Glücksmomente im Kinderhospizdienst

von Redaktion

Für Familien da sein, in denen ein Kind oder Elternteil schwer erkrankt ist – eine enorm schwere Aufgabe, die Anja Bichlmaier aber auch unglaublich viel Freude bereitet. Sie wurde für eine Familie aus Bruckmühl nach dem Krebs-Tod des Vaters zur helfenden Hand.

Rosenheim – „Dieses Ehrenamt macht unglaublich viel Freude“, sagt Anja Bichlmaier mit einem Strahlen im Gesicht. Dass sie diesen Satz von Herzen so meint, sieht man ihr sofort an. Und dennoch überrascht die Aussage zunächst. Denn Bichlmaier ist als Familienbegleiterin für den ambulanten Kinderhospizdienst in Rosenheim im Einsatz. Heißt konkret: Sie unterstützt Familien mit einem schwerst oder lebensbedrohlich erkrankten Kind oder Elternteil. Und trotz dieser belastenden Situation, in der sich die Familien befinden, sagt Bichlmaier über ihre Arbeit: „Es ist nicht belastend. Die Freude überwiegt.“

„Momente, die
vieles aufwiegen“

Und je mehr Bichlmaier von ihren „Einsätzen“ erzählt, desto deutlicher wird, wieso sie so empfindet. „Bei Kindern bedeutet Hospiz immer Herberge. Ab der Diagnosestellung sind wir für die Kinder da. Hospiz wird viel zu oft nur mit dem Tod in Verbindung gebracht, dabei ist es viel mehr“, erklärt sie. Sie verbringt Zeit mit den Kindern, spielt, macht Ausflüge – aber sie spricht auch über Themen wie den Tod. Und ist oftmals auch von der Sichtweise der Kinder überrascht. Davon, wie sie mit dem Tod umgehen.

„Wenn man merkt, dass sich das Kind öffnet, dass es auf einen zugelaufen kommt, oder sagt ‚Mensch, endlich ist heute wieder Mittwoch. Endlich bist du da.‘ Das sind Momente, die wirklich vieles aufwiegen“, erzählt Bichlmaier. Aber auch wenn es zu Momenten kommt, die auch für sie schwer sind, ist sie in ihrem Ehrenamt nicht alleine. Bevor man als Familienbegleitung eingesetzt wird, absolviert man eine Art „Ausbildung“ in der den Ehrenamtlern die wichtigsten Dinge mitgegeben werden. Seien es juristische oder psychologische. „Man wird sehr gut vorbereitet“, bestätigt Bichlmaier. Und im Notfall habe man immer entsprechende Telefonnummern zur Hand.

„Sie haben es mir
sehr leicht gemacht“

Insgesamt vier Jahre lang hat Anja Bichlmaier ihre erste Familie betreut. „Sie haben es mir wirklich sehr leicht gemacht. Da waren nie Berührungsängste“, sagt sie über ihren ersten Einsatz bei der Familie um Papa Hamdi, der an Krebs erkrankt war. Im Fokus der Treffen stand für Bichlmaier die jüngste Tochter der Familie aus Bruckmühl, die damals achtjährige Iba. „Ibas Papa war wirklich sehr tapfer. Zwei Jahre lang war es immer ein Auf und Ab“, erzählt sie. Jeden Mittwochnachmittag war dann Iba-Zeit. 2023 verstarb Hamdi nach schwerem Kampf gegen seine Krankheit. Zu diesem Zeitpunkt bestand bereits eine enge Verbindung zwischen Bichlmaier und der ganzen Familie.

Auch nach dem Tod des Vaters besuchte Bichlmaier Iba, ihre Mama und Namensvetterin Iba, sowie die anderen Töchter jeden Mittwoch. „Man betreut die Familien weiter, bis man wirklich das Gefühl hat: Jetzt passt es. Die machen jetzt ihr Ding“, erklärt sie. „Und das kann direkt nach der Beerdigung sein, oder Jahre später. Bei Iba habe ich selbst irgendwann gemerkt, dass hier meine Arbeit getan ist.“ Das Ehrenamt ist aber auch eine Gratwanderung: Einerseits muss man Distanz wahren, andererseits trotzdem herzlich sein. „Man ist quasi die helfende Hand von außen für eine Familie, die immer noch in sich geschlossen ist“, sagt Bichlmaier.

Familienbegleiter dringend gesucht

Die Familienbegleitung ist sicher nicht das leichteste Ehrenamt. Doch so wie Anja Bichlmaier berichtet, wiegt jeder schöne Moment mit den Kindern die herausfordernden Situationen auf. „Ich denke wirklich oft daran, wie viel Freude die Kinder einem geben“, sagt Bichlmaier und würde sich wünschen, dass sich mehr Menschen für diese Arbeit begeistern könnten. Denn Familienbegleiter werden händeringend gesucht. „Es wäre toll, wenn sich mehr jüngere Menschen für dieses Ehrenamt interessieren würden. Wenn etwa ein junger Mann mal mit den Kindern Fußball spielen kann“, sagt Bichlmaier. Sie lenkt aber auch ein und sagt: „Grundsätzlich kommt es nicht aufs Alter an. Ich denke, jeder, der sich schon mal grundsätzlich dafür interessiert, ist auch geeignet.“

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