Rosenheims Floriansjünger am Limit

von Redaktion

Wenn es brennt oder ein schwerer Unfall passiert, muss es schnell gehen. Maximal zehn Minuten dürfen Rettungskräfte von der Alarmierung bis zur Ankunft am Einsatzort brauchen. So steht es im bayerischen Feuerwehrgesetz. In Rosenheim klappt das nicht immer. Vor allem nachts.

Rosenheim – Die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses lief gerade einmal wenige Minuten, da gingen schon die ersten Piepser los. Zahlreiche Feuerwehrmänner verließen im Laufschritt das Rathaus und fuhren mit Blaulicht zum Einsatzort. Währenddessen wurde im kleinen Sitzungssaal darüber diskutiert, ob die Hauptfeuerwehrwache mehr Personal braucht.

Zahlreiche Gesprächsrunden

Neu ist die Diskussion nicht. „Es hat sehr viele Gesprächsrunden gegeben“, sagte Rechtsdezernent Herbert Hoch während der Sitzung. Er erinnerte daran, dass man bei der Erarbeitung des Feuerwehrbedarfsplans festgestellt habe, dass man die gesetzlich vorgeschriebene Hilfsfrist von zehn Minuten im Einsatzbereich der Hauptfeuerwache nicht immer einhalten kann. Vor allem nachts.

Die Situation wurde Hoch zufolge durch eine Änderung im Gesetz noch einmal verschärft. So ist in der Zehn-Minuten-Hilfsfrist jetzt ein fester Zeitraum von anderthalb Minuten von der Alarmierung in der Integrierten Leitstelle bis zum Ausrücken festgeschrieben.

Das bedeutet im Umkehrschluss: Für die eigentliche Fahrzeit ab dem Ausrücken bis zum Einsatzort bleiben gerade einmal achteinhalb Minuten. So jedenfalls schreibt es das Bayerische Feuerwehrgesetz vor.

„Diese Änderung hat uns in Rosenheim wehgetan“, sagte Hoch. Denn eigentlich lag die Alarmierungszeit für die Hauptfeuerwache in der Regel bei einer Minute. „Somit stand uns eine halbe Minute mehr Fahrzeit zur Verfügung, die nun aber nicht mehr zum Ansatz gebracht werden kann“, heißt es vonseiten der Verwaltung.

Weil 30 Sekunden in brenzligen Situationen aber durchaus einen Unterschied machen können, hat man sich überlegt, wie man die Lage verbessern könnte. So wurden im Jahr 2023 beispielsweise die Stadtteilfeuerwehren mit alarmiert. Mit Erfolg.

Das Ersteinsatzfahrzeug konnte in 74 Prozent der Fälle die vorgesehene Zehn-Minuten-Hilfsfrist einhalten, bei der Drehleiter waren es 51 Prozent. Zuvor soll die Frist wohl nur bei der Hälfte aller Einsätze in der Nacht eingehalten worden sein. „Der Zustand ist deutlich besser geworden und ist wahrscheinlich so gut wie schon lange nicht mehr“, sagte Abuzar Erdogan, Fraktionsvorsitzender der SPD, während der Sitzung.

Es braucht mehr Feuerwehrler

Und doch entspricht der Zustand eben nicht den gesetzlichen Vorgaben. Um die Hilfsfrist von zehn Minuten einzuhalten, müssten zusätzliche Feuerwehrleute eingestellt werden. „Nur so könnte eine durchgehende Besetzung der Hauptfeuerwehrwache auch nachts gewährleistet werden“, heißt es aus dem Rathaus.

Zusätzliches Personal würde aber auch Kosten in Höhe von 642000 Euro mit sich ziehen. Geld, das Rosenheim, mit Blick auf die städtischen Finanzen, eigentlich nicht hat. „Wir mussten bei der Aufstellung des Haushalts 2025 ein Einsparungskonzept von drei Millionen Euro darstellen, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zu erreichen“, erinnerte Hoch. In den kommenden Jahren könnten die Einsparungen ihm zufolge sogar noch höher ausfallen.

Was also tun? Zumindest die Verwaltung hat hierzu eine eindeutige Meinung. Denn der Gesetzgeber sagt auch, dass eine Stadt nur dann verpflichtet ist, die Zehn-Minuten-Hilfsfrist einzuhalten, wenn sie es sich auch leisten kann. Und genau das ist in Rosenheim – zumindest im Moment – eben nicht der Fall.

Aus diesem Grund schlug Hoch vor, die Stellen vorerst nicht zu besetzen. Stattdessen sei geplant, einige kleinere Veränderungen vorzunehmen. So soll unter anderem die Situation in der Küpferlingstraße verbessert werden. Denn weil die Straße – vor allem nachts – oft zugeparkt ist, haben die Einsatzfahrzeuge Schwierigkeiten beim Durchkommen.

Radfahrstreifen sollen Verbesserung bringen

„An dieser Stelle sind Radfahrstreifen angedacht“, sagte Oberbürgermeister Andreas März (CSU). Die Planungen hierfür laufen bereits seit zwei Jahren. „In der Theorie ist die Umsetzung einfach, aber wir wollen den Menschen, die dort wohnen, Zeit geben, sich nach Alternativen umzuschauen“, erklärte März.

Letztendlich sprachen sich die Stadträte mehrheitlich für den Vorschlag der Verwaltung aus. Doch einfach machten sie sich die Entscheidung nicht. So hätte sich Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP, beispielsweise mehr Informationen gewünscht, um eine so „weitreichende Entscheidung“ zu treffen.

Peter Rutz, Fraktionsvorsitzender der Grünen, sprach von einer „schweren Entscheidung“, die seine Fraktion aber durchaus mittrage. Gleichzeitig sollte das Augenmerk weiterhin darauf liegen, die Stadtteilfeuerwehren zu stärken.

Ohne Ehrenamtliche geht gar nichts

Dass es ohne die Stadtteilfeuerwehren und die Ehrenamtlichen nicht funktioniert, unterstrich auch Abuzar Erdogan. Er erinnerte daran, dass in der Hauptfeuerwache gerade einmal 19 Einsatzkräfte hauptamtlich arbeiten würden, über 160 seien ehrenamtlich im Einsatz. „Natürlich wäre es wünschenswert, wenn wir die Hilfsfrist in 100 Prozent der Fälle einhalten würden“, sagte er. Das sei im Moment jedoch nicht realisierbar. Fest stehe, dass sich die Situation durchaus verbessert habe.

„Eine Zustimmung bedeutet nicht, dass wir uns mit der aktuellen Situation zufriedengeben“, unterstrich Oberbürgermeister März, bevor er zum nächsten Tagespunkt überging.

Artikel 2 von 11