„Wiesnluke“ – der starke Mann im Auer

von Redaktion

Schon länger kellnert Lucas Inninger aus Bad Aibling auf dem Rosenheimer Herbstfest und dem Münchner Oktoberfest. Die Videos, die er davon auf Instagram teilt, haben mittlerweile schon mehrere Millionen Aufrufe. Dem OVB verrät er, ob sich der Job lohnt und warum das Kellnern auf der Wiesn gefährlich sein kann.

Rosenheim/Bad Aibling – Sieben Masskrüge in jeder Hand oder ein Tablett mit fast 20 Tellern und Schüsseln auf den Schultern. Für Lucas Inninger ist das aktuell Alltag. Der 23-Jährige aus Bad Aibling kellnert auf dem Herbstfest in Rosenheim. Und hat mit den Videos davon auf seinem Instagram-Account schon fast 70000 Follower angesammelt.

„Seit vier Jahren kellnere ich jetzt schon in der Auerbräu Festhalle“, erzählt Inninger, der sich auf Instagram „Wiesnluke“ nennt, am Telefon. Und auch auf dem Oktoberfest in München arbeitet er bereits seit drei Jahren. „Zuerst im Schützenfestzelt und dieses Jahr in der Ochsenbraterei.“ Angefangen mit dem Kellnern hat er aber schon davor. „Ich hatte einen Nebenjob in der Gastro“, so der Bad Aiblinger. Ein Kollege von ihm arbeitete damals schon auf dem Herbstfest und fragte ihn, ob er das nicht auch ausprobieren wolle.

15 Masskrüge
auf einmal

Anfangs war das aber gar nicht so leicht, wie sich Inninger erinnert. „Es war schon schwierig, die ganzen Abläufe zu verstehen“, sagt er. Zu wissen, wo man am besten hinläuft, welche Leute man zuerst bedient, wer zuerst da war. „Man muss es ja schon gut takten, damit beispielsweise das Essen noch warm ist“, erklärt der Bad Aiblinger. Und auch an die körperliche Belastung müsse man sich erst einmal gewöhnen.

Wenn in der Festhalle Hochbetrieb herrscht, muss Inninger schon mal 15 Masskrüge auf einmal tragen. Bei ihm geht aber noch mehr: „Ich kann 18 auf einmal nehmen. Das macht man aber im Normalfall nicht.“ Nur auf dem Oktoberfest komme das selten mal vor, sei aber dann auch mehr Show. „Manche Gäste bieten den Kellnern dafür zum Beispiel mal 200 Euro“, erzählt Inninger. Im normalen Betrieb ist er die meiste Zeit mit 14 Masskrügen unterwegs. Trainieren musste er dafür nicht, wie er selbst sagt. „Das ist einfach eine Taktik, die man sich aneignet.“ Mit der Zeit merke man, wie man die Krüge am besten verteilt. „Die Henkel positioniere ich zueinander und die siebte Mass stelle ich obendrauf.“ Hört sich leichter an, als es ist, das weiß auch „Wiesnluke“. „Insgesamt kommen da schließlich über 32 Kilo zusammen“, betont er.

Obwohl das Tragen der vielen Krüge nicht ganz einfach ist, hat er bisher noch keinen fallen lassen. „Das müsste ich dann auch selbst zahlen“, erklärt der 23-Jährige. Denn sobald das Bier aus der Schenke geht, gehört es quasi ihm. „Ich muss es erst wieder an den Gast verkaufen.“ Beim Essen sei das genauso.

Auf dem Oktoberfest läuft es für die Bedienungen etwas anders, als in der normalen Gastronomie. „Du musst mit Startkapital hineinkommen“, sagt Inninger. Davon müsse man Essen und Getränke kaufen. „Ich gehe also in Vorkasse, bin wie ein Selbstständiger, aber dennoch angestellt“, erklärt der Herbstfest-Kellner. Auch den klassischen Stundenlohn gibt es ihm zufolge nicht, stattdessen eine Beteiligung am Umsatz.

Aber lohnt sich das? „Auf jeden Fall“, sagt der Bad Aiblinger Kellner und lacht. „Als Wiesnbedienung muss man aber auch einiges wegstecken können.“ Stress, körperliche Anstrengung und auch mal ungeduldige und betrunkene Gäste. Trotzdem ist Inninger gerne auf dem Herbstfest in Rosenheim. „Ich mag das Miteinander, man kennt viele Leute, die Bedienungen untereinander verstehen sich gut“, betont er. Auch mit den Leuten aus der Küche und vom Ausschank stimmt die Chemie.

