Harte Vorwürfe nach Polizeieinsatz

von Redaktion

Linke Szene spricht von „konzentriertem Angriff“ – Präsidium dementiert entschieden

Rosenheim – Diese Bilder sorgen für Aufregung. Zahlreiche Polizisten in Uniform stürmen auf die Straße, bauen sich vor einer Menschengruppe hinter einem weißen Banner auf. Immer wieder drängen die Beamten, bewaffnet mit schwarzen Schlagstöcken und Pfefferspray, den Pulk zurück. Bis die Gruppe eingekesselt vor einer schwarzen Hauswand steht. Es sind Aufnahmen aus einem rund einminütigen Video, das derzeit in den sozialen Medien die Runde macht.

Video zeigt
angebliche
Polizeigewalt

Veröffentlicht hat das Instagram-Video das Offene Antifaschistische Plenum (OAP) Rosenheims. Darauf zu sehen sein sollen die Vorkommnisse in Rosenheim vom vergangenen Samstag, An diesem Tag fand in der Rosenheimer Innenstadt eine Kundgebung der Rosenheimer Friedensinitiative statt – mit rund 250 Teilnehmern, die durch die Stadt marschierten. Im Bereich der Samerstraße fiel der Polizei dann eine Gruppe von rund 30 schwarz gekleideten und zum Teil vermummten Personen auf – überwiegend aus der linken Szene.

Da sich diese – so geht es später aus dem Bericht der Polizei hervor – der Kundgebung näherten, bildeten die Beamten zwischen den beiden Gruppen eine Polizeikette. Weil einige Gegendemonstranten allerdings versucht hätten, die Kette zu durchbrechen und Polizisten anzugreifen, griffen die Beamten auch auf Schlagstöcke und Pfefferspray zurück, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen.

Viele Teile fehlen –
Bilder wurden extra
zusammengeschnitten

Mit dem Video, das vom Gehsteig aus neben der Polizeikette aufgenommen wurde, wollen die Mitglieder des OAP jetzt zeigen, dass die Polizei übers Ziel hinausgeschossen sei. Das Bildmaterial soll belegen: Der Angriff ging einseitig von der Polizei aus und die Demonstranten haben sich durchweg friedlich verhalten. So teilt es die Gruppe schriftlich auf OVB-Anfrage mit.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Das Video wurde aus einzelnen Sequenzen zusammengeschnitten, die beteiligten Personen wurden unkenntlich gemacht. Zudem – das gibt auf Anfrage auch das OAP zu – die chronologische Reihenfolge der Geschehnisse im Video leicht verändert ist. Dennoch zeige der Ausschnitt, dass die Aussagen im Polizeibericht „schlichtweg falsch und gelogen“ sind. Vielmehr sei es ein „konzentrierter Angriff der Polizei auf Demonstranten“ gewesen.

Ohne Vorwarnung hätten die Beamten die Gruppe „unvermittelt brutal gestürmt“, teilt das OAP mit. „Die Folgen dieser Angriffe waren diverse Schläge gegen Kopf und Körper der friedlichen Demonstranten“, heißt es weiter. Vor allem mit den Schlagstöcken habe es „kraftvolle Schläge auf die ungeschützten Köpfe und Körper von teils minderjährigen Demonstranten sowie Stöße in den Rücken“ gegeben.

OAP behauptet:
Verletzten soll nicht geholfen worden sein

Ein weiterer Kritikpunkt des Offenen Antifaschistischen Plenums: Die Polizei habe den Verletzten keine medizinische Hilfe ermöglicht. Obwohl es dem OAP zufolge keine schwerer verletzten Demonstranten gegeben hat, hätten einige Teilnehmer Prellungen und Reizungen durch das Pfefferspray erlitten. Geholfen habe man ihnen nicht.

Es sind Vorwürfe, welche die Polizei so nicht stehen lassen möchte. „Wir widersprechen dem explizit, dass verletzte Personen nicht versorgt wurden“, sagt Michael Spessa, Kriminalhauptkommissar und Pressesprecher beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd. Er erklärt, dass unmittelbar nach dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken mit einem Lautsprecher abgefragt wurde, ob jemand medizinische Behandlung braucht. „Daraufhin hat sich niemand gemeldet“, sagt Spessa.

Erst kurze Zeit später hätten drei Personen auf sich aufmerksam gemacht, dass sie ärztliche Hilfe brauchen. „Die Kollegen haben dafür Rettungskräfte angefordert, die Personen wurden auch versorgt“, berichtet der Hauptkommissar. Wegen welcher Beschwerden sie behandelt wurden, könne er allerdings nicht sagen.

Fest steht, dass der Vorfall vom Samstag, 19. Juli, inzwischen bei der Kripo liegt. „Straftaten in Zusammenhang mit Versammlungsgeschehen unterliegen prinzipiell der Kriminalpolizei, in diesem Fall dem kriminalpolizeilichen Staatsschutz“, sagt Spessa auf OVB-Anfrage. Was die Polizei genau prüft, könne der Kriminalhauptkommissar nicht beantworten, da es sich um ein „laufendes Ermittlungsverfahren“ handelt.

Einsatz von
Hilfsmitteln Frage
der Einsatztaktik

Was er aber sagen kann, ist, dass der Gebrauch der Schlagstöcke und des Pfeffersprays genauestens abgewogen wurde. „Der Einsatz von unmittelbarem Zwang – in Form von Hilfsmitteln – erfolgt ausschließlich lageabhängig und im Rahmen der rechtlichen Vorgaben“, erklärt Spessa. Die Entscheidung werde im konkreten Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit getroffen. Im Einsatz am vergangenen Samstag habe die Einsatzleitung den Gebrauch „als erforderlich, zweckmäßig und verhältnismäßig bewertet“. „Er diente dem Schutz der ordnungsgemäß angemeldeten Versammlung sowie der Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“, sagt der Polizist. Wie die Schlagstöcke und die Sprays genau eingesetzt wurden, unterliege der Einsatztaktik – und die wolle die Polizei nicht verraten.

Spessa: „Derartige
Vorwürfe werden
sorgfältig geprüft“

Der Kriminalhauptkommissar versichert allerdings: „Derartige Vorwürfe werden sorgfältig geprüft.“ Einzelfallbezogen prüfe und ermittle die Polizei, ob die eingesetzten polizeilichen Maßnahmen in Ordnung waren. Grundsätzlich stehe es jeder Person zu, dass der Polizeieinsatz im Nachgang rechtlich überprüft wird.

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