Tod der Mutter als Auslöser für Missbrauch?

von Redaktion

Rosenheimer (41) schickt Kindern Sex-Nachrichten – Gericht setzt Prozess vorerst aus

Rosenheim – War sich der Angeklagte der Tragweite seines Handels überhaupt bewusst? Das war letztlich die alles entscheidende Frage vor dem Jugendschutzgericht am Rosenheimer Amtsgericht. Dort musste sich ein 41-Jähriger wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt in zwei Fällen und Besitz kinderpornografischer Inhalte verantworten.

Laut Anklage soll der Angeschuldigte über sein Handy im August 2022 Sprachnachrichten an zwei elf- und 13-jährige Buben geschickt haben. Darin soll er geäußert haben, dass er mit ihnen weder Beziehung noch Heirat möchte, sondern nur von ihnen bestraft werden wolle, um sich „geil zu machen“. Zudem schickte er noch pornografische Bilder und Videos an die beiden geistig beeinträchtigten Buben. Die Betreuerin der beiden hat daraufhin Anzeige erstattet. Die Handyauswertung des Angeschuldigten ergab schließlich 18 kinderpornografische Bilddateien mit jüngeren Mädchen im Alter von etwa zehn Jahren und 35 Bilddateien mit jungen Mädchen, zum Teil auch in Badebekleidung.

Verteidiger Peter Dürr räumte die Tatvorwürfe für seinen Mandanten, der „kein großer Redner ist“, umfassend ein und versuchte dabei den möglichen Hintergrund der Taten zu beleuchten. Der Angeschuldigte habe bei der Geburt einen Sauerstoffmangel erlitten. Prinzipiell habe sein Mandant keinen Drang, „etwas mit Kindern zu machen“, betonte Dürr. Möglicherweise habe ihn der Tod der Mutter kurz vor der Tat aus der Bahn geworfen.

Die Kontakte zu den Buben seien über den Fußballverein zustande gekommen, bei dem geistig Beeinträchtigte verschiedener Altersklassen zusammenspielen. Der Angeschuldigte habe auch manchmal mitgekickt. Mittlerweile seien jedoch sämtliche Verbindungen zu Kindern gekappt, denn das Verfahren habe seinen Mandanten nachhaltig beeindruckt.

Gegen eine psychiatrische Begutachtung hatte sich der Angeschuldigte allerdings vehement geweigert. Aus Sicht des Schöffengerichts habe er versucht, die Situation zu beschönigen, und „seine Fassade aufrechterhalten wollen.“ Ein früheres Gutachten aus der beigezogenen Familienakte bestätige jedoch eine Intelligenzminderung und weitere gravierende Diagnosen.

Ohne Begutachtung sei er voll schuldfähig. Bei den Taten handle es sich um keine Bagatelldelikte. Für ein gerechtes Urteil sei aber unbedingt zu klären, inwieweit dem Angeschuldigten differenziertes Denken überhaupt möglich sei, ob die Tat reflektiert und Bewährungsauflagen umgesetzt werden könnten und notwendige Beratungsgespräche oder Therapieansätze Aussicht auf Erfolg hätten.

Falls der Angeschuldigte der Begutachtung nicht freiwillig zustimme, würde die Einweisung in ein Krankenhaus gerichtlich angeordnet, appellierte Richter Marco Bühl eindringlich. Zudem soll sein Betreuer mit ins Boot geholt werden. Nach kurzer Bedenkzeit stimmte der Angeschuldigte schließlich zu. Die Verhandlung wurde bis auf Weiteres ausgesetzt. Christa Auer

Artikel 6 von 10