Wohnungsnot und Nachkriegs-Sorgen

von Redaktion

Eiserne Hochzeit Anni und Edmund Gebauer kämpften erfolgreich für ihre Liebe

Rosenheim – Es ist ein Samstagabend, als sich die Clique um Anni und Edmund auf den Weg zu einem Rosenheimer Wirtshaus macht. Sie wollen tanzen, feiern, einfach Spaß haben. Anni hat ihre hohen Schuhe, die sie zum Tanzen braucht, in eine Tüte gepackt. Neben ihr geht Edmund. Mit dem jungen Mann aus Rosenheim wird sie nicht nur heute Abend tanzen, sondern ihn später sogar einmal heiraten.

Am 7. Juni ist es genau 65 Jahre her, dass sich Anni und Edmund Gebauer das Jawort gegeben haben. An die wilde Zeit, in der sie immer gemeinsam mit der Clique tanzen gingen, erinnern sie sich noch gut. „Es war schon bärig“, sagt Edmund Gebauer. Der 88-Jährige sitzt in seinem Wohnzimmer, in einem großen Sessel, neben ihm seine Frau Anni. Die ebenfalls 88-Jährige freut sich über den Besuch der Dritten Bürgermeisterin Gabriele Leicht, die zur eisernen Hochzeit gratuliert. Auch zwei ihrer Töchter und der Enkel haben sich eingefunden. „65 Jahre Ehe muss man schon feiern, ein bisschen zusammensitzen gehört dazu“, sagen sie.

Paar trennte sich immer mal wieder

Als sich Anni und Edmund kennenlernten, waren beide noch recht jung. „Damals war ich 16, der Edmund 15 Jahre alt“, erinnert sich Anni Gebauer. Sie stammt ursprünglich aus Rott, arbeitete aber eine Zeit lang in einem Lebensmittelgeschäft in Rosenheim. „Dort habe ich auch ein Zimmer gehabt“, erklärt sie.

Dass die beiden einmal heiraten, war nicht von Anfang an klar – im Gegenteil. „Über die Jahre haben wir uns immer mal wieder getrennt, dann aber doch wieder zusammengefunden“, erzählt Anni Gebauer. Sie seien halt noch sehr jung gewesen. Am 7. Juni 1960 gaben sich die beiden nach einigen gemeinsamen Jahren das Jawort. Ihre Hochzeit feierten die Gebauers in Rosenheim: Zuerst im Café Weth und abends tanzten sie mit den Kollegen aus der Clique im Hofbräukeller. „Es waren nicht viele Gäste“, erinnert sich Edmund Gebauer. Trauzeugen, Familie, ein paar Freunde. Dennoch sei die Hochzeit sehr schön gewesen.

Die Gebauers haben vier Kinder: drei Töchter und einen Sohn. Was sie damals aber nicht hatten, war ein richtiges Zuhause für die ganze Familie. Anni und Edmund Gebauer wohnten gemeinsam bei Edmunds Mutter in einer kleinen Wohnung. „Platz für Kinder gab es da nicht“, betont Anni Gebauer. Ihren erstgeborenen Sohn und die älteste der drei Töchter brachten sie deshalb einige Jahre bei Annis Mutter in Rott unter. „Wir mussten beide arbeiten und haben außerdem keine Wohnung bekommen“, sagt Anni Gebauer.

Jedes Wochenende besuchten die Gebauers ihre Kinder und bemühten sich gleichzeitig um ein neues Zuhause. „Es wurden viele Wohnungen in Rosenheim gebaut, aber wir gingen immer leer aus. Obwohl wir uns jedes Mal beworben haben“, erinnert sich die 88-Jährige. Eines Tages habe ihre Schwiegermutter ihr schließlich empfohlen, zum Bürgermeister zu gehen und ihn um Rat zu fragen.

„Ich habe gezittert vor Angst“, sagt Anni Gebauer und lacht. Doch der Wunsch nach einem Zuhause war größer. Der damalige Bürgermeister versprach, dass ihre Familie nächstes Mal berücksichtigt werden sollte. Tatsächlich fanden sie nun eine Wohnung und konnten in den 1960er-Jahren umziehen. „Es war zwar auch eng, aber wir waren froh darum“, betont Anni Gebauer.

Ihr Mann Edmund war einige Zeit als Fernfahrer tätig. Unter der Woche sei er viel unterwegs gewesen. „Dafür haben wir die Wochenenden zusammen verbracht“, erzählt Anni Gebauer. Oft waren sie gemeinsam schwimmen oder in den Bergen unterwegs. 1982 zog die Familie dann innerhalb von Rosenheim noch einmal um, in ein größeres Haus. Dort lebt das Ehepaar Gebauer auch heute noch.

„Zeit nach dem Krieg war schwierig“

Anni und Edmund Gebauer sind schon immer auch mit wenig ausgekommen, wie sie selbst sagen. „Die Zeit nach dem Krieg war schwierig“, betont Anni Gebauer, viel habe es damals nicht gegeben. Doch sie hätten versucht, aus dieser Zeit das Beste herauszuholen. Vielleicht sei auch genau das der Schlüssel zu ihrer langen und glücklichen Ehe. „Man war einfach genügsamer“, sagt die 88-Jährige. Sie und ihr Mann seien gar nicht auf die Idee gekommen, sich zu trennen.

Deshalb konnten Anni und Edmund Gebauer dieses Jahr mit 65 Jahren Ehe die eiserne Hochzeit feiern. Tanzen gehen, wie damals, ist zwar nicht mehr drin, aber in Bewegung sind die Gebauers trotzdem noch. Anni kümmert sich um ihren kleinen Garten, mäht den Rasen und schneidet die Rosen zurück, wenn sie sich fit fühlt. Und Edmund schwingt sich mit seinen 88 Jahren immer noch jeden Tag auf den Heimtrainer im Keller.

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