Rosenheim – In Ruhe kann Anna Gmeiner mit ihrer Partnerin nicht händchenhaltend durch Rosenheims Straßen gehen. „Die Dinge, die man hinterhergerufen bekommt, sind schon hart“, sagt die 19-Jährige. Meist bekomme sie sexualisierende Kommentare ab. Anders bei schwulen Pärchen: „Die werden als ekelhaft bezeichnet“, so Gmeiner. Sie sagt: Queerfeindlichkeit ist in Rosenheim ein großes Thema.
Die 19-Jährige stammt ursprünglich aus Rimsting, lebt aber mittlerweile in Rosenheim. Sie ist Vorsitzende des Vereins LGBTQ+ Rosenheim. Der organisiert dieses Jahr zum dritten Mal einen Christopher Street Day (CSD), der am 31. Mai stattfinden soll. „Das ist eine Mischung aus Party und politischer Parade“, erklärt Gmeiner. Geplant sind Livemusik, Infostände, Essensstände mit veganem Essen, aber auch Politik. Von der wünscht sich Gmeiner mehr Akzeptanz gegenüber queeren Menschen. „Vor allem in der hier vorherrschenden CSU“, sagt sie.
„Der CSD ist per se für alle Kommunen wichtig, gerade aber auch für Rosenheim“, betont die 19-Jährige. Man sei hier doch in einem recht konservativen Gebiet. In der Stadt gelte eher das Motto: „Schwule, so was gibt es doch bei uns nicht.“ Gleichzeitig leben ihr zufolge hier viele queere Menschen, die regelmäßig angefeindet werden und queerfeindliche Parolen abbekommen. „Wir waren mit einem Vereinsmitglied deshalb auch schon bei einem Gerichtsprozess“, sagt Gmeiner. Wie oft es in Rosenheim zu Straftaten gegen queere Menschen kommt, kann die Polizei auf OVB-Anfrage nicht abschließend beantworten. „Die polizeiliche Kriminalstatistik führt keine konkreten Zahlen zu diesen Fällen“, betont Polizeihauptkommissar Robert Maurer. Deshalb könne er auch keine Auskunft darüber geben, welche Straftaten häufig vorkommen. „Uns fehlt eine statistische Erfassung“, sagt Maurer.
Gmeiner selbst beobachtet in Rosenheim eine gewisse Abneigung. „Als pansexuelle Frau bin ich noch relativ privilegiert“, sagt sie. Pansexuell bedeutet, dass sie sich – unabhängig vom Geschlecht – zu anderen Menschen hingezogen fühlt. „Theoretisch kann ich also auch mit einem Mann zusammen sein und jeder würde denken, dass ich heterosexuell bin“, betont Gmeiner. Wenn sie jedoch mit einer Frau unterwegs sei, fühle sie sich schon deutlich weniger wohl. „So geht es vielen anderen Menschen auch“, sagt sie. Auch die Regenbogenfahnen würden nach dem CSD lieber schnell wieder eingepackt. „Man ist sich dann doch unsicher, wem man begegnet“, betont Gmeiner. Sogar in der eigenen Familie sei es für queere Menschen schwierig. „Oft akzeptieren Eltern ihre Kinder nicht“, betont sie. Der Umgang damit sei schwer. „Klar kann man versuchen, Sachen zu erklären“, sagt sie. Es gebe aber Menschen, die es nicht sehen wollen. „Dann heißt es, sich Menschen zu suchen, die einen verstehen“, betont Gmeiner. Nur so könne man damit zurechtkommen. Auch der CSD soll helfen. „Er verändert etwas im Kopf von queeren Menschen. Sie merken, dass sie nicht alleine sind“, erklärt Gmeiner. Dennoch bewirke die Parade nicht, dass auf einmal alle „super offen und tolerant“ werden. Gmeiner wünscht sich von den Rosenheimern, dass sie „Liebe einfach Liebe sein lassen“.
Sie erwarte von niemandem, dass er zum CSD geht. „Aber ich erwarte sehr wohl, dass Menschen etwas dagegen sagen, wenn sie queerfeindliche Aussagen mitbekommen“, betont die 19-Jährige.