Heimat trifft auf Globalisierung

von Redaktion

Es betrifft die Menschen im Lokalen und gleichzeitig in ganz Europa: Der Brenner-Basistunnel und seine Zulaufstrecken sind Projekte, die den Rahmen des Lokaljournalismus manchmal sprengen. Für das OVB hat meist Reporter Michael Weiser damit zu tun. Wir fragten, was ihn daran fasziniert.

Rosenheim – Ein Mega-Thema, diese Strecke von über 50 Kilometern, mit all ihren Tunneln und all den Einschnitten in die Landschaft vor den Bergen: Der Brenner-Basistunnel und in der Region Rosenheim der Nordzulauf (BNZ) wühlen die Menschen auf. Die Diskussion darüber hält an.

Für das OVB ist Michael Weiser mit dem Thema beschäftigt, mit Anrufen, Recherchen, Gesprächen vor Ort und Sichtung von Plänen. Dass der Brenner-Nordzulauf trotz seiner internationalen Komponenten ein Paradethema auch für Lokaljournalisten ist: Für ihn bedarf das keiner Diskussion. Wir fragten nach.

Seit wann begleitest du als Journalist den Brenner-Nordzulauf und was war ursprünglich der Anlass dafür, dass du dich intensiver mit diesem Thema beschäftigt hast?

Seit 2019 befasse ich mich damit. Zugegebenermaßen deswegen, weil ich den Auftrag der Redaktionsleitung dafür erhielt. Wie spannend es ist, bemerkte ich erst mit zunehmender Beschäftigung.

Warum ist das Thema so spannend?

Das Thema betrifft den Einzelnen, an dessen Vorgarten die Trasse vorbeiführen soll. Es betrifft aber auch ganz Mitteleuropa, von Skandinavien bis Sizilien. Es bringt zwei Nachbarn gegeneinander auf, die einander sonst eigentlich grün sind, nämlich Österreich und Bayern. Es wirft Fragen nach Heimat und nach Globalisierung auf. Dann die Technik: Der Brenner-Basistunnel ist schon beeindruckend, ebenso wie das, was die Österreicher für ihren Teil des Nordzulaufs bauen. Doch ganz am Ende steht die Frage, ob wir so weiterleben können, mit all dem Konsum und der Mobilität, die so etwas wie den Tunnel und neue Trassen im Norden und Süden erst notwendig zu machen scheint.

Wie würdest du die Rolle des Lokaljournalismus bei solch komplexen Infrastrukturprojekten wie dem BNZ beschreiben?

Informieren, so weit und vielfältig das geht. Mit Stimmen aus Wirtschaft und Politik, aus der Region und aus Gegenden, die vom Alpentransit ebenfalls schwer betroffen sind, von Menschen, die sich mit Technik auskennen und Menschen, die um ihre Zukunft bangen. Daraus ergibt sich eine Vielstimmigkeit, die natürlich nicht harmonisch ist. Aber wir sind auch keine Dirigenten.

Was ist die größte Herausforderung bei der Berichterstattung über den BNZ?

Der Größe und der Komplexität des Themas gerecht zu werden. Ich glaube nicht, dass es mehr als eine Handvoll Menschen gibt, die das Thema in allen Facetten überblicken. Keine Fehler zu machen, niemandem unrecht zu tun: Das geht da eigentlich nicht.

Ob vonseiten der Bahn oder der Bürgerinitiativen – die Berichterstattung wird immer wieder kritisiert. Wie geht man als Journalist damit um?

Kritik ist für Journalisten normal, denke ich. Ich kann mich nicht beschweren, spreche vielen Vertretern der Bürgerinitiativen vielmehr ein Kompliment aus, für den oft durchaus sachlichen und gar nicht unfreundlichen Ton in der Diskussion. Mich beeindruckt oft auch die Nervenstärke der Bahn-Planer, die sich manchmal dann doch einiges anhören dürfen. Bei dem, was auf dem Spiel steht, ist der Ton insgesamt erstaunlich gemäßigt. Wenn ich das ansehe und anhöre, denke ich, dass es um die Debattenkultur in Deutschland mancherorts so schlecht nicht bestellt ist.

Wie schaffst du es, bei einem emotional aufgeladenen Thema wie dem Brenner-Nordzulauf den Überblick und eine ausgewogene Perspektive zu behalten?

Schaffe ich das? Für mich ist das ein großer, komplizierter Gegenstand, den ich von allen Seiten betrachte. Ob meine Schlüsse daraus wirklich ausgewogen sind, müssen andere beurteilen. Interview: Patricia Huber

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