Bad Aibling – Die Vogelvoliere an der Südseite des Heimatmuseums verleiht dem Bad Aiblinger Kurpark ein Alleinstellungsmerkmal im weiten Umkreis. Täglich schauen etliche interessierte Besucher vorbei und erfreuen sich an dem Gezwitscher und dem vergnügten Treiben der gefiederten Bewohner, die sich in ihrem Zuhause sichtlich wohlfühlen. Seit über 20 Jahren stellt Hermann Schmid (73) aus Rosenheim die Tiere kostenlos zur Verfügung und achtet auf deren Wohlergehen.
Schmid, der auch an der Spitze des Vogelzucht- und Vogelliebhabervereins Rosenheim steht, erledigt diese Aufgabe ehrenamtlich. Dankbar ist er dem Bauhof der Stadt, dessen Kurparkgärtner sich um die Sauberkeit im Gehege und die Fütterung der Bewohner kümmern. „Das ist eine problemlose Zusammenarbeit, ohne die die Einrichtung nicht betrieben werden könnte“, sagt Schmid.
Fachwissen in fast
allen Vogel-Fragen
Er stellt unter anderem sein Fachwissen beim Ankauf des Futters sowie bei der Auswahl und Haltung der Tiere zur Verfügung und achtet auf deren Gesundheit. „Im Bedarfsfall ziehe ich einen Tierarzt zu Rate. Wir gehen kein Risiko ein“, sagt der 73-Jährige. Auch die Beringung der Jungtiere zählt zu seinen regelmäßigen Aufgaben.
Ein Auge wirft er zudem darauf, dass die Altersmischung stimmt und keine Überpopulation entsteht. „Ich halte nichts davon, wenn man den Vögeln die Brutkästen wegnimmt, um diese Gefahr zu vermeiden. Das würde sie in ihrem natürlichen Verhalten einschränken“, erklärt der Experte, warum in der Voliere immer wieder Nachwuchs zur Welt kommt.
In ihr leben unter anderem Fasane, Wellen- und Nymphensittiche, Zebrafinken sowie Tauben. Auf Tafeln, die im Außenbereich angebracht sind, erhalten die Besucher genaue Informationen über den ursprünglichen Lebensraum der Tiere, ihre Vorlieben und Verhaltensgewohnheiten.
Damit stets genügend Platz für alle bleibt, verkauft Schmid regelmäßig Tiere auf Fachmärkten für Vogelliebhaber. Um sie in gute Hände abgeben zu können, nimmt der ehemalige Landschaftsgärtner hierfür durchaus auch längere Wege in Kauf. Unter anderem in Salzburg, Teisendorf oder in der Ingolstädter Gegend finden solche Tierbörsen statt, die für ihn immer wieder Ziele sind, um Vögel aus dem Bad Aiblinger Kurpark an neue Besitzer zu veräußern.
Die eher geringen Einnahmen, die Schmid damit erzielt, kommen den Vögeln im Kurpark zugute. „Ich mache meine Arbeit absolut ehrenamtlich und verdiene damit nichts“, sagt er. Im Gegenteil: Neben seiner Freizeit investierte er im Verlauf der Jahre so manchen Euro aus der Privattasche, damit die Voliere ihre große Attraktivität für Besucher beibehält. „Sie ist weit über den Landkreis hinaus die einzige Einrichtung dieser Größenordnung, die frei zugänglich und kostenlos zu besichtigen ist. Die Leute kommen bis aus München und von noch weiter her. Auch Schulklassen oder Kindergartenkinder gehören zu den regelmäßigen Besuchern“, berichtet Schmid.
Seine Liebe zu den gefiederten Artgenossen wurde ihm praktisch in die Wiege gelegt. Sein 1951 verstorbener Großvater, sein Vater und seine Brüder – sie alle waren Vogelzüchter. Als er 13 Jahre alt war, bekam Schmid seinen ersten Jagdfasan und eine Lachtaube. 1967 folgte der erste eigene Nymphensittich.
