Rosenheim/Bad Aibling – Dass die Lage ernst ist, war allen Beteiligten relativ schnell klar. Am Freitag, 15. August, wurde die Polizei darüber informiert, dass eine 74-jährige Frau vermisst wird. „Wir sind dann sofort zu ihrer Adresse gefahren“, erinnert sich Polizeihauptkommissar Robert Maurer. Zudem wurden Bekannte und Verwandte der Frau befragt, ob sie wüssten, wo sich die 74-Jährige aufhalten könnte.
Nachdem auch die Ortung des Handys ins Leere verlaufen und eine Suche mit der Drohne erfolglos geblieben war, wurde die Rettungshundestaffel von den Johannitern Rosenheim und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) verständigt. „Bei einem Einsatz werden die Suchhundeteams von der Einsatzleitung alarmiert und fahren dann mit ihren Helfern direkt zum Einsatzort“, sagt Bastian Schulte.
Seit 45 Jahren
ehrenamtlich dabei
Seit einem Jahr ist er der Staffelleiter, seit 45 Jahren ehrenamtlich bei der DLRG tätig. „Ich bin da familiär reingewachsen“, sagt er. Seine Eltern seien bei der DLRG gewesen, seine Großeltern auch. Schulte habe erst eine Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung gemacht, entschloss sich dann vor neun Jahren dazu, Teil der Rettungshundestaffel zu werden.
Insgesamt gibt es bei der Rettungshundestaffel drei Sparten. Da wären zum einen die sogenannten Mantrailer, also Spürhunde, die anhand einer Geruchsprobe die Spur der vermissten Person verfolgen. „Mantrailer können Spuren wahrnehmen, die Stunden oder sogar Tage alt sind“, sagt Bastian Schulte.
Neben den Mantrailern gibt es auch Flächensuchhunde, die oft in unwegsamen Gelände oder in großen Gebieten eingesetzt werden. Sie sind – anders als die Mantrailer – ohne Leine unterwegs und lediglich mit einer Kenndecke ausgestattet. „Flächensuchhunde suchen nicht nach einer bestimmten Person, sondern generell nach menschlichen Geruchsspuren“, erklärt der Staffelleiter. Die Vierbeiner könnten ihm zufolge 60000 Quadratmeter innerhalb kürzester Zeit absuchen.
Die dritte Sparte sind die sogenannten Wasserorter. Sie kommen dann zum Einsatz, wenn es Angaben darüber gibt, dass eine Person möglicherweise ertrunken ist oder um auszuschließen, dass eine vermisste Person sich in einem angrenzenden Gewässer befindet.
Die Hunde arbeiten vom Boot aus, tragen eine Warnweste und können durch klare Signale angeben, an welcher Stelle im Wasser sich der Vermisste befinden könnte. „Die Hunde sind in der Lage, Menschen anzuzeigen, die sich auch in rund 50 Meter Wassertiefe befinden“, sagt der Staffelleiter stolz. Denn befindet sich eine Person im Wasser, steigen die Geruchsstoffe von ihr an die Oberfläche. Wittert der Hund diese, zeigt er es seinem Hundeführer an. Das ist für Einsatztaucher, welche für die Rettung des Vermissten zuständig sind, Schulte zufolge eine große Hilfe, da diese oft schon bei geringer Tiefe eine schlechte Sicht haben und so gezielter die Person bergen können.
Bei der Suche ist eine
gute Taktik wichtig
Bevor eine Suche losgeht, wird die Taktik besprochen, wie die unterschiedlichen Hundesparten zusammenarbeiten können. Für die Mantrailer – die auch bei der 74-Jährigen im Einsatz waren – wird zudem eine Geruchsprobe der vermissten Person benötigt.
„Hierzu macht sich ein geschultes Mitglied der Staffel auf den Weg zu einem der letzten bekannten Aufenthaltsorte“, sagt Schulte. Das kann die Wohnung oder ein Zimmer in einem Pflegeheim sein. Auch ein abgestelltes Fahrzeug kann genutzt werden. „Wir brauchen ein Geruchsstück, das durch keinen Fremdgeruch kontaminiert wurde“, sagt der Staffelleiter.
Ideal sei beispielsweise ein häufig getragenes Kleidungsstück, das noch im Wäschekorb liegt. Auch andere Artikel, die eindeutig der vermissten Person zugeordnet werden können, werden genutzt. Anschließend bekommt der Mantrailer die Geruchsprobe und die Suche beginnt.
Meistens starten Mantrailer mit der Personensuche, um die Richtung vorzugeben, in welche eine vermisste Person zu suchen ist. Unterstützt werden sie von den Flächensuchhunden, die schnell umliegende Wälder, Felder oder schwer zugängliche Gebiete absuchen können.
„In der Regel nehmen unsere Suchen ein positives Ende“, sagt der Staffelleiter. Im Falle der 74-Jährigen kam jedoch jede Hilfe zu spät. Schulte erzählt von anderen Suchaktionen am Bahnhof. So könne der Hund genau anzeigen, an welcher Stelle der Vermisste in den Zug gestiegen ist. „Sogar die Fahrtrichtung können sie angeben“, sagt Schulte.
Prinzipiell sei jeder Hund dafür geeignet, Teil der Rettungshundestaffel zu werden. „Nur ein Mops ist aufgrund seiner Genetik vielleicht im Nachteil“, sagt der Staffelleiter und lacht. Insgesamt besteht das Aiblinger Team aus 28 Ehrenamtlichen und 30 Hunden. „Wir sind sehr gut aufgestellt“, sagt Schulte. Auf der Suche nach Ehrenamtlichen sei man trotzdem immer wieder.
Aber, auch das macht der Staffelleiter deutlich, wer sich dafür interessiert, muss viel Zeit einplanen. Nicht nur für die Trainingseinheiten, die zweimal in der Woche stattfinden, sondern auch für die jeweiligen Ausbildungen. So wird den Ehrenamtlichen unter anderem beigebracht, wie sie mit einem Funkgerät umzugehen haben. Sie müssen unter anderem eine Sanitätsausbildung machen, wissen, wie sie ihren Hund verarzten können und wie sie mit einem GPS richtig umgehen.
Anschließend folgen Eignungstests, eine Gehorsamkeitsprüfung und die eigentliche Hauptprüfung, die alle zwei Jahre wiederholt werden muss. „Gleich zu Beginn kann man sich entscheiden, in welcher Sparte man tätig sein will“, sagt Bastian Schulte. Derzeit wird überlegt, auch Trümmerhunde auszubilden, die beispielsweise in eingestürzten Häusern nach Personen suchen können.
„Die Zusammenarbeit mit den einzelnen Rettungshundestaffeln läuft richtig gut“, sagt Hauptkommissar Robert Maurer. Gerade im Stadtgebiet sei der Einsatz der Vierbeiner Gold wert. Denn oft stoße ein Hubschrauber hier an seine Grenzen. „Derzeit haben wir keinen offenen Vermisstenfall“, sagt Maurer. Eben auch dank der Rettungshundestaffel.