Rosenheim – Ein 38-jähriger gelernter Maschinenführer aus Rosenheim ist seit vielen Jahren drogensüchtig, was er auch durch sein Verhalten vor Gericht demonstrierte. Den Polizeibeamten in Rosenheim, Prien und Bad Aibling ist er seit Langem bekannt.
Die Staatsanwältin verlas vier Anklagen mit sechs Vergehen. Diese reichten von unerlaubtem Drogenbesitz über den Besitz eines gefälschten rumänischen Führerscheins und der Unterschlagung der EC-Karte einer Bekannten bis hin zur Weitergabe und dem Verkauf von Amphetaminen und Kokain. Ob er sich der Schwere und der möglichen Folgen dieser Vorwürfe bewusst war, ließ sich aus seinem unmotivierten Grinsen nicht erkennen.
Den vorhergehenden Termin beim Strafrichter brach er aufgrund der Schwere der zu erwartenden Strafe ab und ließ das Verfahren an das Schöffengericht verweisen. Hier faselte er etwas von Brillen aus Serbien, als von Pillen die Rede war. Bei einer Hausdurchsuchung fanden Beamte die EC-Karte, die der Angeklagte angeblich lediglich vergessen hatte, zurückzugeben.
Nun, im zweiten Termin, bemühte sich sein Pflichtverteidiger in einem Rechtsgespräch um eine möglichst milde Bestrafung für seinen Mandanten. Mit viel Mühe gelang es dem Anwalt, den Angeklagten zu einem umfassenden Geständnis zu bewegen, wobei er mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft zu der Übereinkunft gelangte, dass sein Mandant in diesem Fall eine Strafe von maximal zwei Jahren Gefängnis zu erwarten hatte. Diese sollte dann auch zur Bewährung ausgesetzt werden. Als Zeugen waren daraufhin nur noch die damit befassten Polizeibeamten notwendig, um zu belegen, dass es mit diesem Geständnis auch seine Richtigkeit habe.
Das Bundeszentralregister wies für den Angeklagten zwar bereits neun Eintragungen auf, jedoch konnten diese noch in den unteren Vergehensbereich eingeordnet werden.
Als es um die persönlichen Verhältnisse ging, schwadronierte der Mann über angeblich patentierte Erfindungen, mittels derer er sich zukünftig in Serbien per Homeoffice eine neue Existenz aufbauen wolle.
Weil es bei der Gewährung von Strafaussetzungen zur Bewährung zwingende Voraussetzung ist, dass es einerseits eine positive Sozialprognose gibt und andererseits keine neuen Straftaten zu erwarten sind, fragte die Vorsitzende Richterin Dr. Deborah Fries den Angeklagten, ob er denn künftig ohne die verbotenen Drogen auskommen wolle. Dies verneinte der Angeklagte nachdrücklich und wiederholt, obwohl ihm das Gericht und sein Verteidiger Maximilian Hoh – ebenso nachdrücklich – Folgendes erklärten: Die erfolgte Verständigung würde im Falle dieser nachdrücklichen Abstinenz-Weigerung hinfällig werden.
Ob er dies nicht verstehen wollte oder konnte, blieb den Prozessbeteiligten unklar. Damit ließ er dem Gericht keine andere Wahl, als die Verständigung für obsolet zu erklären und einen neuen Verhandlungstermin anzusetzen, bei dem nun alle Zeugen neu gehört werden müssen. Daraufhin setzte der 38-Jährige dem Ganzen die Krone auf: Er erklärte, dass er sich bis dahin nach Serbien absetzen würde. Die Verhandlung wurde vertagt und die Strafverfolgungsbehörde wird wohl entsprechende Maßnahmen ergreifen. Theo Auer