Rosenheim – Etwas überrascht war Dr. Markus Söder dann doch. Der Ministerpräsident wollte gerade seinen Teller mit Leckereien vom Brotzeitbrett füllen, als er auch schon auf die Bühne gerufen wurde. „Das wird wohl leer sein, wenn ich zurückkomme“, sagte er. Er erntete einige Lacher, ließ seinen Blick über die Gäste im Festzelt schweifen. „Heute ist ein besonderer Tag, ein Meilenstein für die Region“, fuhr er fort.
„Für die Studenten entsteht quasi ein Robinson Club“
Nur wenige Minuten zuvor hatte er, mit einem Spaten in der Hand, zwischen zwei Kränen gestanden. Vorsichtig hob er etwas Erde auf und läutete damit eines der wohl größten Bauvorhaben der Region ein. An seiner Seite: Wissenschaftsminister Markus Blume, Landrat Otto Lederer, Oberbürgermeister Andreas März, Hochschulpräsident Heinrich Köster, Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig, Daniel Artmann, Vorsitzender des Kuratoriums der Technischen Hochschule, Klaus Stöttner, Vorsitzender des Hochschulrats, und Baudirektorin Doris Lackerbauer.
Sie alle waren gekommen, um zu feiern. Den „Startschuss in eine völlig veränderte neue Studienwelt“, sagte Söder. Entstehen soll ein Technologiepark mit viel Platz für Forschung und Lehre. Daneben wird ein weiteres Gebäude gebaut, das neben einem digitalen Lernzentrum – die „Bibliothek der Zukunft“ – eine neue Mensa sowie ein Studierendenzentrum beinhalten wird.
„Für die Studenten entsteht quasi ein Robinson Club“, sagte Söder. Statt Mensa gibt es einen „Speisetempel“, statt Bibliotheken Verweilorte. „Es ist eines der größten wissenschaftlichen Projekte, in das wir investieren. Damit wird die Hochschule Rosenheim zu einem oberbayerischen Harvard“, sagte der Ministerpräsident.
Und weil es eben kein alltäglicher Termin war, kam Ministerpräsident Markus Söder nicht alleine nach Rosenheim, sondern mit Markus Blume. „Schließlich handelt es sich um die größte Einzelmaßnahme im Rahmen der Hightech-Agenda Bayerns“, unterstrich auch der bayerische Wissenschaftsminister. Er sprach von einem „Projekt der Superlative“, von einer „besonderen Hochschule“ und einem „besonderen Jahr“.
Denn vor genau 100 Jahren begann die Geschichte der Technischen Hochschule. „Eher holprig damals“, erinnerte sich Blume. 1925 sei das „Holztechnikum“ gegründet worden, mit zwei Fachlehrern und drei Studenten. „Nach einem Jahr war man bereits pleite“, sagte der Wissenschaftsminister. Danach hätten die Verantwortlichen jedoch vieles richtig gemacht.
Es war – anders konnte es Blume nicht formulieren – der Beginn einer „einzigartigen Erfolgsgeschichte“. Seit 2014 wurde nahezu alle vier Jahre ein neuer Standort eingerichtet. Er erinnerte daran, dass es der TH Rosenheim zudem gelungen sei, die Studierendenzahlen in den vergangenen fünf Jahren um 20 Prozent zu steigern. „Und das in einer Zeit, in der viele andere Hochschulen Studenten verloren haben“, so Blume weiter.
„Katalysator und Motor für die heimische Wirtschaft“
Stolz darauf ist auch Oberbürgermeister Andreas März. Die Hochschule sei für die Stadt Rosenheim „einer der entscheidenden Trümpfe“, was den Standortwettbewerb mit starken Nachbarregionen wie Salzburg oder Tirol betrifft. „Die Hochschule ist ein Katalysator und ein Motor für die heimische Wirtschaft. Sie trägt zur Profilierung unserer Stadt und unserer Region bei.“ Die Hochschule sei ein „Sprungbrett“, eine „Talentschmiede ersten Ranges“. Auch deshalb, so versprach März, werden die Verantwortlichen der Technischen Hochschule die Stadt Rosenheim auch weiterhin als „zuverlässigen und engagierten Partner an ihrer Seite haben“.
Groß darüber dürfte die Freude bei Hochschulpräsident Heinrich Köster sein. Er kam als letzter Redner auf die Bühne, angekündigt von Sibylle Gaßner-Nickl vom Rosenheimer Landratsamt, die die Veranstaltung moderierte. „Die Geschichte der Hochschule ist über weite Strecken mit der persönlichen und beruflichen Geschichte von Professor Köster verbunden“, sagte Gaßner-Nickl. Der Spatenstich sei ein weiterer Höhepunkt in dieser Geschichte.
Köster selbst studierte an der Technischen Hochschule, bevor es ihn in die Welt hinaus zog. Doch nach Stationen in der Schweiz und in Kanada kehrte er zurück zu seiner Alma Mater. Vieles hat sich seitdem verändert. Aus der kleinsten Fachhochschule Bayerns mit gerade einmal 500 Studierenden ist mittlerweile eine Technische Hochschule mit Promotionsrecht geworden – mit fast 7500 Studenten und 750 Beschäftigten.
Mit dem Spatenstich an diesem Vormittag beginne ein neues Kapitel, ein „Meilenstein, auf den lange hingearbeitet wurde und der nun Realität wird“. Möglich gemacht vor allem durch Klaus Stöttner. „Von der ersten Stunde an hat er für das Projekt politisch gekämpft. Ohne ihn würden wir heute mit Sicherheit nicht hier sitzen“, sagte Köster.
Seit 2009 laufen die Planungen und Diskussionen. Grundstücke mussten erworben, Pläne entworfen werden. Das Ziel war von Anfang an klar: „Um den Fachkräftebedarf in unserer Region gerecht zu werden, sind 10000 Studierende an der Hochschule auf Dauer notwendig“, sagte der Hochschulpräsident. Es braucht also mehr Platz, für deutsche, aber auch internationale Studenten und Professoren.
„So ein Bauvorhaben hat es in Deutschland noch nie gegeben“
Damit es ihnen an nichts fehlt, soll ein „lebendiges, offenes und einladendes Zentrum“ entstehen, das 24 Stunden und 365 Tage im Jahr geöffnet haben solle. Alles ausgerichtet auf Nachhaltigkeit. Verbaut werden 15000 Kubikmeter Holz, die laut Köster 15000 Tonnen Kohlenstoffdioxid binden. „So ein Bauvorhaben hat es in Deutschland noch nie gegeben“, sagt Köster. Er berichtet von den begrünten Dächern und Fassaden des Projekts, von den klimarobusten Pflanzen, welche die Biodiversität fördern sollen.
„Der heutige Tag markiert den Beginn einer Transformation“, sagte Köster. Der Spatenstich sei dabei nur der Beginn.