Familienmenschen feiern eiserne Ehe

von Redaktion

„Füreinander bestimmt“ – Wie sich Monika und Erich Reichert durchs Leben führten

Rosenheim – „So nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende.“ Mit diesen Worten beginnt das Lied, das Erich und Monika Reichert heute noch zum Weinen bringt. Denn es erinnert sie an einen der schönsten Momente ihres Lebens: ihre Hochzeit, die vor 65 Jahren in der Kirche Sankt Sebastian in Ramsau gefeiert wurde.

Monika Reichert war noch sehr jung, als sie ihren Zukünftigen in Berchtesgaden kennenlernte. Die heute 84-Jährige ist dort aufgewachsen. Erich Reichert (91) kam damals als gelernter Bäckermeister in die Region. „Ihm hat es sehr gefallen, dass sie jung, tüchtig und sehr ordentlich war“, erzählt Brigitte Gratzl, eines von drei Kindern des Ehepaars.

Von Fürth ging es
nach Rosenheim

Monika und Erich verlobten sich schnell. „Sie wussten, dass sie füreinander bestimmt sind“, sagt Gratzl über ihre Eltern. Erich Reichert habe seine Monika durchs Leben führen wollen und sie sei mit ihm gegangen. 1960 gaben sie sich in der Kirche Sankt Sebastian das Jawort. Der Ort hat für sie deshalb heute noch eine große Bedeutung.

Nach der Hochzeit zog das Ehepaar nach Fürth, zurück in die Heimat von Erich. Dort kamen auch die ersten beiden Kinder zur Welt. Doch Monika Reichert fehlten die Berge. „Sie wollte sie unbedingt wieder sehen“, sagt Tochter Brigitte Gratzl.

Und so siedelte die Familie 1966 nach Rosenheim um. Hier war Erich Reichert noch lange als Verkäufer von Backanlagen tätig, bis er mit Anfang 70 in Rente ging. Monika Reichert war ebenfalls berufstätig, sie hatte ein Lebensmittelgeschäft in Pang. Zeit für die Kinder war trotzdem immer, wie ihre Tochter erzählt.

Sie sagt, ihr Vater Erich Reichert habe ganz nach dem Motto „Schaffe, schaffe, Häusle baue“ gelebt. Stolz erzählt auch der 91-Jährige: „Fünf Häuser habe ich gebaut.“ Vier davon hat er mittlerweile an seine Kinder übergeben. Deshalb lebt ein Großteil der Familie heute noch in Rosenheim und Umgebung. Schwere Zeiten gab es in der Ehe von Monika und Erich nicht. „Sie sind sehr robust und eigentlich nie krank“, sagt Gratzl. Besonders Erich Reichert ist noch fit und gut zu Fuß. „38 Jahre lang habe ich Wallfahrten gemacht“, erzählt der 91-Jährige. Das bedeutete jedes Mal einen Fußmarsch von Rosenheim bis nach Altötting.

„Mein Vater ist schon immer sehr fürsorglich gewesen“, sagt Brigitte Gratzl. Das gelte nicht nur für seine Ehefrau, sondern auch für die drei Kinder. Ihren Eltern sei die Liebe zueinander und zu den Kindern das Wichtigste. Das Ehepaar Reichert machte immer alles miteinander und füreinander.

Großer Stolz auf die
sieben Enkelkinder

Oma werden wollte Monika Reichert erst mit 50. „Als sie 51 war, ging es dann auch sofort los“, erzählt Brigitte Gratzl und lacht. In den 1990er-Jahren kamen die Enkel Schlag auf Schlag: Fast jedes Jahr wurde ein Kind geboren. Heute sind die Reicherts stolze Großeltern von insgesamt sieben Enkelkindern.

Und auch die schätzen die Fürsorglichkeit in der Familie. „Opa ist der liebste Mensch, den es auf der Welt gibt“, sagt eine Enkeltochter über ihren Großvater. Der lässt sich auch am Kaffeetisch nicht lumpen. Er ist immer in Bewegung, schenkt seiner Frau neuen Kaffee ein und kümmert sich. „Mein Vater ist immer aktiv, ein sehr rühriger Mensch“, sagt Brigitte Gratzl.

Monika Reichert ist mittlerweile schon ein wenig dement. „Dementsprechend können sie nicht mehr so viel miteinander sprechen“, erklärt Gratzl. Ergänzen würden sich die beiden aber immer noch perfekt. „Mein Vater ist total fit im Kopf und vergisst nie etwas“, betont die Tochter.

Deshalb erinnert sich Erich Reichert auch heute noch daran, wie er als junger Mann fast in den Hintersee eingebrochen wäre. Gemeinsam mit seiner Frau Monika spazierte er damals im Winter über das Eis. „Plötzlich brach es. Gott sei Dank war darunter noch eine Schicht“, erinnert sich der heute 91-Jährige und fügt hinzu: „Ich habe schon immer Glück gehabt.“

Das Glück will er weitergeben. Jeden Samstag bringt er seinen Kindern frische Semmeln und Brezen und trinkt mit ihnen zusammen Kaffee. „Wenn er irgendwann etwas aufgeben muss, weil er es nicht mehr schafft, dann wird das das Letzte sein“, sagt seine Tochter Brigitte Gratzl und lacht. Auch das gemeinsame Kaffeetrinken jeden Tag gehört für das Ehepaar dazu.

Eine Feier am Ort,
wo das Glück begann

Erich und Monika Reichert sind Familienmenschen. Für sie war es nie eine Option, auseinanderzugehen. „Wir haben das Leben bestritten, wie wir es zu bestreiten haben“, betont Erich Reichert. Und so feiert das Paar am 21. April mit 65 Jahren Ehe die eiserne Hochzeit. Dort, wo alles begann: in der Kirche Sankt Sebastian am Hintersee zu den Klängen von „So nimm denn meine Hände“.

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