„Menschen hätten tot sein können“

von Redaktion

Auto kracht in Lokal – Gäste im Glück – Wirt schildert dramatischen Unfall

Rosenheim – Bras De Nobraga-Sousa ist seit über 35 Jahren als Wirt tätig. Er hat lange in Kolbermoor gearbeitet und ist seit zehn Jahren Wirt im „Zum Braz“ am Georg-Staber-Ring. In dieser Zeit hat er viel erlebt, unterschiedliche Menschen kennengelernt und die ein oder andere kuriose Geschichte gehört. Doch einen Fall wie den, der sich am Freitag zugetragen hat, hat auch er noch nicht erlebt.

Zehn Gäste saßen
auf der Terrasse

Am Nachmittag sei es gewesen, als Bras De Nobraga-Sousa gerade auf der Terrasse seines Lokals stand. Das Wetter war gut, die Stimmung ausgelassen. „Zehn Gäste haben draußen gesessen“, sagt der Wirt am Telefon. Er sei gerade damit beschäftigt gewesen, einem 78-jährigen Mann aus Rosenheim beim Einparken zu helfen. „Er wollte zur Apotheke, hat dort aber keinen Parkplatz gefunden“, erinnert sich De Nobraga-Sousa. Also habe er dem 78-Jährigen angeboten, dass er kurz vor seinem Wirtshaus parken könne. Der nahm das Angebot dankend an und folgte den Anweisungen des Wirtes, um seinen schwarzen Audi in die Parklücke zu bugsieren. Doch in dem Moment, in dem der 78-Jährige eigentlich hätte abbremsen sollen, gab er plötzlich Gas.

Unfallursache:
Pedale verwechselt

„Der Senior hat das Gas- mit dem Bremspedal verwechselt“, wird es später vonseiten der Polizei heißen. Der Rosenheimer fuhr mit seinem Auto über ein Pflanzenbeet und kam erst zum Stehen, als es einen Tisch bis zur Hauswand schob und dieser sich im Fahrzeug verkeilte. „Zwei Bänke und ein Tisch sind komplett zerkratzt“, sagt Bras De Nobraga-Sousa. Aber der Wirt weiß auch: Hätte das Mobiliar das Fahrzeug nicht gestoppt, wäre der Vorfall deutlich schlimmer ausgegangen. „Menschen hätten tot sein können“, sagt er.

Generell hätten zahlreiche seiner Gäste an diesem Abend einen Schutzengel gehabt. Denn auf der Bank, die das Fahrzeug letztendlich zum Stehen brachte, saßen nur wenige Minuten zuvor ein junges Mädchen und ihre Mutter. „Sie haben sich dann umgesetzt, weil ihnen ein anderer Platz angeboten wurde“, erinnert sich der Wirt. Auch hier mag er sich gar nicht vorstellen, was hätte passieren können.

„Wir hatten alle sehr viel Glück“, sagt er. Denn verletzt wurde niemand. „Die Gäste auf der Terrasse als auch der Fahrer erlitten einen Schock“, teilt die Polizei mit. Das kann auch Bras De Nobraga-Sousa bestätigen. Drei Tage nach dem Vorfall sei er immer noch durch den Wind. Auch, weil er alles beobachten konnte. Die Polizei schätzt den Gesamtschaden auf etwa 12000 Euro.

Befeuerte Debatte
um Senioren-Fahrtests

Nur kurze Zeit nach dem Unfall entbrannte in den sozialen Medien eine Diskussion darüber, ob Fahrtests für Senioren in Rosenheim Pflicht werden sollten. Erst im vergangenen Jahr kam die Frage auf, als ein 86-Jähriger in Neubeuern in eine Hochzeitsfeier gerast ist. Auch hier vermutete die Polizei, dass der Rentner Gas und Bremse verwechselt hat.

Die Meinungen, ob es verpflichtende Fahrtauglichkeits-Tests für ältere Menschen geben sollte, gehen dabei auseinander. „Die Eignung, ein Fahrzeug zu führen, ist abhängig von vielen individuellen Faktoren. Allein das Alter ist kein verlässlicher Indikator für eine verpflichtende Maßnahme“, sagte Vincenzo Lucà, Pressesprecher beim TÜV Süd, bereits in der Vergangenheit gegenüber dem OVB. „Allerdings zeigen Unfallzahlen, dass das Risiko zu verunfallen für Personen ab 75 Jahren deutlich zunimmt.“

Faktische Folgen
des Älterwerdens

Das unterstrich damals auch Dr. Michael Iberer, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Rosenheim: „Senioren sind zwar in der Regel erfahrene und vorsichtige Fahrer, aber altersbedingte Veränderungen können das Risiko für Unfälle erhöhen.“ Neben der Reaktionsfähigkeit würden auch das Sehvermögen und die kognitiven Fähigkeiten zurückgehen. Auch die Aufmerksamkeit und die Beweglichkeit können im hohen Alter nachlassen.

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