Unmut über Gratis-Parken für E-Autos

von Redaktion

In Bayern dürfen E-Autos bis zu drei Stunden kostenlos parken. Das hatte die Staatsregierung im Dezember 2024 bekannt gegeben. Der Aufschrei in den Kommunen war groß. Auch in Rosenheim. Dort will man die Entscheidung nicht hinnehmen. Das könnte Folgen haben – vor allem für die Bürger.

Rosenheim – Nachvollziehen kann Dr. Wolfgang Bergmüller die Entscheidung nicht. „Und jetzt?“, fragte der neu gewählte Fraktionsvorsitzende der Rosenheimer CSU während der jüngsten Sitzung des Stadtrats. Nur wenige Sekunden zuvor hatten sich die Mitglieder mit deutlicher Mehrheit dafür ausgesprochen, die städtische Parkgebührenordnung nicht zu ändern. Um zu verstehen, warum die Entscheidung seiner Kollegen Bergmüller so verärgert hat, muss man einige Schritte zurückgehen.

Ziel: Verkauf von
E-Autos ankurbeln

Seit dem 1. April dürfen E-Autos und Hybride auf öffentlichen Verkehrsflächen drei Stunden kostenlos parken. Das hatte die Bayerische Staatsregierung bekannt gegeben. Das Ziel: Den Verkauf von E-Autos wieder ankurbeln und somit Werbung für die umweltfreundliche E-Mobilität machen. Der Vorstoß wurde an die bayerischen Kommunen weitergegeben – und sorgte bereits nach kurzer Zeit für massive Kritik.

So wurde unter anderem bemängelt, dass die Staatsregierung den Kommunen zu sehr reinredet und in die kommunale Selbstverwaltung eingreife. Auch das Thema Kosten sei nicht berücksichtigt worden. So befürchten viele Kommunen, dass sie aufgrund des kostenlosen Parkangebots für E-Autos weniger Gebühren einnehmen.

Kritik an der Entscheidung der Staatsregierung gab es auch vom Bayerischen Städtetag. „Wir lehnen eine Verpflichtung der Kommunen, kostenloses Parken für Elektrofahrzeuge für drei Stunden zu ermöglichen, ab“, heißt es in einer Stellungnahme. Jeder Stadt müsse es im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung selbst überlassen werden, wie sie die Parkraumbewirtschaftung auch unter Berücksichtigung des Klimaschutzes gestalten möchte.

„Eine bayernweite Vorgabe hilft nicht, sondern nimmt den Kommunen Gestaltungsfreiraum“, fügt ein Sprecher des Bayerischen Städtetags hinzu. Auch wage er zu bezweifeln, dass mit der neuen Regel tatsächlich eine echte Motivation geschaffen wurde, Elektrofahrzeuge zu kaufen.

Freie Wähler/UP: Schildbürgerstreich

Ähnlich argumentierten die Rosenheimer Stadträte während ihrer Sitzung. „Es ist ein absoluter Schildbürgerstreich“, kritisierte Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP. In seinen Augen ist es „unsäglich, wie die Staatsregierung mit der kommunalen Selbstverwaltung umgeht.“

Zustimmung erhielt er von Sonja Gintenreiter, Fraktionsvorsitzende der Grünen und selbst Fahrerin eines E-Autos. „Unser Ziel ist es, die Autos vom Straßenraum in die Parkhäuser zu bringen“, sagte sie. Der Vorstoß der Staatsregierung bewirke genau das Gegenteil.

Hinzu kommt, dass für E-Auto-Fahrer weitaus attraktivere Anreize geschaffen werden könnten. „Ein Ausbau der Ladesäulen wäre ein guter Anfang“, sagte sie. Im Gegensatz dazu sei der Vorstoß der Staatsregierung „Humbug“ und schädige die Kommune.

Ärger über eine „übergriffige Aktion“

„Es ist eine übergriffige Aktion, die wir nicht gut finden“, ergänzte Abuzar Erdogan, Fraktionsvorsitzender der SPD. Er stelle sich vor allem die Frage, wie man dagegen vorgehen kann. „Wir könnten eine Klage einreichen, würden uns damit von anderen Kommunen absetzen und ein Signal setzen“, fügte er hinzu.

Doch genau von diesem Vorstoß hält Oberbürgermeister Andreas März (CSU) recht wenig. Zwar sei auch er wenig begeistert über die Regel, gleichzeitig würde eine Klage vor allem eins verursachen: zusätzliche Arbeit für seine Verwaltung. Stattdessen schlug er vor, die Parkgebührenordnung anzupassen und „zu schauen, was passiert.“ Zumal man an der Vorgabe des Freistaats ohnehin nicht rütteln könne. Stadtrat Herbert Borrmann (CSU) erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass es in Rosenheim nur sehr wenig E-Autos gebe. Ein Blick auf die aktuellen Zahlen bestätigt seine Aussage. So sind in der Stadt derzeit 1166 E-Autos zugelassen. Zum Vergleich: Im Landkreis sind es 6833.

Am Ende gelang es der CSU jedoch nicht, die anderen Fraktionen von ihren Ansichten zu überzeugen. Mit 26:12 Stimmen sprachen sich die Stadträte gegen den Vorschlag der Verwaltung aus, die Parkgebührenordnung zu ändern. Was genau das jetzt für alle Beteiligten bedeutet, scheint ungewiss zu sein.

Strafen blühen
nur in der Theorie

In der Theorie müssten E-Auto-Halter, die in Rosenheim ohne Parkschein am Straßenrand stehen, eine Strafe bezahlen. Sie könnten dagegen jedoch vorgehen und würden – in den meisten Fällen – wohl recht bekommen. Eben, weil es eine klare Vorgabe vom Freistaat gibt. Und die sieht vor, dass E-Autos und Hybride auf öffentlichen Verkehrsflächen drei Stunden kostenlos parken dürfen.

„Es ist beschämend. Wir bürden den Leuten zusätzliche Bürokratie auf“, kritisierte Bergmüller. Dass es noch viele offene Fragen gibt, bestätigte auch Abuzar Erdogan. „So, wie es im Moment ist, ist es für die Bürger am schwierigsten“, sagte der Stadtrat. Er schlug vor, dass sich alle Fraktionsvorsitzenden zusammensetzen und überlegen, wie es weitergehen soll.

Rechtliche Anschlussfragen

Mit dieser Frage muss sich nun auch die Verwaltung auseinandersetzen. „Wir wollen den Streit keinesfalls auf dem Rücken der Bürger austragen. Aber die Verwaltung muss prüfen, inwieweit man gegen die Verordnung des Freistaats rechtlich vorgehen kann“, sagte Robert Multrus. Zu welchem Ergebnis man kommt, wird sich zeigen. Zeitnah will sich auch die Regierung von Oberbayern zu der besonderen Situation äußern.

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