Rosenheim – Die Nachricht verbreitete Stefan Bauer über den Messenger-Dienst „Telegram“. Am 11. Juni, um Punkt 10 Uhr, habe der Rosenheimer Stadtrat damit begonnen, Geschäftsleute auf ihre Haltung zur Parkplatzsituation auf der Loretowiese anzusprechen. Acht Stunden und 60 Gespräche später stand für den Politiker fest, dass er ein Bürgerbegehren starten will. Sein Ziel: Das Parken auf der Loretowiese soll wieder kostenlos werden.
2800 Unterschriften
werden benötigt
„Das Suchen nach einem kostenlosen Parkplatz nimmt jeden Tag viel Zeit und Geld in Anspruch“, sagt Bauer. Zudem entstünden dadurch schädliche Abgase. Aus diesem Grund sei es ihm ein Anliegen, dass die Parkraumbewirtschaftung aufgehoben wird.
Das würde nicht nur viele Geschäftsinhaber und Kunden entlasten, sondern auch dafür sorgen, dass Rosenheim wieder touristenfreundlicher wird. „Mein Vorhaben stößt auf großes Interesse“, sagt Bauer auf OVB-Anfrage. Innerhalb kürzester Zeit sei es ihm so gelungen, 300 Unterschriften zu sammeln. Benötigt werden mindestens 2800 Unterschriften. „Das halte ich für leicht erreichbar. Ich konnte bereits viele Unternehmen als Multiplikatoren gewinnen“, sagt er.
Es ist nicht das erste Bürgerbegehren, das mit Blick auf die Loretowiese gestartet wurde. So hatte die AfD bereits im August 2023 ein Bürgerbegehren ins Leben gerufen. „Wir sind sehr erfolgreich gestartet und das Bürgerbegehren der AfD hat auch offenbar bereits gewirkt“, sagt AfD-Landtagsabgeordneter Andreas Winhart. Nachdem sich CSU und SPD dafür ausgesprochen hatten, die Parkgebühren auf der Loretowiese zu senken – drei Euro für ein Tagesticket und zwei Euro für ein Halbtagesticket – stelle sich Winhart die Frage, ob ein Bürgerbegehren rechtlich überhaupt noch Wirkung hat. „Wir verbuchen es daher als Erfolg, dass die anderen Fraktionen im Stadtrat sich in Sachen Parkgebühren bewegen mussten, und bedanken uns bei den zahlreichen Bürgern, die mit ihrer Unterschrift dazu beigetragen haben“, fügt er hinzu.
Trotzdem bleibt die Frage, warum Bauer und die AfD nicht gemeinsame Sache machen. Schließlich war Bauer viele Jahre lang als Schriftführer des AfD-Kreisverbands tätig. Aufeinander angesprochen, winken beide jedoch nur ab. „Es gibt mit Stefan Bauer selbstverständlich keinerlei Zusammenarbeit. Weder aktuell noch in Zukunft“, sagt Andreas Winhart. Es erfülle ihn vielmehr mit einer „gewissen Heiterkeit“, dass Bauer nun auch „auf den Zug aufspringt“ und ein Bürgerbegehren startet. Und Bauer? Der packt nochmal eine Schippe drauf. „Wir brauchen uns nicht“, sagt er. Er habe noch nicht einmal gewusst, dass die AfD ein Bürgerbegehren zu dem gleichen Thema gestartet hat.
Skandal-Video sorgt
für massive Kritik
„Ich halte diese Information vorerst für ein Gerücht. Insbesondere deshalb, weil die AfD in Rosenheim über so viele Mitglieder verfügt, dass sie das Bürgerbegehren schon längst erledigt hätten“, sagt Bauer auf OVB-Anfrage. Der Grund dafür, dass die Rosenheimer AfD und Bauer keine gemeinsame Sache machen, liegt tiefer und schon mehrere Jahre zurück. Damals postete Bauer ein Video, das ihn an der KZ-Gedenkstätte in Mauthausen zeigte. In dem Clip verglich er den Covid-Impfstoff mit dem Einsatz des Giftgases Zyklon B in den Konzentrationslagern. Zudem zog er Parallelen zwischen den staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen und dem Holocaust.
Nach dem Video trennte sich die AfD von Bauer – als Schriftführer und Parteimitglied. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, dass Stefan Bauer wohl der AfD zu extrem gewesen sein soll. Und doch sitzt Bauer seit einiger Zeit im Rosenheimer Stadtrat. Der Grund: AfD-Stadtrat Hans Raß starb im November mit 85 Jahren. Weil der erste Nachrücker von der damaligen AfD-Liste inzwischen aus Rosenheim weggezogen ist, war der mit 3726 Stimmen gewählte Bauer an der Reihe. Obwohl er der AfD gar nicht mehr angehörte.
Stadt reagiert
mit Gelassenheit
Unter Protest und lautstarken Demonstrationen wurde Bauer Ende Januar also vereidigt. Seitdem nimmt er an zahlreichen Veranstaltungen teil, sucht das Gespräch mit Bürgern – und postet darüber auf seinem Telegram-Kanal. Jetzt hat der parteilose Stadtrat sein Bürgerbegehren gestartet.
„Wir sehen dem Vorhaben gelassen entgegen“, sagt Pressesprecher Christian Baab auf OVB-Anfrage. Zumal es jedem Bürger laut Bayerischer Gemeindeordnung freistehe, ein solches Bürgerbegehren zu starten.