Rosenheim – Es schüttet, donnert und blitzt: Gewitter sind besonders im Sommer in der Region keine Seltenheit. Mit Folgen, denn die Stadt Rosenheim hat sich 2024 den Titel Deutschlands „Blitz-Hauptstadt“ gesichert. Heißt: Hier gab es im vergangenen Jahr die meisten Blitze bis zur Erde pro Quadratkilometer. In Zahlen bedeutet das, dass in der Stadt Rosenheim pro Quadratkilometer im Jahr 2024 2,98 Blitze eingeschlagen haben, wie der österreichische Blitz-Informationsdienst „BLIDS“ ausgewertet hat.
Kein Titel
für die Ewigkeit
Doch nicht immer holt sich Rosenheim diesen „Titel“. „Die Blitzhauptstadt ist manchmal Rosenheim, manchmal Memmingen, manchmal Kempten“, sagt Meteorologe Lothar Bock vom Deutschen Wetterdienst (DWD) auf OVB-Anfrage. Diese Aussage bestätigt sich auch bei einem Blick auf die Zahlen. 2020 gab es in der Stadt Rosenheim nur 0,7 Blitze pro Quadratkilometer. „Letztendlich spiegelt die Blitzverteilung auch die Gewitterklimatologie wider. Das heißt, im Süden Deutschlands gibt es deutlich mehr Gewitter als im Norden“, erklärt Bock.
Die niedrigste Blitzdichte im Verbreitungsgebiet hatte im vergangenen Jahr der Landkreis Altötting mit nur 0,64 Blitzen pro Quadratkilometer. Dicht gefolgt von Mühldorf mit 0,7. Im „Mittelfeld“ bewegen sich Traunstein und das Berchtesgadener Land mit 1,49 und 1,34 Blitzen pro Quadratkilometer. Den zweiten Platz sichert sich – naheliegend – der Landkreis Rosenheim mit einer Blitzdichte von 2,12. Für die Entstehung von Blitzen sind Bock zufolge drei Faktoren entscheidend: ausreichend Feuchtigkeit, eine labile Schichtung in der Atmosphäre und Hebungsantrieb. „Gewitter entwickeln sich bei ausreichend feuchter Luft in den unteren Luftschichten“, erklärt der Meteorologe.
„Neben dem großräumigen Heranführen feuchtwarmer Luft vom Mittelmeerraum spielt auch der Feuchtigkeitsnachschub ‚vor Ort‘ eine Rolle. Im Alpenvorland fallen 1000 bis 1500 Liter pro Quadratmeter Niederschlag im Jahr, am Alpenrand teils über 2000 Liter pro Quadratmeter.“
Zum Vergleich: In Mittelfranken sind es teils nur 600 Liter pro Quadratmeter. Die Labilität der Atmosphäre sei Bock zufolge in Deutschland besonders in den weniger maritimen und mehr kontinental geprägten Gebieten gegeben. Denn das Landesinnere erwärmt sich bei sommerlichem Wetter deutlich stärker als der Norden und Nordwesten Deutschlands, sagt der Wetter-Experte. Die „Überwärmung“ am Boden, also die stärkere Erwärmung von Hängen in den Alpen und im Mittelgebirge, sorgt dann für eine labile Luftschichtung.
Die Bildung der typischen Quell- und Gewitterwolken ist vom Hebungsantrieb abhängig. „Dieser kann großräumig im Vorfeld von herannahenden Tiefausläufern passieren, auf regionaler Ebene sorgen aber auch die Mittelgebirge und Alpen für einen Hebungsantrieb, wenn dort anströmende Luft gezwungen wird, aufzusteigen“, erklärt Bock.
All diese Faktoren erklären, warum auch Rosenheim ein solcher Blitz-Hotspot ist. Doch was bedeutet das für die Rosenheimer selbst? Lebt es sich hier dadurch gefährlicher?
Geringe Gefahr
für den Einzelnen
„Für den Einzelnen ist die Gefahr eines Blitzeinschlages sehr gering“, gibt Bock Entwarnung. Denn: „Bei durchschnittlich drei Blitzen pro Quadratkilometer für Rosenheim gibt es sehr viel Freiraum, wo der Blitz eben nicht einschlägt.“ Allerdings können Überspannungsschäden auch weiter entfernt vom Blitzeinschlag auftreten, sagt Bock.
Den absoluten Schutz gebe es natürlich nicht. Im Haushalt könne ein Blitzschutz sinnvoll sein – besonders dann, wenn man hochwertige elektrische Geräte im Haushalt hat. „Wenn man im Freien von einem Gewitter überrascht wird, sollte man am besten Schutz in einem festen Gebäude oder in einem Fahrzeug suchen“, sagt Bock. Und: „Der Kontakt mit Metallgegenständen und die Nähe zu aufragenden Objekten wie Bäume oder Strommasten sollten während eines Gewitters vermieden werden.“