Rosenheim – Das Rosenheimer Geburtshaus feiert in diesem Jahr sein 25. Jubiläum. Ein Vierteljahrhundert, in dem hier über 2500 Kinder zur Welt gekommen sind. In dieser persönlichen, geschützten Umgebung begleiten Hebammen Frauen durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Ganz ohne Klinikhektik. Welche Vorteile die Geburt in einem Geburtshaus hat, wie der Alltag einer Hebamme aussieht und was die Existenz bedroht, erzählen die Hebammen Bettina Eilhardt, Sylvia Pellikan, Johanna Schachtschneider und Theresa Donauer im OVB-Gespräch.
Wer im Geburtshaus gebären möchte, meldet sich frühzeitig an und steht zunächst auf der Interessentenliste. Je nach Kapazität entscheidet sich, ob man zu einem Kennenlerntreffen eingeladen wird und ob eine Begleitung möglich ist. Bei der Geburt selbst sind immer zwei Hebammen anwesend. Vier Stunden nach der Geburt geht es dann schon nach Hause, dort übernimmt die Wochenbett-Hebamme. Diese betreut die Mutter in den ersten Wochen mit ihrem Neugeborenen. Sie macht Hausbesuche erst täglich, dann in größeren Abständen.
Sollte es zu einem Problem während der Geburt kommen, wird man ins Krankenhaus verlegt, das nur 500 Meter entfernt ist. „Wir haben eine gute Zusammenarbeit mit den Hebammen und Ärzten dort“, sagt Bettina Eilhardt. Ist eine Reanimation vor Ort notwendig, sind die Hebammen durch regelmäßige Schulungen bestens vorbereitet. In den vergangenen 25 Jahren mussten circa 375 Frauen ins Krankenhaus verlegt werden. Die Arbeit der Hebamme im Geburtshaus ist für viele eine Berufung, die weit über den bloßen Arbeitstag hinausgeht. „Zuzusehen, wie der kleine Bauch zu wachsen beginnt und dann ist das Baby da, das kann einen nur erfüllen“, berichtet Sylvia Pellikan. Jede Geburt sei einzigartig und die Hebammen sind von Anfang an dabei.
Für viele ist die Entscheidung, Hebamme zu werden, mehr als ein Berufswunsch. Es ist ein echtes Anliegen. So auch für die Hebammen-Studentin Clara Sprengler. Sie möchte den Müttern vor und während der Geburt beistehen und sich um ihre Bedürfnisse kümmern. Sie ist der Meinung: „Man macht den Job nicht fürs Prestige – sondern für die Menschen“. Das Studium der Hebamme beginnt früh mit Praxis. Bereits im ersten Semester ist Schachtschneider im Kreißsaal im Einsatz. „Als erste Kontaktperson spürt man eine große Verantwortung gegenüber dem Wohlbefinden der Frau“, sagt Sprengler.
Doch so viel Spaß der Beruf der Hebamme auch macht, es gibt auch Schattenseiten. Zu den hohen Versicherungskosten für freiberufliche Hebammen, welche derzeit rund 13000 Euro jährlich betragen, kommt ab dem 1. November 2025 nun ein neuer Hebammenhilfevertrag hinzu. Krankenkassen werden nach Inkrafttreten die Leistungen von Hebammen anders abrechnen. Dadurch müssen freiberufliche Hebammen mit Einkommensverlusten von bis zu 30 Prozent rechnen. Der Aufschrei ist groß, denn das fehlende Einkommen gefährdet ihre Existenz.
Ein weiterer Streitpunkt der Gebührenverordnung ist die Eins-zu-eins-Betreuung. Eine Hebamme soll mehr Geld verdienen, wenn sie ausschließlich eine einzige Mutter zur gleichen Zeit betreut. Kümmert sie sich jedoch um mehrere Mütter gleichzeitig, so erhält sie weniger Geld pro Geburt. Für Hebammen, die im Krankenhaus tätig sind, scheint dies nur in der Theorie zu funktionieren, in der Praxis sei es jedoch unmöglich, da man keine Geburt genau planen kann.
Um ihrer Unzufriedenheit kundzutun, hat es in den vergangenen Tagen bereits zahlreiche Demonstrationen gegeben. Auch eine Petition für die Änderung des Vertrags wurde bereits ins Leben gerufen. Bereits 40980 Menschen haben unterzeichnet.