Rosenheim – Man kann die Vorfreude der Beteiligten spüren. Eine Open-Air-Bühne mitten in Rosenheim – das ist etwas ganz Besonderes für sie. Nach eineinhalb Jahren Planung geht die erste Theaterwoche in Rosenheim am kommenden Sonntag, 29. Juni, endlich los und alle Theatergruppen dürfen ihre Stücke präsentieren. Jeden Abend eine Aufführung. Doch bis dahin gibt es noch viel zu erledigen.
Ludwig zur Hörst ist 36 Jahre alt und war von Anfang an Teil des Planungskomitees. Theater ist bei ihm nicht nur ein Hobby, sondern vor allem sein Beruf. Er arbeitet in einem Verlag, bei dem er Theaterstücke verkauft. Freiberuflich ist er außerdem Teil des Jungen Theaters Rosenheim, welches eine entscheidende Rolle bei der anstehenden Theaterwoche gespielt hat.
„Wir hatten die Idee, ein Festival in Rosenheim zu veranstalten“, erzählt zur Hörst, „weil wir wissen, dass es viele Rosenheimer Theatervereine gibt.“ Neben dem Jungen Theater, das aus hauptberuflichen Theater-Machern besteht, gibt es auch viele Amateurgruppen. „Wir haben uns gedacht, dass es doch schön wäre, das ganze Potenzial zu bündeln und an einem zentralen Ort zu zeigen, was Rosenheims Theaterlandschaft zu bieten hat“, betont zur Hörst.
Zu dieser Theaterlandschaft zählen auch die Theaterfreunde aus Rosenheim. Ihr Vorsitzender ist der 61-jährige Arzt Frank Kefer aus Rosenheim. Seit 20 Jahren macht er mittlerweile Theater und darf in der Aufführung seines Vereins eine der Hauptrollen spielen: den Gerichtsrat Walter. „Bei uns geht es um Machtmissbrauch, ein ganz klassisches Thema“, erklärt der 61-Jährige kurz den Inhalt des Stücks „Der zerbrochene Krug“, welches sein Verein aufführt.
Dem Klassiker von Heinrich von Kleist geben die Theaterfreunde allerdings einen kleinen Twist: Sie spielen das Stück auf Bairisch. „Es ist ein ernstes Stück, aber trotzdem sehr lustig“, sagt Kefer. Mit diesem Stück möchten die Theaterfreunde sich zum ersten Mal zeigen, denn es ist nicht nur die Premiere der Theaterwoche in Rosenheim, sondern auch ihr erster Auftritt. Passend hierzu dürfen sie das Event am Sonntag, 29. Juni, eröffnen.
Die Planung bis dahin war allerdings ein langer Prozess, für welchen das Junge Theater Rosenheim den Theaterstammtisch wiederbelebt hat. Vor Corona gab es diesen bereits und jetzt gibt es ihn wieder. „Wir standen regelmäßig im Gespräch und haben uns getroffen. Anfangs mit größeren Abständen, jetzt ist es sogar wöchentlich, da es auf die Eröffnung zugeht“, sagt zur Hörst. Im Organisations-Team ziehen alle mit und laut zur Hörst macht es auch allen eine große Freude. Gleichzeitig dürfen sich die sieben teilnehmenden Vereine über eine finanzielle Unterstützung der VR-Bank freuen, und auch das Kulturamt Rosenheim unterstützt das Projekt als Veranstalter.
Doch auch die Vereine tragen viel zur Veranstaltung bei: „Wir haben sehr viel aus dem Potenzial der Vereine geschöpft“, erklärt zur Hörst. Außerdem gab es laut dem 36-Jährigen durch das Projekt den schönen Nebeneffekt, dass sich die Rosenheimer Theatervereine vernetzt haben und eine gute Zusammenarbeit entstanden ist. Das sieht Kefer genauso: „Ich bin wirklich begeistert von dem Projekt, als auch von der Zusammenarbeit unter den verschiedenen Theatern. Das ist etwas ganz Tolles.“
Auch für die Zuschauer soll es etwas Besonderes werden, denn laut Kefer hat der Veranstaltungsort eine beeindruckende Atmosphäre. Die Theaterwoche findet am Ölberg, direkt neben der St.-Nikolaus-Kirche, statt. Im Freien. Das ist nicht nur für die Besucher ein Höhepunkt, sondern auch für die Vereine, welche sonst in ihren Stammhäusern spielen. Davon begeistert und voller Vorfreude ist Fabian Sieber von der Heimatbühne Rosenheim. Der Verein spielt normalerweise seine Stücke in der Freien Turnerschaft in der Klepperstraße und hat dort seine feste Bühne. Eine Open-Air-Bühne stellt auch die Routiniers vor eine Herausforderung: „Es muss bei der Kulisse etwas improvisiert werden, weil alles innerhalb eines Tages stehen muss. Am Vorabend spielt nämlich ein anderer Verein“, beschreibt Sieber.
Doch die Bewältigung dieser speziellen Bedingungen am Ölberg lohnt sich: „Das ist eine besondere Sache für uns Schauspieler auf einer Open-Air-Bühne. Einfach eine ganz große Umstellung, aber eine tolle Herausforderung und mal was ganz Anderes, auch die Akustik“, erzählt Sieber. Für ihn und die anderen Mitglieder der Heimatbühne stehen nochmal Proben bevor. Ihr Stück, „Vierte Weltpforte“, haben sie bereits im Frühjahr aufgeführt. Für die Theaterwoche muss es aber nochmals aufgefrischt werden.
Ein bisschen mehr zu tun hat Kefer mit den Theaterfreunden, vor allem wegen eines traurigen Zwischenfalls. „Drei Wochen vor der Premiere ist einer der Hauptdarsteller ganz plötzlich verstorben. Den müssen wir jetzt noch ersetzen“, erklärt der Rosenheimer Arzt. Dadurch kommen nochmals mehr Druck und Stress dazu. Außerdem muss der junge Verein auch noch viel proben und andere technische Sachen wie Requisiten abklären. Trotzdem ist Kefer positiv gestimmt: „Wir sind ganz zuversichtlich, dass wir das alles sauber hinkriegen.“
Ob das gelingt, stellt sich dann am Sonntag heraus, wenn die Theaterwoche von Oberbürgermeister Andreas März eröffnet wird und Kefer und die Theaterfreunde ihre Premiere feiern dürfen. „Wir haben viel Arbeit reingesteckt und es wäre schön, wenn viele Rosenheimer an dem Ganzen teilhaben und erleben, was es für Theaterpotenzial in Rosenheim gibt“, erzählt zur Hörst voller Vorfreude.
Das Meiste ist vorbereitet, nur eine Sache können sie nicht beeinflussen: „Das Wetter muss auch noch mitspielen, dann wird das bestimmt ein toller Abend“, fasst es Sieber zusammen.