Rosenheim – Selbst scannen, selbst zahlen: Selbstbedienungskassen häufen sich in immer mehr Geschäften. Auch in der Region. „Wir haben bereits im Jahr 2016 im Rahmen unseres Umbaus in Raubling die ersten Selbstbedienungskassen eingeführt und waren damit eines der ersten Unternehmen in unserer Region“, sagt Simon Mareth. Er ist Mitglied der Geschäftsführung bei Prechtl Lebensmittelmärkte. Ziel sei es gewesen, den Kunden eine moderne und flexible Möglichkeit zur Abwicklung ihrer Einkäufe zu geben.
Unkompliziertes Einkaufen
„Die Einführung der SB-Kassen hat den Kassiervorgang deutlich optimiert“, sagt Mareth. Kunden mit wenigen Artikel könnten ihre Einkäufe so schnell und unkompliziert selbst abwickeln. Größere Einkäufe könnten weiterhin effizient von den Mitarbeitern an den bedienten Kassen verarbeitet werden. „So entstehen kürzere Wartezeiten und ein insgesamt reibungsloser Ablauf“, sagt Mareth.
Neben Raubling, Brannenburg und Bad Aibling sollen in diesem Jahr auch in Bad Feilnbach Selbstbedienungskassen eingeführt werden. „Voraussichtlich wird dieser Standort als europaweiter Pilotmarkt für ein neues SB-Kassenmodell dienen“, verrät Mareth. Sollte sich dieses Modell bewähren, sei eine Einführung im zukünftigen fünften Standort in Oberaudorf geplant.
Auf Selbstbedienungskassen setzt man auch in einigen Edeka-Filialen – unter anderem in Rosenheim. „Selbstbedienungskassen sind für uns eine sinnvolle Ergänzung zu den klassischen Bedienkassen“, sagt eine Sprecherin auf OVB-Anfrage. Sie würden den Kunden eine flexible, schnelle Bezahlmöglichkeit bieten und hätten sich bereits in vielen Märkten bewährt. Durch die SB-Kassen werden der Sprecherin zufolge Wartezeiten reduziert. „Gleichzeitig können wir unsere Mitarbeiter stärker im Service- und Beratungsbereich einsetzen“, fügt sie hinzu.
Drei normale Kassen, sechs Selbstbediener
Im Zuge des Umbaus im August 2023 hat auch der Rewe-Markt an der Alten Spinnerei in Kolbermoor die Selbstbedienungskassen eingeführt, die im Fachjargon Self-Checkout-Kassen (SCO) genannt werden. Neben drei normalen Kassen, an denen die Kunden abkassiert werden, gibt es mittlerweile sechs Stück, an denen die Kunden ihre Waren selbst scannen und anschließend bezahlen können.
Der Rewe-Konzern will nach eigenen Angaben Selbstbedienungskassen aber nicht in allen Filialen anbieten, sondern „standortspezifisch“, wie Bianca Mittrach, Referentin Unternehmenskommunikation bei Rewe, erklärt. „Vor allem in Stadt-Supermärkten gibt es diese standortspezifisch hohe Nachfrage der Kunden nach diesen digitalen Bezahlmöglichkeiten, um den Einkauf schneller bezahlen zu können und nicht in der Warteschlange der traditionellen Kasse mit Band zu stehen.“ Mittlerweile gäbe es Filialen, in denen mehr als drei Viertel der Kunden diese Kassen nutzen. Auch in einigen Lidl-Filialen werden die Selbstbedienungskassen getestet. Erstmals hatten Kunden 2023 die Möglichkeit, ihre Waren selbst zu scannen, seitdem wurde das Angebot ausgeweitet. So gibt es derweil auch in der Filiale in Neuötting an der Braumeisterstraße 5 eine Selbstbedienungskasse. Grundsätzlich wird das Angebot herkömmliche Kassen jedoch nicht ersetzen. „Vielmehr bieten wir unseren Kunden einen zusätzlichen Service. Wir überlassen unseren Kunden die Wahl, welches Kassensystem sie nutzen möchten“, sagt die Lidl-Sprecherin. Das unterstreicht auch Simon Mareth von den Prechtl Lebensmittelmärkten: „Selbstbedienungskassen sind für uns eine ergänzende Möglichkeit, aber kein Ersatz für unsere freundlichen und kundenorientierten Mitarbeitenden. Der persönliche Kontakt und die individuelle Beratung bleiben zentrale Bestandteile unseres Serviceangebots und ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb.“
Checkout-Manager und Überwachung
Doch verleiten die Selbstbedienungskassen, an denen sich der ein oder andere Verbraucher vielleicht unbeobachteter fühlt, vermehrt dazu, auch mal Produkte unbezahlt mitgehen zu lassen? Explizite Angaben zum Rewe-Markt in Kolbermoor kann Mittrach bei dieser Frage nicht machen, aber: „Wir können nicht erkennen, dass Selbstbedienungskassen signifikanten Einfluss auf die Diebstahlquote eines Marktes haben.“ Zumal der Konzern auf Maßnahmen setzt, um etwaige Diebe bereits vor der Tat in die Schranken zu weisen – beispielsweise durch sogenannte Checkout-Manager an den Kassen, Videoüberwachung sowie sogenannten Exit-Gates, die Kunden nur mit dem Kassenzettel überwinden können. Die Checkout-Manager übernehmen laut Mittrach aber noch eine weitere Aufgabe: Denn sie „helfen auch sofort, sollte es bei den Kunden an den SCO-Kassen zu Handhabungsschwierigkeiten oder Technikproblemen kommen.“
Ladendiebstahl sorgt den Handelsverband
Einen Anstieg von Diebstählen an den Selbstbedienungskassen kann man auch in den Prechtl Lebensmittelmärkten nicht feststellen. Das bestätigt Simon Mareth auf OVB-Anfrage. Ein etwas anderes Bild zeichnet der Handelsverband Deutschland in einer Bilanz. Allerdings unabhängig von den Selbstbedienungskassen. So ist im Jahr 2024 durch Ladendiebstahl im Einzelhandel in Deutschland ein Schaden in Höhe von drei Milliarden Euro entstanden.
Organisierte Kriminalität im Fokus
Damit erhöhte sich der wirtschaftliche Schaden im Vergleich zu 2022 um insgesamt 20 Prozent. Ein Drittel der Schäden wird dabei durch organisierte Kriminalität verursacht.
Ein Blick auf das Rosenheimer Stadtgebiet unterstreicht die Aussage des Handelsverbands Deutschland. So hat es im vergangenen Jahr insgesamt 269 Diebstähle gegeben. Ein deutlicher Anstieg ist bereits in diesem Jahr zu verzeichnen. In den vergangenen sechs Monaten kam es bereits zu 302 Diebstählen. „Supermärkte machen zwei Drittel der Tatorte aus“, bestätigt Hauptkommissar Robert Maurer.
„So kann es nicht weitergehen. Eine solch dramatische Entwicklung kann und darf von der Politik nicht mehr ignoriert werden“, so der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland, Stefan Genth.