Rosenheim – Von dem sogenannten „SixNeedler“ hörte Daniela Ludwig erstmals vor rund sieben Monaten. „Das Innenministerium wurde durch eine Geschäftsbereichsbehörde über diese neuartige Waffe informiert“, sagt die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Staatssekretärin auf OVB-Anfrage.
Der „SixNeedler“ ähnelt auf den ersten Blick einem scharfen Revolver. Er ist groß, massiv, schwarz und zudem mit einer Trommel ausgestattet. Der „SixNeedler“ verschießt mit Luftdruck kleine, spitze Metallpfeile. Üblicherweise werden mit Luftdruckwaffen eher Pellets aus Blei oder Zink, beziehungsweise kleine, runde Geschosse aus Kunststoff oder Stahl abgefeuert.
„SixNeedler“ war bisher erlaubnisfrei
Der Herausgeber gibt für den „SixNeedler“ eine Mündungsenergie von weniger als 7,5 Joule an. Zum Vergleich: Eine scharfe Pistole hat zwischen 400 und 600 Joule, ein Tischtennisball, der eine Person leicht trifft, liegt bei etwa einem Joule. „Nach geltendem Waffenrecht sind Druckluftwaffen, die Geschossen eine Energie von nicht mehr als 7,5 Joule erteilen, erlaubnisfrei“, erklärt Daniela Ludwig.
Für den Erwerb und Besitz braucht es ihr zufolge dafür keine waffenrechtliche Erlaubnis. Einzige Voraussetzung für den Erwerb einer solchen Waffe ist, dass der potenzielle Käufer das 18. Lebensjahr vollendet haben muss. „Die 7,5-Joule-Grenze beruht auf der bisherigen Erkenntnis, dass Geschosse unterhalb dieser Grenze keine tödliche und verletzende Wirkung entfalten“, ergänzt die Bundestagsabgeordnete.
Ludwig: „Geschosse potenziell tödlich“
Nachdem man zu Beginn des Jahres jedoch von dem „SixNeedler“ erfahren hat, scheint es Zweifel an dieser Regel zu geben. „Aufgrund neuerer Entwicklungen in der Waffentechnik ist es möglich, aus diesen Druckluftwaffen Geschosse zu verschießen, von denen eine potenziell tödliche Wirkung ausgehen kann“, erklärt Ludwig und fügt hinzu: „Diese können sogar die Schutzwesten von Polizeikräften durchdringen.“
Besonders gefährlich seien die Waffen vor allem dann, wenn sie mehrschüssig sind. Also dann, wenn mehrere Schüsse gleichzeitig oder in sehr kurzer Abfolge abgegeben werden können. „Die beschriebenen Waffen bringen erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit mit sich. Sowohl für Polizisten als auch für die Bevölkerung, sofern sie erlaubnisfrei erworben und besessen werden können“, unterstreicht die parlamentarische Staatssekretärin.
Verschärfung des Waffengesetzes
Aus diesem Grund habe sie sich für eine Verschärfung des Waffengesetzes eingesetzt. Die Gesetzesänderung zur Einführung der Erlaubnispflicht für bestimmte Druckluftwaffen sowie zur Änderung weiterer waffen- und sprengstoffrechtlicher Vorschriften wurde ihr zufolge am 25. Juni 2025 vom Deutschen Bundestag beschlossen. Der Bundesrat hat die Gesetzesänderung am 11. Juli 2025 gebilligt, einen Tag später trat es in Kraft.
Durch die Änderung des Waffenrechts wird es laut Ludwig künftig nicht mehr möglich sein, dass potenziell tödliche Druckluftwaffen erlaubnisfrei erworben und erlaubnisfrei besessen werden können. „Mit der neuen Regelung werden diese Druckluftwaffen einer waffenrechtlichen Erlaubnispflicht unterliegen“, sagt Daniela Ludwig. Damit wird ihr zufolge erheblich zum Schutz der Bevölkerung beigetragen. In der Bevölkerung scheint man von der Anpassung des Waffengesetzes noch nicht allzu viel mitbekommen zu haben. Bei einer Internetsuche landet man unter anderem auf der Hersteller-Seite des „SixNeedlers“. Dort wird die Waffe für 99 Euro angeboten. Neben Informationen zur Ausstattung und Funktion gibt es zudem den Hinweis darauf, dass „durch eine nachträgliche Gesetzesänderung der ‚SixNeedler‘ in der geplanten Form nicht auf den deutschen Markt kommen wird“. Man prüfe derzeit eine Anpassung an die neue Gesetzeslage.
Entwickler äußert sich auf OVB-Anfrage nicht
Der Entwickler des „SixNeedlers“, Jörg Sprave, hat sich auf eine OVB-Anfrage bislang noch nicht geäußert. Die Meinung des Waffenhändlers erfährt man jedoch trotzdem – in einem fast siebenminütigen Video auf seinem Youtube-Kanal. In diesem übt er heftige Kritik an der Änderung des Waffengesetzes. „Es sollte ein Fenster geschlossen werden, stattdessen wurde ein ganzes Haus eingerissen“, sagt er.
Ihm zufolge ist dem Bundesinnenministerium bei der Verabschiedung des Gesetzes ein „gravierender, juristischer Fehler unterlaufen“. Dieser hat laut Sprave zur Folge, dass Millionen von bisher erlaubnisfreien Luftdruckwaffen über Nacht lizenzpflichtig gemacht wurden. „Viel Glück mit eurem Luftgewehr von 2008, das könnte ab jetzt ein Fall für den Strafverteidiger sein“, sagt Sprave in seinem Video.
Gerade Besitzer älterer Waffen müssen sich aber offenbar keine Sorgen machen – auch aufgrund einer Neufassung des Gesetzes, die am 24. Juli in Kraft getreten ist. In diesem wird noch einmal deutlich gemacht, dass „Waffen, die aufgrund der bis zum 23. Juli 2025 geltenden Altfassung der Vorschrift erlaubnisfrei erworben und besessen werden durften, auch weiterhin erlaubnisfrei sind“.
Gesetzes-Neufassunggilt nicht rückwirkend
Lediglich Softair- und Druckluftwaffen mit maximal 7,5 Joule, die seit dem 24. Juli erworben worden sind und die in Bezug auf Geschosse mit einer Länge von mehr als 30 Millimeter mehrschüssig sind, unterliegen der Erlaubnispflicht. Keine gute Aussicht für den Entwickler des „SixNeedler“ und seine Erfindung.