Tragisches Ende einer jungen Karriere

von Redaktion

Aus dem OVB-Zeitungsarchiv 1975 verunglückte Rallyefahrer Norbert Diebald tödlich

Rosenheim – „Ich kann mich noch genau daran erinnern: Ich war damals 14 Jahre alt, saß gerade im Schulunterricht. Da erschien einer meiner Onkel mütterlicherseits, ich solle bitte kommen. Da erfuhr ich es: Mein Onkel Norbert war tödlich verunglückt“, erinnert sich Richard Diebald. Auch Michael Diebald hat das Geschehen noch vor Augen: „Wir saßen da gerade im Büro. Plötzlich fährt ein Polizeiauto vor und wir ahnten schon Schlimmes. Wir kannten den Beamten, der dann hereinkam. Ihm war es sichtlich äußerst unangenehm, uns die schwere Kunde bringen zu müssen.“ Er zeigt uns eine Postkarte von Norbert, datiert auf den 1. Mai 1975, einen Tag vor dem Unglück. „Die kam dann Tage später an.“

Blick in das
private Fotoalbum

Wir treffen, gemeinsam mit Sepp Bierwirth vom RG Rosenheim, Vater und Sohn Diebald in den Räumlichkeiten des Lackierbetriebs in Rosenheim. Michael Diebald hat ein altes Fotoalbum mitgebracht. Darin: zahlreiche Fotos von seinem Bruder und dessen Betätigung im Rallyesport. Seit 1949 besteht der Lackierereibetrieb, der sich von einer Werkstatt mit fünf Mann zu einem Betrieb mit 350 Mitarbeitern entwickelte. Schon von Anfang an war auch die Autolackierung Teil des Geschäfts. „Der Umgang mit Autos gehörte dann von Anfang an dazu. Wir haben schon in jungen Jahren dann das Autofahren beigebracht bekommen, um auf dem Betriebsgelände zu rangieren“, lacht Michael Diebald. Im Betrieb seien auch häufig Motorsport- und insbesondere Rallyefahrzeuge in der Karosserie-Abteilung umgebaut und lackiert worden. „Damals gab‘s dafür ja noch keine Bausätze und Zubehörsets vom Hersteller, man musste improvisieren.“

Brüder schon mit 15
als Beifahrer aktiv

Die beiden Diebald-Brüder Norbert und Ottmar seien äußerst begeistert vom Rallyesport gewesen. „Schon mit 15 Jahren begann er als Beifahrer bei Orientierungsfahrten. Danach wurde er jüngster deutscher Ausweisfahrer und erwarb sich innerhalb von zwei Jahren die internationale Fahrerlizenz“, erfahren wir aus einem Nachruf des Vereins, den Sepp Bierwirth mitgebracht hat. „Schon mit 17 Jahren holte er sich die Genehmigung, schon frühzeitig den Führerschein machen zu können“, erinnert sich der Seniorchef. „Zunächst dann noch als begleitetes Fahren, bis er volljährig war. Nach einem schlimmen Unfall, den Norbert und Ottmar zusammen erlitten haben, habe ich dann ein Machtwort gesprochen: Beide Brüder sollten nicht mehr zusammen Rallye fahren!“, erinnert sich Michael Diebald. „Damit dann nicht beide zugleich bei einem Unfall verletzt sind.“

Diebald war dann auch Gründungsmitglied des Rallye-Clubs und brachte sich dort umfangreich ein. „1973 wurde er als Sportleiter gewählt und 1974 wurde er als Schatzmeister in der Vorstandschaft bestätigt, der er bis zu seinem Tod angehörte. Wir verloren mit ihm nicht nur einen guten Motorsportler und ein Vorstandsmitglied, sondern auch einen liebenswerten, stets gut aufgelegten Kameraden“, schließt der Nachruf des Vereins. Er sei als Copilot überaus talentiert gewesen. „Wäre es nicht zu dem Unglück gekommen, wäre er voraussichtlich ab 76 an der Seite von Rallye-Fahrerlegende Walter Röhrl gewesen. Das hätte eine vielversprechende Karriere sein können.“ „Tödlich verunglückt ist am Freitag, 5 Uhr, der Rosenheimer Rallyefahrer Norbert Diebald. Er nahm mit dem Münchner Freisler auf einem Lipp-Toyota an der Nordland-Rallye durch Skandinavien teil, einem Lauf zur Deutschen Rallye-Meisterschaft. Normal Beifahrer des Münchners, saß Norbert Diebald auf einer Transport-Etappe außerhalb der Rennwertung in der Nähe der dänischen Ortschaft Varden am Steuer, als das Unglück passierte“, berichtet das OVB am 3. Mai 1975.