„Wenn dann die Gäste noch happy sind, weil sie schnell ihr Essen bekommen haben und es geschmeckt hat, macht mich das glücklich“, sagt Inninger. Am schönsten sei auf dem Herbstfest aber das Heimatgefühl, das sich auch für den Bad Aiblinger auf der Wiesn immer wieder einstellt.

Inninger selbst hat auf dem Herbstfest aber wenig Zeit, sich zu vergnügen. „Ich stehe morgens auf, mache mich fertig, gehe zur Arbeit. Und abends ist es nicht viel mehr als Zähneputzen und wieder ins Bett fallen“, erzählt er und lacht. Als Kellner arbeitet er jeden Tag 15 Stunden. „Manche gehen danach noch feiern, aber da bin ich nur selten dabei“, sagt Inninger. Insgesamt sind in der Auerbräu Festhalle 130 Kellner im Einsatz, wie Auerbräu-Pressesprecher Eric Burzinski auf Anfrage mitteilt. „Diese sind auch essenziell und das Herzstück in der Festhalle“, betont er. Ohne die Bedienungen sei die Umsetzung des Herbstfestes unmöglich, sonst kämen Bier und Essen schließlich nicht zum Gast. „Aber vor allem für die Stimmung, die unsere Bedienungen in die Festhalle bringen, sind wir dankbar“, sagt Burzinski. 16 Tage dauert das Herbstfest und so lange muss „Wiesnluke“ durchhalten. Damit das klappt, hat er einige Routinen in seinen Alltag eingebaut. „Morgens wärme ich immer meine Gelenke auf, schaue, dass ich in Bewegung bleibe“, verrät er. Während der Schicht trinke er viel Wasser und nehme auch mal Elektrolyte.

Gefährlich kann der Job dennoch werden, das weiß Inninger auch. „Auf dem Oktoberfest ist vergangenes Jahr eine Kellnerin mit den Masskrügen in der Hand gestolpert und hingefallen“, erinnert er sich. Die Krüge seien zerbrochen und an den Scherben habe sie sich das ganze Gesicht aufgeschnitten. Ein anderer Kellner habe sich in einer ähnlichen Situation an den Pulsadern verletzt. „Da kann schon einiges passieren. Man muss mit dem Kopf immer dabei sein und auch auf passendes Schuhwerk achten“, sagt Inninger.

Schwierig sei es vor allem für die Galeriekellner, denn die müssen immer wieder Treppen hoch- und runterlaufen. Theoretisch könne aber jeder Kellner stolpern oder auf dem rutschigen Boden an der Schenke ausrutschen. Angst, dass ihm das mal passiert, hat Inninger aber nicht. „Das darf man gar nicht im Kopf haben“, sagt er. Einfach ausblenden und achtsam sein, das ist seine Devise. In sozialen Netzwerken wie Tiktok und Instagram hat „Wiesnluke“ mittlerweile schon einige Videos von seiner Arbeit als Kellner geteilt. Eines davon hat auf Instagram über 17 Millionen Aufrufe und fast 700000 Likes. „Vergangenes Jahr auf der Wiesn habe ich mit den Videos angefangen“, erzählt der 23-Jährige. Er habe es einfach mal ausprobieren wollen. Und bei den Nutzern sei der Content gut angekommen. „Ich glaube, die Leute sehen das einfach gerne“, vermutet er. An stressigen Tagen klappt es weniger gut, weil meist keiner Zeit habe, ihn zu filmen. Aber ansonsten sei das nicht so aufwendig.

Hauptberuflich
Metallbauer

Eigentlich ist Inninger hauptberuflich als Metallbauer tätig. Für das Herbstfest und das Oktoberfest nimmt er sich Urlaub. Doch obwohl das so anstrengend ist, macht es dem 23-Jährigen nicht viel aus, danach gleich wieder in den Arbeitsalltag zurückzukehren. „Ich kann das noch relativ gut wegstecken“, sagt er. Das muss er auch, denn vor ihm liegen noch einige Tage voller Masskrüge und Teller, bevor nach dem Herbstfest wieder Normalität einkehrt.

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