leichen

von Redaktion

Neueröffnung auf dem Rosenheimer Friedhof? Seit vielen Jahren gibt es die Überlegung, aus einem alten Leichenhaus ein Café zu machen. In die Tat wurde der Gedanke aber nie umgesetzt. Jetzt kommt wieder Bewegung hinein. Was über das Gebäude bekannt ist – und wie das Café genau aussehen könnte.

Rosenheim – Der Tod hat es Bernhard Schellmoser schon immer angetan. „Er gehört zum Leben dazu, jeder muss einmal gehen“, sagt der Geschäftsführer der Werkgemeinschaft Rosenheim. Besonders Friedhöfe faszinieren ihn. „Ganz egal, ob in Rosenheim, Italien oder Mexiko, die unterschiedlichen Kulturen finde ich erstaunlich“, sagt Schellmoser. Er sitzt am Besprechungstisch seines Architekturbüros, überall im Zimmer hängen Pläne und Bilder von ehemaligen Projekten. Auf dem Tisch liegen einige Zeichnungen und 3D-Skizzen. Darunter ist ein bekanntes Gebäude des Rosenheimer Friedhofs.

Alte Rosenheimer Leichenhalle irgendwann zu klein

Schellmoser zeigt mit seinem Finger auf eine Stelle auf dem Lageplan des Friedhofs. Genauer gesagt auf einen dunklen Halbkreis im südlichen Teil des Geländes. Dort steht das alte Leichenhaus, das im späten 19. Jahrhundert erbaut wurde. „Das ist in meinen Augen eines der schönsten Gebäude auf dem Friedhof“, sagt Schellmoser. Inzwischen verfalle das Leichenhaus aber immer mehr – weil es bis auf einen kleinen Teil seit Jahrzehnten ungenutzt ist und leer steht.

„Das Leichenhaus ist irgendwann zu klein geworden, deshalb ist man in ein größeres Gebäude umgezogen“, sagt Karl-Heinz Brauner, Vorsitzender des Historischen Vereins Rosenheim und Stadtrat für die Grünen. Er sitzt ebenfalls mit am Tisch und begutachtet zusammen mit Schnellmoser die Pläne. Denn in einer Sache sind sich die beiden Männer sicher: So kann es mit dem alten Leichenhaus nicht weitergehen.

Umbau in ein Friedhofscafé gefordert

Aus diesem Grund hat Brauners Fraktion bereits Ende 2024 gemeinsam mit FDP-Stadträtin Maria Knott-Klausner sowie ÖDP-Stadtrat Horst Halser einen Antrag an Oberbürgermeister Andreas März gestellt. Ihr Wunsch: Die Leichenhalle in ein Friedhofscafé umzubauen. Diese Idee verfolgt Bernhard Schellmoser schon deutlich länger. Schließlich seien die Pläne von 1990, das Gebäude in ein Andachts- oder Meditationshaus umzubauen, nie in die Tat umgesetzt worden. Genauso wenig wie der Vorschlag eines Kolumbariums für Schmuckurnen im Jahr 2006.

Irgendwann habe Schellmoser – der schon andere Projekte auf dem Friedhof umgesetzt hat – sich hingesetzt und angefangen, zu überlegen, wie das Café aussehen könnte. Es entstanden die ersten Skizzen für den Umbau. „Die habe ich dann 2010 der Stadt vorgestellt“, sagt Schellmoser. Daraus wurde aber genauso wenig etwas wie aus den Plänen die Jahre davor. Auch des Geldes wegen, sagt der Geschäftsführer der Werkgemeinschaft.

Pläne für das Haus in der Freizeit gemacht

Entmutigen lassen habe er sich dadurch aber nicht. Auf eigene Kosten habe er weiter geplant, Gespräche mit Verantwortlichen gesucht und Termine ausgemacht – bis heute. „Ich bin mit Leidenschaft dabei“, betont Schellmoser. Allerdings seien ihm ohne offiziellen Auftrag der Stadt in der Planung Grenzen gesetzt. Irgendwann sei dann der Kontakt zu Karl-Heinz Brauner entstanden, der wiederum aus Kreisen der Kirche immer öfter gehört habe, dass eine sinnvolle Nutzung der alten Leichenhalle ein Wunsch sei.

Inzwischen haben die beiden Männer eine genaue Vorstellung, wie das Café aussehen soll. Brauner zeigt ein Bild, das im großen Raum in der Mitte des Leichenhauses und im Arkadengang einige Stühle und Tische zeigt. Rund 15 Tische könnten dort aufgestellt werden. Auch eine Küche und Toiletten sollen einen Platz finden. „Es soll aber kein Dinzler oder Aran entstehen“, sagt Brauner. Dementsprechend werde die Einrichtung eher schlicht ausfallen, betont der Grünen-Stadtrat. Auch eine geschützte Ecke für Seelsorge-Gespräche sei vorstellbar.

Ort der Begegnung schaffen

Zudem sei das Friedhofscafé in erster Linie nur für die Friedhofsbesucher gedacht. „Als Ort der Begegnung“, sagt Brauner. Dort könnten Trauernde miteinander ins Gespräch kommen oder alleine ihrer Verstorbenen gedenken und „müssten nicht auf irgendeiner Bank im Freien sitzen.“ Betrieben werden könnte das Café von einem sozialen Träger, mit denen man sich sogar schon in Gesprächen befindet.

Wie viel der Umbau der Leichenhalle kosten könnte, können Schellmoser und Brauner noch nicht genau sagen. Dafür müsse man sich das Gebäude, das unter Denkmalschutz steht, nochmal genau anschauen. Allerdings glaubt der Geschäftsführer der Werkgemeinschaft, dass sich mit der Bausubstanz des alten Leichenhauses noch gut arbeiten lässt. „Dem Haus fehlt nichts, ich muss das fachtechnisch im Sinne des Denkmalschutzes einfach nur reparieren“, sagt er. Das Dach sei zum Beispiel vor nicht allzu langer Zeit erst neu gemacht worden. Auch die auffälligen Stützen an der linken Seite des Gebäudes seien noch in einem guten Zustand. „Der Umbau an sich wäre in einem Jahr zu schaffen“, glaubt Schellmoser.

Einstimmige Entscheidung schon gefallen

Dass das Café zeitnah kommen soll, dafür sprachen sich auch die Stadträte im Ausschuss für Umwelt, Energie und Klimaschutz einstimmig aus. Wenn sich der Ausschuss das nächste Mal trifft – am 10. April – soll Stadtpfarrer Thomas Schlichting seine Erfahrungen mit dem Friedhofscafé in München vorstellen. Bernhard Schellmoser hofft, dass dann endlich richtig Bewegung in die Sache kommt und die Leichenhalle nicht weiter verkommt. „Denn noch können wir sie retten“, sagt er.

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