Rosenheim – Wenn Daniela Dieckhoff eine Sache beschäftigt, dann lässt sie so schnell nicht mehr locker. Sie recherchiert, macht sich Notizen und schreckt auch vor Konfrontationen nicht zurück. Als der Grünen-Stadträtin also im vergangenen Jahr den Bericht zur kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung in Rosenheim vorgestellt wurde, war für sie klar, dass etwas passieren muss.
4845 waren 2023
zu schnell unterwegs
„Die Geschwindigkeitsüberschreitungen haben um 15 Prozent zugenommen“, sagte sie während der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Verkehrsfragen und ÖPNV. Und das, obwohl deutlich weniger gemessen wurde als beispielsweise im Jahr 2022. 2023 wurden insgesamt 282689 Fahrzeuge kontrolliert, 4845 davon hielten sich nicht an die zulässige Höchstgeschwindigkeit. 2022 waren es 4216.
Für Daniela Dieckhoff ist klar: In der Innenstadt sollte es deutlich mehr Geschwindigkeitskontrollen geben. Das sei auch deshalb zwingend erforderlich, da zu schnelles Fahren die Todesursache Nummer eins im Straßenverkehr ist.
Zumindest in der Verwaltung sieht man vorerst jedoch keinen Handlungsbedarf. So habe man den Zweckverband Kommunale Dienste Oberland in Bad Tölz mit der Verkehrsüberwachung beauftragt. Die Kollegen seien mit 80 Überwachungsstunden im Monat an über 100 fest definierten Kontrollstellen im Einsatz.
„Aus Sicht der Verwaltung kann aus den vorgelegten Messdaten nicht geschlossen werden, dass die Geschwindigkeitsverstöße signifikant zugenommen haben“, heißt es aus dem Rathaus. So handele es sich bei den meisten Verstößen um Autofahrer, die zwischen sechs und zehn km/h zu schnell unterwegs waren. Höhere Überschreitungen – also bis zu 25 km/h über der erlaubten Geschwindigkeit – seien äußerst selten.
„Die ahndbaren Verstöße bewegen sich primär im einstelligen Bereich aller gemessenen Kraftfahrzeuge“, teilte die Verwaltung während der Sitzung mit. Das Konzept geht nach Ansicht der Stadt also auf. „Wir werden Geschwindigkeitsüberschreitungen nie komplett verhindern können, selbst wenn wir noch mehr kontrollieren“, fügte Oberbürgermeister Andreas März (CSU) hinzu.
„Aber wir hätten ja nichts zu verlieren, wenn wir mehr kontrollieren. Wir könnten nur gewinnen“, entgegnete Daniela Dieckhoff. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass es im Verbreitungsgebiet des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd im vergangenen Jahr 80 Verkehrstote gegeben hat – darunter einer in Rosenheim. „Das sind erschreckende Zahlen“, so die Grünen-Stadträtin.
Die einzige Möglichkeit, um die Situation in den Griff zu bekommen, sei ihr zufolge, mehr zu kontrollieren. „Wir könnten es wenigstens versuchen.“ Doch genau davon hielt Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzender der CSU, recht wenig. „Das wäre eine massive Überwachung“, sagte er während der Sitzung. Statt wahllos mehr zu kontrollieren, plädierte er stattdessen dafür, die Kontrollen an Schulen oder Kindergärten zu verstärken. Es ist ein Vorschlag, dem auch Robert Metzger (SPD) und Grünen-Stadtrat Robert Lappy einiges abgewinnen konnte. „Wir wollen proaktiv agieren und nicht erst, wenn etwas passiert“, unterstrich Lappy.
Proaktiv vorgehen will auch Stadtrat Daniel Artmann (CSU). Allerdings mehr mit Blick auf die Elterntaxis. „Das ist in meinen Augen eine echte Gefährdung“, sagte er während der Sitzung. Er hinterfragte, ob es an dieser Stelle nicht zielführend sei, die Kontrollen zu verstärken. „Wir müssen genau analysieren, wo die schlimmen Unfälle passieren“, ergänzte Christine Degenhart (Freie Wähler/UP). Es reiche nicht, nur Spielstraßen und 30er-Zonen zu kontrollieren. Zumal zumindest Hans Peter Lossinger (CSU) bezweifelte, dass es tatsächlich die hohen Geschwindigkeiten sind, die der Grund für einen Großteil der Unfälle sind. „Viele Autofahrer spielen am Handy und sind unkonzentriert. Sie passen nicht mehr auf“, sagte er.
Ein Blick auf die Statistik bestätigt diesen Verdacht. So wurden im vergangenen Jahr 936 Handyverstöße von der Rosenheimer Polizei geahndet. „Bußgeld und ein Punkt in Flensburg sind die Folge“, sagte Hauptkommissar Robert Maurer auf OVB-Anfrage.
Keine Erhöhung
der Einsatzstunden
„Wir müssen zielgerichtet vorgehen“, sagte Artmann. Er schlug vor, sich Maßnahmen zu überlegen, wie unter anderem die Situation an Schulen verbessert werden könnte. Dem Antrag der Grünen aber könne er nicht zustimmen – ähnlich wie Christine Degenhart. „Wir wollen die Situation verbessern, aber es ist nicht nur mit einer Überwachung der Geschwindigkeit getan“, unterstrich sie.
Oberbürgermeister März nickte, erinnerte daran, dass es nie eine „risikolose Teilnahme am Straßenverkehr“ gibt. Letztendlich sprachen sich die Stadträte mit 6:4 gegen den Antrag der Rosenheimer Grünen aus. Die Einsatzstunden der kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung werden zeitnah also nicht erhöht. Lockerlassen wird Daniela Dieckhoff aber dennoch nicht.