Rosenheim – Zu ihrem Geburtstag bekommt sie endlich das heiß ersehnte Smartphone. Damit eröffnet sich für die kleine Jule eine neue Welt, eine Welt voller spannender Nachrichten, Bilder, Spiele und Freunde. Reale Freunde, vor allem ihre beste Freundin Elli, kommen ihr zunehmend abhanden.
Die Beziehung zu ihrer Mutter entwickelt sich so negativ, dass es beinahe zur Eskalation kommt. Immer mehr vernachlässigt Jule ihre Hobbys und auch die Schule. Sie gerät im Netz an falsche Leute. Erst, als es fast schon zu spät ist, gesteht sie sich ein: Sie ist süchtig.
Es gibt Theatermomente, die nicht nur unterhalten, sondern auch unter die Haut gehen. Mit dem Stück „Online!“ zum Thema Mediensucht ist dem Weimarer Kultur-Express ein solcher Theatermoment gelungen. Die Sechst- und Siebtklässler am Ignaz-Günther-Gymnasium waren jedenfalls begeistert und diskutierten im Anschluss sehr engagiert mit den beiden Schauspielerinnen.
In wechselnden Rollen als Jugendliche und Mutter – manchmal auch als zwei Jugendliche im Konflikt – zeigten sie eindrucksvoll, wie schleichend ein Rückzug ins Netz beginnen kann, wie reale Beziehungen darunter leiden und wie es auf allen Seiten zu Überforderung und Hilflosigkeit kommt.
„Die waren so gut! Wie vom Film!“, schwärmt Cemre aus der sechsten Klasse von den Schauspielerinnen. „Ja, es war aber schon recht realistisch“, wirft Salome ein. „Man ertappt sich ja selber manchmal, dass man zu lange am Handy war!“ Und Lena ergänzt: „Ich habe es auch schon mal erlebt, dass eine Freundin, bei der ich zu Besuch war, mehr mit ihrem Smartphone beschäftigt war als mit mir!“
Anela fand vieles aber dann doch etwas übertrieben. Sie kenne jedenfalls keinen, bei dem es gleich solche Ausmaße annimmt. Josephine findet, dass das Smartphone im Stück zu einseitig negativ dargestellt wurde. „Man nutzt das ja auch für sinnvolle Dinge.“ „Ich lerne sogar damit“, sagt Mete, der die Aufregung der Erwachsenen wegen der Smartphones sowieso nicht ganz nachvollziehen kann. Darija findet, dass so ein Theaterstück jedenfalls viel besser ist als die ständigen Belehrungen von Erwachsenen. „Die sind ja selber ständig am Bildschirm.“
Michael Thoma, Schulpsychologe und Unterstufenbetreuer, der das Projekt organisiert hatte, war sehr zufrieden: „Die Reaktionen der Kinder zeigen deutlich: Das Stück hat etwas ausgelöst. Sie erkannten sich wieder, waren berührt – und vor allem: bereit, ihr digitales Handeln zu reflektieren und darüber zu sprechen.“