Hilfe gesucht

Jordan sucht seine Rosenheimer Retter

von Redaktion

Im August 1996 strandete der Australier Jordan Poutney (51) in der Nähe von Rosenheim. Der damals 21-Jährige war in Europa unterwegs und hatte sich verirrt. Eine gastfreundliche Familie nahm ihn auf, die Zeit bei ihr prägt den Australier bis heute. Jetzt will er seine Retter von damals wiederfinden.

Rosenheim/Melbourne – Es ist Ende August, als der Australier Jordan Poutney in Rosenheim strandet. Damals hatte er sein Zuhause in Melbourne (Australien) verlassen und lebte bei seiner Schwester in Cambridge (England). „Ihr Zuhause habe ich als Ausgangspunkt genutzt, um zu arbeiten und zu reisen“, erzählt Poutney.

Auch München wollte er einen Besuch abstatten. „Ich hatte gehört, dass es eine coole Stadt ist, in der viel los ist“, sagt der Australier. Zudem habe er von einem beliebten Campingplatz dort gewusst. Das passte perfekt, denn der damals 21-Jährige war mit knappem Budget unterwegs und schlief im Zelt.

Von Salzburg nach
Rosenheim getrampt

Auf seiner Reise durch Europa machte Poutney in Salzburg Halt. Von dort aus trampte er mit einem österreichischen Autofahrer über die Grenze in Richtung München. Der Österreicher setzte Poutney schließlich in der Nähe von Rosenheim am Rand der Autobahn ab, in der Annahme, dass jemand den jungen Australier weiter mitnehmen würde. „Aber niemand hielt an“, erzählt Poutney.

In der Ferne habe er einen hohen, spitzen Kirchturm sehen können. „Ich kletterte über einen Zaun und ging durch die Felder in diese Richtung, weil ich dachte, dort wäre ein Dorf.“

Tag mit viel
Bier und Essen

Er kommt schließlich in einer Ortschaft an. Genau erinnert sich Poutney nicht mehr an den Namen. „Es könnte aber Pang oder Aising gewesen sein“, sagt er. Dort sprach der Australier die Kellnerinnen eines Restaurants an. „Ich fragte sie, wie ich nach München kommen könnte. Sie zeigten auf eine naheliegende Bushaltestelle.“ Der 21-Jährige stieg in den Bus, bezweifelte aber, dass er in die richtige Richtung fuhr und stieg wieder aus.

„Zu diesem Zeitpunkt war ich völlig orientierungslos. Ich klopfte einfach an die Tür eines schön aussehenden Hauses, in der Hoffnung, dass mir jemand eine gute Wegbeschreibung geben könnte“, erinnert sich Poutney an die verzwickte Situation. Ihm öffnete eine ältere Frau, die zwar kein Englisch verstand, ihn aber dennoch hereinbat. „Ihre Schwiegertochter war zu Besuch und sie sprach und verstand etwas Englisch“, sagt Poutney. Sofort sei ihm Essen und Bier angeboten worden. „Man erklärte mir, dass die Tochter der älteren Dame kurz zuvor in Australien unterwegs war.“ An die Namen der Frauen erinnert sich Poutney heute nicht mehr.

Dafür blieb ihm der Aufenthalt im Gedächtnis. „Es war ein wundervoller Tag mit viel Bier und Essen“, erzählt der Australier. Schließlich sei auch die Tochter nach Hause gekommen, die vor Kurzem in Australien unterwegs war. „Sie war ungefähr in meinem Alter und arbeitete bei einer Zeitung in Rosenheim, vielleicht in der Druckerei“, erinnert sich Poutney. Die beiden verstanden sich gut, gingen zusammen mit Freunden in Rosenheim feiern.

Reise ging noch einige
Wochen weiter

Der 21-Jährige fuhr schließlich mit dem Zug nach München und verbrachte dort einige Tage. Danach kehrte er noch einmal zu der Rosenheimer Familie zurück, denn die Mutter wollte ihn mit an den Gardasee nehmen. Jemand aus der Familie besaß dort ein Ferienhaus. Und so landete der junge Australier in Italien. Von dort reiste er weiter in Richtung Griechenland. Auf der Reise von Brindisi (Italien) nach Korfu (Griechenland) traf er ein Mädchen aus England. „Wir tauschten Adressen aus und sind nun seit 26 Jahren verheiratet“, erzählt Poutney.

Er kehrte erst im Oktober 1996 zu seiner Schwester nach Cambridge zurück. An die oberbayerische Familie, die er in der Nähe von Rosenheim kennenlernte, muss er aber immer noch oft denken. „Ich erinnere mich lebhaft daran. Diese Familie hat mich tief beeindruckt“, betont Poutney. „Vor allem ihre Großzügigkeit, Freundlichkeit und die Offenheit, mich in ihr Leben aufzunehmen.“ Er versuche auch heute noch, diese Eigenschaften zu leben und an seine drei Kinder weiterzugeben.

Deshalb probierte er bereits während der Corona-Zeit über Facebook, die Familie ausfindig zu machen. Ohne Erfolg. „Ich habe auch Stunden damit verbracht, Google Earth abzusuchen, habe mögliche Routen studiert“, sagt Poutney. In welchem Ort er 1996 genau gelandet ist, weiß er heute nämlich nicht mehr. Mit der Familie habe er damals zwar Adressen ausgetauscht, doch nur auf einem kleinen Notizzettel. „Er landete leider ganz unten in meinem Rucksack“, erzählt der Australier.

Heute ist Jordan Poutney 51 Jahre alt und lebt mit seiner Familie in Frankston, einem Vorort von Melbourne (Australien). Die Begegnung mit der Familie hat ihn tief geprägt, wie er selbst sagt. Noch heute bedauert er es, die Kontaktdaten verloren zu haben, und möchte deshalb einige Worte an die Familie richten: „Danke. Ihr habt einen unauslöschlichen Eindruck in meinem Leben hinterlassen. Mich aufgenommen und mir ohne Zögern, Fragen oder andere Absichten eure Gastfreundschaft angeboten.“

„Freundschaft
fortsetzen“

Poutney versucht immer noch, die Rosenheimer Familie zu finden. „Ich hoffe sehr, dass wir uns mit modernen Kommunikationsmitteln wiederfinden und unsere Freundschaft fortsetzen können“, betont der 51-Jährige. Noch mehr würde er sich darüber freuen, der Familie seine Gastfreundschaft anzubieten. In Frankston, Victoria (Australien), auf der anderen Seite der Welt.

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