„Der Toyota prallte frontal mit einem Lastwagen zusammen. Die Unfallursache ist noch ungeklärt. Bei dem Lastwagenfahrer wurde eine Blutprobe vorgenommen. Der 21-jährige Rosenheimer war auf der Stelle tot. Der Münchner, auf dem Beifahrersitz schlafend, wurde schwer verletzt, schwebt jedoch nicht mehr in Lebensgefahr. Norbert Diebald, nicht verheiratet und bei seinem Bruder in einer Münchner Industrielackierung beschäftigt, gehörte seit der Gründung 1971, zuletzt als Vorstandsmitglied, der Rosenheimer Rallye-Gemeinschaft an.“

„Das war ein schrecklicher Schock für meine Großmutter, denn es war bereits der zweite Sohn, den sie an ein Unglück verloren hatte.“ Wie wir aus einem Bericht im Oberbayerischen Volksblatt (OVB) vom 29. Oktober 1957 erfahren, war der damals 14-jährige Handelsschüler Richard Diebald bei einem Sturz im Petersgebirge ums Leben gekommen. „Kurat Haitzmann schilderte in ergreifenden Worten den Verunglückten als einen braven, hilfsbereiten und lieben Buben, der mit Erlaubnis seiner Eltern einen Ausflug in seine geliebten Berge unternahm und, ohne waghalsig zu sein, durch unglückliche Umstände tödlich abstürzte“, heißt es in einem Bericht über seine Beerdigung vom 2. November jenes Jahres.

Zahlreiche Trauernde
bei Beerdigung

„Überaus zahlreich erschienen im städtischen Friedhof die Trauernden, um ihm die letzte Ehre zu erweisen“, erfahren wir wiederum aus einem Bericht am 13. Mai über die Beerdigung von Norbert Diebald, „Stadtpfarrer Haitzmann von St. Hedwig spendete den Segen der Kirche und tröstete die Angehörigen mit bewegten Worten. Die Freunde vom MCR, von der Rallye-Gemeinschaft, die auch den Sarg eskortierten, vom ADAC-Gau Südbayern, die Teilnehmer der Nordland-Rallye sowie das Toyota-Team widmeten dem Verstorbenen neben Abschiedsworten farbenprächtige Kränze. Das THW, Ortsgruppe Rosenheim, legte dem treuen Kameraden als Zeichen des Dankes ein herrliches Gebinde nieder.“

Röhrl gewann die
Gedenkfahrtpremiere

Noch im Oktober jenes Jahres wurde Diebald die Inn/Chiemgau-Rallye über 400 Kilometer gewidmet, bei der auch Röhrl antrat und prompt gewann. „Die Veranstaltungsgemeinschaft Rallye-Gemeinschaft Rosenheim e.V. im ADAC und SFG im MSC Traunreut hat sich voll bewährt. Man möchte im nächsten Jahr erneut mit einer derartigen Veranstaltung, die eventuell ein Lauf zur österreichischen Rallye-Meisterschaft werden könnte, wie die anwesenden ‚Spione‘ meinten, an die Öffentlichkeit treten“, so der Bericht dazu vom 27. Oktober 1975. „Als Gründungsmitglied der Rallyegemeinschaft war er förmlich mit dem Club verwachsen und obwohl er beruflich und wegen seiner Teilnahme an vielen Rallyes bestimmt genug ausgelastet war, fand er doch noch Zeit, für den Club zu arbeiten“, heißt es schließlich noch in dem Nachruf des Rallyeclubs.

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