Rosenheim – Rein äußerlich saß da ein junger Mann wie ein Baum auf der Anklagebank des Rosenheimer Amtsgerichts. Muskulös und vor Kraft strotzend. Doch der Eindruck täuscht. Seit er 13 Jahre alt ist, konsumiert der heute 20-Jährige Drogen.
Mit 14 Jahren
schon auffällig
Mit 14 Jahren wurde er sogar als jüngster Drogendealer Rosenheims bekannt. Knapp zwei Jahre hat er daraufhin im Maßregelvollzug mit einer Drogentherapie verbracht. Weil der 20-Jährige aber von den Drogen nicht die Finger lassen konnte, wurde die Therapie abgebrochen und der junge Mann ins Gefängnis zurückgeschickt.
Später entließ man ihn dann wieder mit einer „Reststrafen-Bewährung“. Allerdings nicht für lange Zeit. Nachdem ihm Anfang 2025 der Besitz von einer größeren Menge Drogen nachgewiesen wurde, wobei dabei automatisch „illegales Handeltreiben“ unterstellt wird, nahm ihn die Polizei umgehend wieder fest. Seither wartete der 20-Jährige in Untersuchungshaft und wartete gleich auf mehrere Verfahren. Dem Vorsitzenden Richter Hans-Peter Kuchenbaur war der 20-Jährige daher auch wohlbekannt. Er hatte ihn doch bereits im Jahr 2021 zweimal wegen Drogenvergehen und Körperverletzung verurteilt.
In dem jetzigen Verfahren ging es aber zunächst um eine körperliche Auseinandersetzung in Rosenheim. Zwei Betrunkene kommen in Streit, der eine stößt den anderen von sich. Der stürzt, knallt am Max-Josefs-Platz auf den Boden und verletzt sich nur leicht. Wie immer bei solchen Auseinandersetzungen unter Alkoholeinfluss morgens um 4 Uhr, hatten alle Beteiligten im Nachhinein eine andere Erinnerung vorzuweisen. So war strittig, ob ein Faustschlag das Tatopfer zu Boden streckte oder ob auch noch Tritte im Spiel waren.
Was echte Erinnerung, was Schlussfolgerungen, was Hörensagen waren, musste jetzt vom Schöffengericht geklärt werden. Während die Staatsanwältin zwar den Faustschlag nicht beweisbar sah, so hielt sie doch die Tritte gegen den am Boden Liegenden für bewiesen. Weil die vorhergehenden Verurteilungen mit einzubeziehen waren, forderte sie eine Strafe von drei Jahren und vier Monaten. Das hätte bedeutet, dass nochmals acht Monate auf die ursprüngliche Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten drauf gekommen wären. Berücksichtigen muss man dabei, dass von dieser Strafe bereits ein Großteil verbüßt worden war. Nur der Rest der Haftzeit, der zur Bewährung ausgesetzt wurde, würde damit vollzogen und erhöht werden.
Der Verteidiger, Rechtsanwalt Peter Dürr, bestritt, dass die Tritte gegen das Opfer tatsächlich stattgefunden hatten. Zu widersprüchlich und diffus seien die Aussagen gewesen.
Das Opfer selber habe schließlich zugegeben, sich an Tritte nicht wirklich erinnern zu können. Den Stoß habe sein Mandant eingeräumt und angesichts der Alkoholisierung aller Beteiligten sei der Hergang kaum rekonstruierbar gewesen. Er stellte die Strafe in das Ermessen des Gerichtes. Zumal eine Strafe, angesichts des ausstehenden Verfahrens, kaum ins Gewicht fiele.
Strafmaß
wird erhöht
Das Jugendschöffengericht schloss sich der Jugendgerichtshilfe an, indem es das Jugendstrafrecht anwandte und erhöhte das noch ausstehende Strafmaß um weitere vier Monate, weil auch das Gericht Faustschlag und Tritte nicht für bewiesen hielt. Damit ergab sich eine Reststrafe von einem Jahr und drei Monaten. Alles natürlich unter dem Vorbehalt des noch ausstehenden Verfahrens wegen der Drogen.