Prostitution in Rosenheimer Hotels?

von Redaktion

Es sind schwere Vorwürfe, die ein Mann, der anonym bleiben will, am Telefon äußert: In einem Rosenheimer Hotel soll illegale Prostitution betrieben werden. Ein Einzelfall? Polizei und Stadt sehen kaum Probleme, dafür schlägt die Vorsitzende des Vereins „Hagar-Ministry“ Alarm.

Rosenheim – Seit etwas weniger als drei Jahren unterstützen Birgit Gottwald und ihr Team Frauen, die in der Prostitution arbeiten. Sie besuchen Bordelle, bringen den Frauen kleine Geschenke mit und hören ihnen zu. „Ich habe mir zur Aufgabe gemacht, dort hinzuschauen, wo andere wegschauen“, sagt die Vorsitzende des Vereins „Hagar Ministry“.

„Wir wissen das
aus sicheren Quellen“

Im Rahmen ihrer Arbeit hat sie über die Jahre mit zahlreichen Prostituierten in der Region gesprochen. Sie kennt die Probleme, weiß, in welchen prekären Situationen sich die Frauen zum Teil befinden. „Wir wissen aus sicheren Quellen auch, dass es Prostitution in Rosenheimer Hotels gibt“, ergänzt die Vorsitzende.

Damit bestätigt sie den Verdacht eines Anwohners, der sich an die Redaktion gewandt hat. Am Telefon hatte er davon berichtet, dass er auf mehreren Online-Plattformen gesehen habe, dass Frauen ihre Dienste in einem Rosenheimer Hotel anbieten – was per se nicht verboten ist.

„In der Stadt Rosenheim ist Prostitution grundsätzlich erlaubt“, bestätigt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd auf OVB-Anfrage. Illegal werde es erst dann, wenn die Prostituierte nicht angemeldet ist und keinen Nachweis über eine aktuelle gesundheitliche Beratung hat.

„Ab dem 1. Juli 2017 müssen sich Prostituierte dort anmelden, wo sie ihre Tätigkeit überwiegend ausüben“, heißt es vonseiten der Stadt Rosenheim. Die Anmeldung erfolge beim Ordnungsamt, die dafür notwendige gesundheitliche Beratung kann beim Staatlichen Gesundheitsamt durchgeführt werden. In diesem Gespräch geht es unter anderem um Schwangerschaft, Krankheitsverhütung, Empfängnisregelung sowie die Risiken eines Alkohol- und Drogengebrauchs. „Insgesamt hat es im Jahr 2024 93 Anmeldungen und Verlängerungen gegeben“, sagt Christian Baab, Pressesprecher der Stadt Rosenheim.

Das Problem: Die Dunkelziffer ist weitaus höher. „Ich kenne zahlreiche Frauen, die sich prostituieren, aber nicht angemeldet sind“, sagt Birgit Gottwald.

Das wiederum kann für die Frauen verheerende Folgen haben. Denn sollte ein Freier ihnen gegenüber gewalttätig werden, wenden sich nur die wenigsten an die Polizei. „Eben weil sie nicht die nötigen Unterlagen haben“, sagt Gottwald. Würden sie die Polizei informieren, würden die Beamten herausfinden, dass sie ihre Tätigkeit illegal ausüben. Das würde eine Geldstrafe über mehrere hundert Euro mit sich ziehen. „Viele Frauen nehmen die Gewalt deshalb in Kauf“, sagt Gottwald. Für die Vorsitzende ein Unding. Sie fordert deshalb bereits seit einigen Jahren die Einführung des Nordischen Modells. Ziel dieses Modells ist es, dass alle Profiteure des Systems Prostitution – also Zuhälter, Betreiber von Prostitutionsstätten und Freier – bestraft werden, nicht aber die Menschen in der Prostitution. In anderen Worten: ein Sexkauf-Verbot.

Bis es so weit ist, würde sich die Vorsitzende wünschen, dass die Kriminalpolizei noch mehr Kontrollen durchführt – unter anderem eben in den Hotels der Region. Zahlen darüber, wie viele dieser Kontrollen es im vergangenen Jahr im Verbreitungsgebiet des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd gegeben hat, gibt es nicht.

Ein Sprecher sagt lediglich: „Gemeinsame Rotlichtkontrollen zur Überwachung der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nach dem Prostitutionsschutzgesetz werden durch die primär dafür zuständige Stadt Rosenheim mit Unterstützung der Polizei regelmäßig durchgeführt.“ Darüber hinaus gehe man Hinweisen nach.

Laut des Polizei-Sprechers liegen die Verstöße, die bei den Kontrollen und Razzien geahndet wurden, im einstelligen Bereich. Die Verstöße werden entweder an das Ordnungsamt der Stadt Rosenheim oder aber an die zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben.

Geht in der Stadt also alles mit rechten Dingen zu? Zumindest Birgit Gottwald hat daran erhebliche Zweifel. „Nicht nur in Hotels, sondern auch in etlichen Wohnungen und Bordellen findet illegale Prostitution statt“, sagt sie.

So schreibt das Prostitutionsschutzgesetz beispielsweise vor, dass Räume, in denen Prostitution stattfindet, mit einem Notfallknopf ausgestattet sein müssen. Zudem dürfen sich die Prostituierten nicht ganz alleine in einer Wohnung aufhalten – aus Sicherheitsgründen.

Gefahr für Frauen:
Notfallknopf fehlt oft

„Ich war schon in vielen Einrichtungen. Einen Notfallknopf habe ich nur selten gesehen. Und wenn, hing er außerhalb des Zimmers und niemand wusste, ob er überhaupt funktioniert“, sagt Gottwald. Auch habe sie schon Frauen besucht, die komplett alleine in ihrer Wohnung auf einen Freier warteten. „Es läuft sehr viel falsch“, unterstreicht die Vorsitzende.

Aus diesem Grund will sie in Rosenheim einen runden Tisch ins Leben rufen – mit Vertretern des Ordnungsamtes, des Gesundheitsamtes, der Kriminalpolizei sowie des Vereins „Hagar Ministry“. „Durch den gemeinsamen Austausch könnte man mehr erreichen“, sagt Gottwald und verrät: „Bei der Kriminalpolizei bin ich mit dieser Idee auf offene Türen gestoßen.“  

Artikel 11 von 11