Schönheits-OPs: Vorher-Nachher-Fotos verboten

von Redaktion

Interview Dr. Florian Sandweg ordnet das BGH-Urteil gegen „Dr. Rick“ und „Dr. Nick“ ein

Rosenheim – Paukenschlag im Schönheits-Kosmos: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Werbung mit Vorher-Nachher-Fotos auch bei minimalinvasiven Schönheitseingriffen nicht erlaubt ist. Heißt also: Wer Filler spritzt, um Fältchen zu entfernen oder Nasen zu begradigen, darf nicht mit den Ergebnissen werben. Entstanden ist das Urteil durch eine Klage der Verbraucherzentrale NRW gegen die Schönheitsklinik Aesthetify der Influencer „Dr. Rick und Dr. Nick“. Der Rosenheimer Schönheitschirurg Dr. Florian Sandweg erklärt im Gespräch mit dem OVB, wie er die BGH-Entscheidung einschätzt, was sie für Heilpraktiker bedeuten könnte und wann dennoch Vorher-Nachher-Fotos gezeigt werden dürfen.

Wie beurteilen Sie die neueste BGH-Entscheidung zu Vorher-Nachher-Bildern bei Filler-Behandlungen?

Prinzipiell heiße ich die Regelung in Deutschland, die im Heilmittelwerbegesetz festgeschrieben ist, für ungut. Denn nur deutschen Chirurgen ist es verboten, Vorher-Nachher-Bilder zu zeigen. Alle anderen Ärzte in Europa dürfen Vorher-Nachher-Bilder auf ihren Websites und Social-Media-Profilen zeigen. 

Nun wurde dieses Verbot sogar noch ausgeweitet…

Die Filler-Behandlungen bei diesem Verbot einzuschließen, finde ich in gewisser Weise wieder gerecht. Hinzu kommt noch ein weiterer interessanter Aspekt: In der Urteilsbegründung steht ja, dass die Veränderung der Körperfläche durch Filler-Material mit einer Nadel und einer Spritze einem plastisch-chirurgischen Eingriff gleichzusetzen ist. Die zwei, die da beklagt wurden und verloren haben, sind Ärzte. Aber hierzulande dürfen auch Heilpraktiker Filler spritzen – und somit nach dem aktuellen Urteil auch plastisch-chirurgische Eingriffe durchführen, obwohl sie keine Ärzte sind.

Ändert sich dadurch etwas für Heilpraktiker?

Ich hoffe sehr. Für die gilt übrigens dieses Verbot nun auch. 

Finden Sie es also gut, dass die Filler-Behandlungen nun als plastisch-chirurgischer Eingriff gelten?

Nein, das finde ich absurd. Plastische Chirurgen sind Fachärzte. So darf man sich nur nennen, wenn man eine sechsjährige Facharztausbildung und eine Facharztprüfung hinter sich hat. Und die plastische Chirurgie beinhaltet ja nur zu einem Viertel ästhetische Chirurgie. Es gibt vier Säulen: die Ästhetik, die rekonstruktive Chirurgie, die Verbrennungschirurgie und die Handchirurgie. Wir können so viel mehr, als mit einer Spritze und mit Filler die Kieferpartie zu betonen oder Fältchen wegzumachen. Aber ich finde es richtig, auch die, die ausschließlich mit Spritzen hantieren, so zu behandeln wie uns.

Können Sie dem Verbot auch etwas Gutes abgewinnen?

Die Absicht hinter diesem Verbot ist, die Patienten vor marktschreierischer Werbung zu schützen. Man darf zudem nicht außer Acht lassen, dass Vorher-Nachher-Vergleiche digital bearbeitet sein können. Von daher ist das Verbot richtig, solange es zum Beispiel noch keine Kennzeichnungspflicht für digital bearbeitetes Bildmaterial in Deutschland gibt. Der Gesetzgeber ist der Meinung, dass Patienten durch Vorher-Nachher-Bilder den Eindruck erhalten, sie würden nach einem Eingriff genau so aussehen. Aber das muss ja nicht immer so sein. Andererseits: Wenn jemand Vorher-Nachher-Bilder zeigt, kann er damit auch zeigen, dass er es kann – oder eben nicht. 

Spricht man damit den Patienten nicht eine gewisse Mündigkeit ab?

Mit den Bildern hätte der Patient eine Auswahl – vorausgesetzt, die Bilder sind nicht bearbeitet. Ich glaube, im Moment gehen viele Menschen zu Kollegen, die einen super Instagram-Account haben, witzig sind und trendy auftreten. Da denken die Patienten: „Der hat 20000 Follower, der muss super sein.“ Dann lassen sie sich operieren und stellen vielleicht fest: „Oh, da ist etwas schiefgelaufen“. So etwas könnte mit unbearbeiteten Vorher-Nachher-Bildern verhindert werden.

Aber dürfen Sie in Ihrer Sprechstunde den Patienten solche Bilder vorlegen?

Ja, das ist zum Glück erlaubt. So kann ich dem Patienten auch einen Eindruck vermitteln, wie das Ergebnis eines Eingriffs aussehen kann und ob es das ist, was sie sich wünschen. Zudem hat man die Möglichkeit, im direkten Gespräch mögliche Risiken genau zu erläutern. Und auch hier können Vorher-Nachher-Bilder hilfreich sein.

Sie zeigen auf Ihrem Instagram-Account dennoch vereinzelt Vorher-Nachher-Fotos. Gibt es Fälle, in denen es erlaubt ist?

Ja. Erlaubt ist es, wenn die Operation eine medizinische Begründung hat. Bei einer Nasen-OP wäre das beispielsweise eine schiefe Nasenscheidewand, welche die Atmung behindert. Das gibt es aber unter anderem auch bei Bauchdeckenstraffungen oder Brustverkleinerungen.

Denken Sie, dieses Verbot wird auch einen Einfluss auf die Jugend haben, die sich ja oftmals leichter durch Soziale Medien und die dortigen Stars beeinflussen lässt? Die beklagten Ärzte sind medial ja auch sehr präsent.

Ich habe mich mit den beiden nie wirklich beschäftigt und weiß nicht, wen sie behandelt haben. Es ist allerdings allgemein bekannt, dass man sehr viel mehr Patienten bekommt, wenn man einen berühmten Menschen behandelt und das Ergebnis gut ist. Carmen Geiss hatte ja zum Beispiel auch ein Facelift bei einem Kollegen im Schwarzwald. Ich bin mir sicher, dass ihm mittlerweile die Bude eingerannt wird. Wenn diese beiden Ärzte die Ergebnisse ihrer Kunden jetzt nicht mehr zeigen dürfen, wirkt sich das wahrscheinlich schon negativ aus. 

Interview: Patricia Huber

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