Autor live erleben

Aufgewachsen zwischen Leibwächtern

von Redaktion

Interview Stephan R. Meier über seinen sehr speziellen Weg zum Krimi-Autor

Rosenheim – Stephan Richard Meier wuchs als Sohn des ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf. In einem goldenen Käfig, wie er selbst sagt. Meier, geboren in Wuppertal, arbeitete lange Zeit als Hotelmanager überall auf der Welt und beschloss dann, seine Leidenschaft, das Schreiben, zum Beruf zu machen. Mittlerweile hat er bereits einige Bücher veröffentlicht, darunter einen Thriller über den Terror der RAF und Krimis, die an der italienischen Riviera spielen. Am morgigen Freitag wird er in Rosenheim aus seiner Krimi-Reihe „Riviera Express“ lesen. Wie er seine von Polizei und Leibwächtern geprägte Kindheit erlebte, wie er endlich ein Zuhause fand und was seine Regionalkrimis so besonders macht, verrät er vorab im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen.

Sie haben lange als Hoteldirektor gearbeitet und sind jetzt Autor. Wie passt das zusammen?

Ich hatte schon immer den Antrieb zu schreiben und habe mein ganzes Leben wahnsinnig viel gelesen. Aber ich hatte nie den Mut, das zu meinem Hauptberuf zu machen. Schon mit Mitte 30 habe ich mir vorgenommen, mit etwa 50 höre ich mit dem Erwerbsberuf auf und widme mich nur noch dem Schreiben. Und das hat Gott sei Dank geklappt.

Hat die Zeit als Hotelier Sie selbst und Ihre Arbeit als Autor geprägt?

Natürlich. Wenn man 35 Jahre lang in den verschiedensten Ländern gelebt hat und mit der einheimischen Bevölkerung arbeitet, lernt man die Kultur sehr intensiv kennen. Allerdings war dieser dauernde Ortswechsel, der in der Hotelkarriere nötig ist, sicherlich auch ein Fluchtreflex. Vermutlich entstanden aufgrund meiner doch etwas eingeschränkten Freiheit als Heranwachsender.

Sie wuchsen als Sohn von Richard Meier auf, dem ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Man denkt währenddessen nicht viel darüber nach. Das kommt erst sehr viel später, wenn man auf das eigene Leben zurückblickt. Dann empfindet man anders, versucht, die Vergangenheit zu verarbeiten. Ich habe mich in einer entscheidenden, prägenden Phase umzingelt von Leibwächtern gefunden. Eingesperrt in einen goldenen Käfig und das vollkommen unschuldig. Dinge, die normale Teenager tun, konnte ich nicht tun. Aber ich sehe das nicht als Bürde oder Last, sondern als etwas, was man akzeptieren sollte.

Über den deutschen Herbst haben Sie einen Thriller geschrieben. Worum geht es in „44 Tage“?

Jeder kennt die Geschichte der RAF. Aber mir haben immer Aspekte gefehlt. Viele davon waren mir bekannt, weil ich sehr nah dran war, auch wenn mein Vater eine lebenslange Schweigepflicht hatte. Deshalb konnte ich alles nur fiktionalisiert wiedergeben. In „44 Tage“ geht es um den Terror in Deutschland, die Entführung von Hanns Martin Schleyer. Ich schildere aber auch die Biografie einer der Terroristinnen, die beteiligt war. Ich habe am eigenen Leib gespürt, wie das ist, im Fokus der Terroristen zu stehen. Sie fanden heraus, wo ich Gitarrenunterricht hatte, wo und wann mein Bruder zum Fußballtraining ging. Da wurden wir schon mal um vier Uhr morgens geweckt und ausgeflogen, bis sich die Lage beruhigt hatte.

Gab es damals einen Ort, der für Sie ein Zuhause war?

Nein. Bis ich 50 Jahre alt war, wusste ich nicht, wo mein Platz ist.

Jetzt haben Sie Ihren Platz in München und Sanremo (Italien) gefunden. Warum diese beiden Orte?

Ich habe mich nie zwischen den Bergen und dem Meer entscheiden können. Allerdings war ich in der glücklichen Lage, dass ich beides realisieren konnte. Damit bin ich sehr glücklich. Ich liebe den Wechsel, das Oberbayerische, die Atmosphäre an Weihnachten und in der Adventszeit. Und auch die Möglichkeit zu haben, jederzeit mit dem Auto ans Meer fahren zu können. Deshalb habe ich mich auch für eine Wohnung in Ligurien entschieden. Das ist ohne Fähre oder Flugzeug erreichbar.

Dort, an der italienischen Riviera, spielt auch Ihre neue Krimi-Reihe „Riviera Express“.

Genau. Vor etwa 100, 150 Jahren haben dort einige Persönlichkeiten gelebt, da es damals schon bekannt für sein gutes Klima war. In jedem Band steht eine dieser Personen im Kern und auch, welchen Einfluss ihr Wirken auf die heutige Zeit hat. Im ersten Band geht es um Alfred Nobel, der in Sanremo gelebt hat und dort gestorben ist. Im zweiten Band behandele ich die Stadt Triora, die weltberühmte „Hauptstadt der Hexen“. Beinahe die komplette weibliche Belegschaft des Orts wurde damals der Hexerei bezichtigt, weil sie so gut heilen konnte. Grund dafür waren die qualitativ hochwertigen Heilpflanzen, die an der Riviera wachsen. Im dritten Band geht es um eine Contessa. Ihre Biografie ist die ungewöhnlichste, über die ich je gestolpert bin.

Morgen kommen Sie für eine Lesung nach Rosenheim. Aus welchem Ihrer Bücher werden Sie lesen?

Das weiß ich noch nicht. Ich mache das immer spontan. Ich werde aber auch passend zu der Krimi-Reihe etwas vortragen. Zudem habe ich einige Dinge von der Riviera im Gepäck, die wir zusammen verkosten können. Zum Beispiel den einst teuersten Wein der Welt, der aus dieser Region stammt und nur dort produziert wird. Aber auch Taggiasca-Oliven, Käse, Honig und Trüffel.

Es soll also nicht nur eine Lesung sein?

Ich bin ein großer Fan von multidimensionalen sensorischen Eindrücken. Außerdem passt das alles wunderbar zu den Büchern. Ich möchte gerne mit den Gästen in einen Dialog treten, Fragen beantworten. So ist es, glaube ich, sehr unterhaltsam.

Interview: Magdalena Aberle

Lesung bei Thalia in Rosenheim

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