300 Mark brachte ihm ein Ferienjob ein, den er 1968 bei der ehemaligen Firma Krebs in Rosenheim ausübte, die Christbaumkugeln herstellte. Das ganze Geld musste er damals ausgeben, um sich einen Pracht- und einen Rosellasittich kaufen zu können. „Diese Vögel waren schon immer sehr teuer, aber sie waren mein ganzer Stolz“, bereut der Rosenheimer auch rückblickend diese Investition nicht.
Erfahrungen aus aller
Welt gesammelt
Sein Interesse an Vögeln führte ihn mehrfach in die weite Welt, um die Heimat der Tiere kennenzulernen und sie an ihren natürlichen Lebensorten zu bewundern. Dreimal war er deshalb in Australien, je einmal in Südamerika und Afrika. Ferne Länder sind auch die Heimat vieler Vögel, die im Kurpark leben. Übersichtlich gestaltete Tafeln versorgen die Besucher mit vielfältigen Informationen über sie.
Regelmäßig schaut Schmid bei den Bewohnern vorbei, setzt sich auf eine Bank im Außenbereich der Voliere und kann sich auch nach vielen Jahren immer wieder neu an den Tieren erfreuen. Dabei erhält er nicht selten sehr positive Rückmeldungen von Leuten, mit denen er ins Gespräch kommt.
„Probleme mit der Tierhaltung gibt es kaum. Wenn welche auftreten, lösen wir sie gemeinsam“, sagt er beispielsweise mit Blick auf einen Marderangriff vor ein paar Jahren, den einige Vögel nicht überlebten. „Der Bauhof hat sofort reagiert und eine Art zweites Schutzgitter eingezogen. Seitdem gab es einen solchen Vorfall nicht mehr“, weiß der Vogelzüchter. Weil er die Unterstützung der Kurparkgärtner sehr schätzt, ist Schmid ein längst bewährtes Ritual sehr wichtig. Alle Jahre lädt er sie zu einer Brotzeit und zum Eisessen ein.
Dreimal pro Woche versorgen die Kurparkgärtner nach Auskunft von Bauhofleiter Sepp Feuersinger die Vögel mit frischem Wasser und Futter. Auch Kräuter, Obst und Gemüse bereiten sie für die Tiere auf. Weitere drei- bis viermal pro Jahr erhalten die Vögel neue Hackschnitzel, die als Bodeneinstreu dienen. Das Säubern der Sitzstangen, die Anbringung des Winterschutzes, der Austausch des Inhalts der Sandbäder oder die Säuberung des Volierendachs sind weitere Tätigkeiten, die die Gärtner regelmäßig übernehmen.
Wenn Schmid hin und wieder Kritik erreicht, dann versucht er, mit Sachargumenten zu überzeugen. Dies gelang ihm beispielsweise auch bei einer Frau aus Großkarolinenfeld, die sich darüber empört hatte, „dass niemand mit den Fasanen spazieren geht.“ Er bat sie zum Gespräch und erklärte ihr, warum sich die Fasane für Spaziergänge nicht begeistern können. „Damit war das Thema erledigt“, so Schmid.
Der Gedanke, wer einmal seine Nachfolge antreten könnte, beschäftigt den Rosenheimer, der auch bei sich zu Hause noch Vögel hält, in zunehmendem Maße. „Solange es meine Gesundheit zulässt, werde ich mich um die Vögel kümmern“, verspricht er. Dennoch bereitet ihm die Tatsache schon ein wenig Kopfzerbrechen, dass sich im Moment keine konkrete Zukunftsregelung abzeichnet. Auch was den allgemeinen Trend im Hinblick auf die Liebe zur privaten Vogelhaltung betrifft, erwächst daraus im Moment kaum Optimismus für die Zukunft.
„Da stirbt langsam etwas aus“, sagt Schmid mit Bedauern. Wie ernst diese Sorge von Vogelliebhabern genommen werden muss, zeigt ihm ein Blick auf die Entwicklung des Rosenheimer Vogelzuchtvereins, der 1903 gegründet wurde und dem Schmid seit 1969 angehört. „Früher haben wir unter anderem große Ausstellungen in der Inntalhalle organisiert. Heute haben wir noch circa 45 Mitglieder, von denen nur noch rund ein Dutzend Vögel hält“, räumt der Vorsitzende mit hörbarer Wehmut in der Stimme ein.