Anklage im Flexicamper-Skandal

von Redaktion

Der Traum vom eigenen Wohnmobil wurde zum Albtraum. Zumindest für die Betroffenen im Flexicamper-Skandal. Nun hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Firmenchefs von Flexicamp erhoben. Und die genannte Schadenssumme ist enorm.

Rosenheim/München – Egal wo, ein eigenes Zuhause dabeihaben. Und das auch noch auf vier Rädern. Diesen Traum erfüllen sich etliche Urlaubs-Fans mit einem Wohnmobil. Günstig ist die Anschaffung eines solchen Gefährts allerdings nicht. Teils sparen Menschen jahrelang, um sich ein Wohnmobil leisten zu können. Doch für zahlreiche Urlaubs-Fans platzte der Traum – und das Geld war weg. Ursache für dieses Desaster war die Pleite der Rosenheimer „FlexiCamper Wohnmobilmarkt GmbH“.

„Perfides
Betrugssystem“

Das Unternehmen meldete Insolvenz an. Kunde Jörg G. sprach gegenüber dem OVB von einem „perfiden Betrugssystem“. Andere sprechen von „dreister Abzocke“. G. hatte fast 60000 Euro an das Unternehmen überwiesen. Als Anzahlung für ein Pilote-Wohnmobil – das er wohl nie zu Gesicht bekommen wird. Und er ist bei Weitem nicht der Einzige. Nun hat die Staatsanwaltschaft München Anklage gegen die beiden Firmenchefs, Jessica K. (34) und ihren Lebensgefährten Siegfried H. (61), erhoben.

Ihnen wird „vorsätzliche Insolvenzverschleppung, gewerbsmäßiger Bandenbetrug und Kreditbetrug in mehreren Fällen sowie Betrug in mehreren Fällen zur Last gelegt“, heißt es vonseiten der Staatsanwaltschaft. Konkret hätten die beiden den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu spät gestellt – obwohl sie schon länger wussten, dass sie nicht zahlungsfähig sind. Zudem „sollen sie in mehreren Fällen bei verschiedenen Kreditinstituten bewusst falsche Angaben zu den finanziellen Verhältnissen der GmbH gemacht haben, um dadurch Kredite zu erwirken.“

7,7 Millionen Euro
Schaden verursacht

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Flexicamper-Paar vor, Bestellungen für Wohnmobile aufgenommen zu haben, obwohl eine Auslieferung an die Käufer aufgrund der Zahlungsunfähigkeit gar nicht mehr möglich gewesen sei. Dass der Schaden deutlich mehr als ein paar Dutzend Kunden betreffen könnte, wird spätestens bei der Summe klar, die die Staatsanwaltschaft beziffert. 7,7 Millionen Euro sollen es sein. Jessica K. und Siegfried H. befinden sich derzeit in Untersuchungshaft.

Eine gute Nachricht für die Geschädigten. Schon als bekannt wurde, dass gegen die Flexicamper-Chefs ermittelt wird, sagte Jürgen Deinhart aus Siegsdorf dem OVB „Wow, das ist eine Super-Nachricht“. Er und seine Lebensgefährtin Annett Liedtke wurden von Flexicamper um 30000 Euro geprellt. Dass er von seinem Geld wohl nicht viel wiedersehen wird, damit hat sich Deinhart bereits arrangiert. „Aber es ist eine Genugtuung. Die Schuldigen kommen nicht einfach davon. Dass die zur Rechenschaft gezogen werden, war so etwas wie das Minimalziel“, sagte er damals dem OVB.

Nicht die erste Pleite
für Flexicamper-Chef

Für Siegfried H. ist es nicht die erste Insolvenz. Schon 2002 ging sein Familienunternehmen in Konkurs – und 2016 legte sein Firmenkonglomerat KTG Agrar eine Bruchlandung hin. Der Agrarkonzern meldete Insolvenz an. Das Ergebnis: 600 Millionen Euro Schulden und rund 10000 Gläubiger. Verurteilt wurde H. damals nicht. 2019 einigten sich Kläger und Beklagter auf einen Vergleich. Ob er auch im Flexicamper-Skandal so glimpflich davonkommt, ist noch unklar. Zunächst muss die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht München II entscheiden, ob die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wird.

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