Rosenheim – Die Nerven lagen blank. Zumindest für einen Moment. Am Dienstag, um kurz nach 9 Uhr, stürmten Aktivisten in die CSU-Geschäftsstelle an der Klepperstraße. Sie trugen Warnwesten, hatten ein Transparent dabei, auf dem in lilafarbenen Buchstaben die Worte „Free Maja“ standen.
„Free Maja“ –
Aktivistin seit Juni 2024 im Gefängnis
Mit lauter, deutlicher Stimme forderten die Aktivisten die CSU auf, sich klar zum Fall Maja zu positionieren. Maja T. ist wegen mutmaßlicher Angriffe auf ungarische Neonazis aus Dresden nach Ungarn ausgeliefert worden. Seit Juni 2024 sitzt Maja T. in Budapest im Gefängnis.
Anfang Juni war Maja T. laut ihrem Vater aus Protest gegen die Haftbedingungen in einen Hungerstreik getreten. Am Montagabend (14. Juli) berichteten mehrere Medien übereinstimmend darüber, dass der Hungerstreik beendet worden sei. An dem Plan der Aktivisten, das CSU-Büro zu besetzen, änderte das jedoch nichts. Vier Menschen stürmten ins Büro, acht hielten davor Stellung – ausgestattet mit Megafonen.
In ihrer Rede kritisierten sie die Situation in der ungarischen Politik aufs Schärfste. So gebe es unter Orbans Herrschaft eine „extreme Diskriminierung von LGBTQ+-Personen.“ Das zeige sich auch daran, wie Maja T. behandelt werde. „Andauernde Isolationshaft, die einer Folter gleicht, tägliche Ganzkörperdurchsuchungen mit Schikanen durch männliche Beamte, eine winzige Zelle gefüllt mit Kakerlaken. So etwas darf nicht zugelassen werden“, heißt es vonseiten der Aktivisten.
Merkwürdige
Situation für Mitarbeiter
Aus diesem Grund forderten sie Daniela Ludwig, Staatssekretärin im Innenministerium, dazu auf, sich für eine sofortige Rückführung Majas einzusetzen. Die Aktivisten erklärten sich bereit, das CSU-Büro wieder zu verlassen, wenn ihnen genau das zugesichert werde. Nun waren an besagtem Vormittag aber weder Daniela Ludwig noch Landtagsabgeordneter Daniel Artmann oder Klaus Stöttner, Kreisvorsitzender der CSU Rosenheim-Land, vor Ort.
Stattdessen trafen die Aktivisten auf sechs Mitarbeiter. „Alle waren verängstigt“, sagt Stöttner einige Stunden später am Telefon. Auch, weil der Bitte, das Büro wieder zu verlassen, nicht nachgekommen wurde. Zwar seien die Aktivisten weder gewalttätig gewesen, noch hätten sie etwas beschädigt, trotzdem sei es für viele Mitarbeiter eine „merkwürdige Situation“ gewesen.
Das bestätigt auch Mihaela Hammer, Geschäftsführerin des Bundeswahlkreises der CSU. Sie war zu besagtem Zeitpunkt im Büro und in ihre Arbeit vertieft. Als die Aktivisten ins Büro stürmten, habe sie ihre Hilfe angeboten, jedoch relativ schnell gemerkt, dass es den jungen Leuten vor allem darum ging, ihre Botschaft kundzutun. „Sie haben gesagt, dass sie erst gehen, wenn sie mit Daniela Ludwig gesprochen haben“, erinnert sich Hammer. Die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete ist aktuell in Oberbayern unterwegs.
Da sich die Aktivisten weigerten, die Räume zu verlassen, habe sie die Polizei verständigt. „In solchen Situationen kann immer etwas passieren, aber ich habe versucht, nicht nervös zu wirken“, sagte sie am Telefon. Kritik am Vorgehen der Aktivisten äußert Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig. „Die Besetzung der Büros von Mandatsträgern und politischen Parteien ist weder legitim noch zielführend. Solche Aktionen sind zu verurteilen, aber leider keine Einzelfälle“, sagt sie auf OVB-Anfrage.
Ludwig: „Kein Mittel
der politischen Auseinandersetzung“
Sie verurteile die Tatsache, dass sich Aktivisten unbefugt Zutritt zu den Räumen der CSU-Geschäftsstelle verschafft haben. „Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlten sich bedroht und mussten unter Polizeischutz die Büroräumlichkeiten verlassen. Eine Räumung durch die Polizei war notwendig“, fügt sie hinzu.
Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. Nach langen Hin und Her sei es schließlich gelungen, die Aktivisten dazu zu bringen, die Geschäftsräume zu verlassen. Im Anschluss wurden sie in Gewahrsam genommen und zur Vernehmung zur Kriminalpolizei gebracht. Sie befinden sich mittlerweile wieder auf freien Fuß, gegen sie wurde jedoch Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet. Die weiteren Ermittlungen übernimmt jetzt die Staatsanwaltschaft Traunstein.
Neben Daniela Ludwig äußerte auch Daniel Artmann Kritik an dem Vorgehen der Aktivisten. „Ich verurteile den Hausfriedensbruch in der CSU-Geschäftsstelle aufs Schärfste. Solche Aktionen sind kein Mittel der politischen Auseinandersetzung“, sagte er auf OVB-Anfrage. Ähnlich äußerte sich Klaus Stöttner. „Es gibt Regeln, die auch in einer demokratischen Welt beachtet werden müssen“, sagte er. Die Aktivisten hätten eine Grenze überschritten.
Lob für die Aktion gibt es hingegen von dem Kreisverband der Linken. „Wir solidarisieren uns mit den Aktivisten, die das Wahlkreisbüro der Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig besucht haben, um auf die Situation von Maja aufmerksam zu machen“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Die Situation rund um Maja ist Daniela Ludwig jedoch durchaus bekannt. „Das Strafverfahren emotionalisiert die linke und linksextremistische Szene stark. Dies rechtfertigt aber keine aggressiven Handlungen bis zur Begehung von Straftaten“, sagt die CSU-Politikerin.
In dem Zusammenhang erinnert sie daran, dass bei der sogenannten Solidarisierungsaktion die Vorwürfe gegen Maja T. völlig ausgeblendet werden.
Anklage wegen Plan
zu gewalttätigen Überfällen in Ungarn
„Maja T. ist angeklagt, als Teil einer Gruppe gewaltorientierter Linksextremisten im Februar 2023 gezielt nach Budapest gereist zu sein, um dort schwere gewalttätige Überfälle auf Rechtsextremisten zu begehen“, fährt Ludwig fort. Die Bundesanwaltschaft erklärte, dass die Angreifer mehrfach mit Schlagstöcken und anderem Schlagwerkzeug auf Menschen einschlugen. Die Geschädigten erlitten schwerste Verletzungen wie multiple Prellungen und Platzwunden am Kopf sowie Knochenbrüche.
„Vor diesem Hintergrund wirkt jede Solidarisierung mit diesen Angriffen befremdlich. Diese schwerwiegenden Vorwürfe werden nun von der ungarischen Justiz aufgearbeitet“, fügt Ludwig hinzu.