„Ein Helles zu brauen, ist die Königsklasse“

von Redaktion

Interview zum Tag des Handwerks Braumeister Josef Kronast über das perfekte Bier

Rosenheim – Ein kühles Bier gehört für viele dazu. Auf dem Herbstfest, im Stadion ober bei einem gemütlichen Abend auf der Terrasse. Bis das Helle, Weißbier oder Pils getrunken werden kann, braucht es aber mehrere Monate – und jede Menge Arbeit und Fingerspitzengefühl. Zum heutigen Tag des Handwerks gibt der Braumeister und Betriebsleiter der Brauerei Auerbräu, Josef Kronast, einen ein Einblick in die Kunst des Brauens. Im Gespräch mit dem OVB verrät er, wie viel ein Braumeister bei der Arbeit trinkt, wie lange es dauert, bis das Bier fertig ist und wie es um den Nachwuchs bei den Brauern steht.

Welches Bier trinken Sie am liebsten?

Ein klassisches Helles. Das passt eigentlich zu allen Anlässen und schmeckt mir am besten. Ein gutes Helles zu brauen, ist auch die „Königsklasse“ beim Bierbrauen. Aber für besondere Anlässe, wie zum Beispiel das Herbstfest, finde ich auch das Märzen mit seiner schönen Bernsteinfarbe, das wir ja nicht das ganze Jahr brauen, sehr gut.

Und an heißen Sommertagen ist ein kühles Weißbier mit mehr Kohlensäure sehr erfrischend. Es hängt auch immer von der Jahreszeit und dem Anlass ab.

Und welches Bier mögen Sie nicht?

Mir persönlich schmecken dunkle Biere nicht so gut, aber das ist Geschmackssache. Wir leben zum Glück in einer Bierkultur, in der es viele verschiedene Biere gibt und für jeden Geschmack das Richtige dabei ist.

Wie steht es um die Vorlieben der Rosenheimer?

Das beliebteste Bier ist nach wie vor das Helle. Das ist jetzt seit längerer Zeit schon so. Auch der Weißbier-Hype, den es in den vergangenen Jahren gegeben hat, hat wieder ein bisschen abgenommen.

Alkoholfreie Biere werden immer beliebter – warum eigentlich?

Das hat mehrere Gründe. Einer ist, dass die alkoholfreien Biere, mit denen es in den 1970er- oder 80er-Jahren losging, bei Weitem nicht die Qualität hatten, wie wir sie jetzt haben. Das hat sich wahnsinnig weiterentwickelt und verbessert. Mittlerweile gibt es verschiedene Methoden, bei denen interessante alkoholfreie Biere herauskommen.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel können wir heute mit speziellen Hefen arbeiten, die keinen Alkohol bilden. Außerdem gibt es inzwischen die sogenannten Membranfiltrationen, mit denen man dem fertigen Bier wieder den Alkohol entziehen kann. Aufgrund der neuen Methoden sind verschiedene Geschmäcker möglich, was die Nachfrage steigen lässt – teilweise wird alkoholfreies Bier um 20 bis 25 Prozent mehr verkauft. Ein weiterer Grund könnte sein, dass einige auch gesundheitsbewusster leben wollen und auf alkoholfreie Biere setzen.

Wie groß ist denn der Unterschied beim Brauen zwischen dem „normalem“ und dem alkoholfreiem Bier?

Das kommt auf die Methode an. Wenn ich ein fertiges Bier entalkoholisiere, ist es nur ein Schritt vor dem Abfüllen. Wenn ich mit einer Hefe arbeite, die keinen Alkohol bildet, muss ich bereits im Sudhaus eine andere Maischrezeptur verwenden, also eine eigene Sorte einbrauen.

Klingt aufwendig. Wie lange dauert es von der Ernte bis zum Abfüllen in die Flasche?

Vom Feld in die Flasche, da kann man schon von mehreren Monaten sprechen. Die Ernte der Braugerste startet meist im Juli, die wird dann gedroschen und kommt in die Mälzerei. Mälzen heißt, dass aus der Rohfrucht – Gerste oder Weizen – Malz hergestellt wird, da wir nach dem Reinheitsgebot keine Rohfrüchte verwenden dürfen. Der Mälzungsprozess dauert rund sieben bis acht Tage, danach muss das Malz für mehrere Wochen in einem Silo ruhen. In der Brauerei gehts dann zum Sudprozess, das dauert je nach Biersorte bis zu acht Stunden. Danach wird das Ganze abgekühlt und es geht für acht Tage in den Gärkeller. Und dann beginnt der tatsächlich längste Prozess: die Reifung im Lagerkeller bei niedrigen Temperaturen. Da kommen noch mal vier bis fünf Wochen dazu.

Was ist Ihr Lieblingsschritt beim Brauen?

Die schönste Aufgabe ist natürlich die Verkostung des fertigen Bieres (lacht). Man schaut sich die Farbe an, überprüft, ob der Schaum feinporig ist, man riecht, ob der typische Geruch für das Bier da ist. Bei einem Hellen ist es eher ein reiner Geruch, bei einem Weißbier habe ich eine fruchtige Note und bei einem Pils möchte man die Hopfenöle wahrnehmen. Aber auch alle anderen Prozesse sind schön. Das beginnt schon mit der Malzlieferung, bei der man das Malz in die Hand nehmen und fühlen kann. Jeder Schritt, bei dem man seine Sinne einsetzen kann und das Bier in tausende Parameter analysiert werden kann, hat etwas für sich.

Wie viel Bier trinkt ein Braumeister eigentlich bei der Arbeit?

Das hat sich in den vergangenen Jahren sehr geändert, in den 1940er-, 50er- und 60er-Jahren war das mit Sicherheit noch anders. Während der Arbeitszeit trinkt man tatsächlich gar nichts, wir bedienen ja auch Maschinen in der Brauerei. Natürlich gibt es Verkostungen, aber das sind medizinische Mengen.

Wie kamen Sie zum Braumeister?

Ganz am Anfang fiel die Entscheidung, den Ausbildungsberuf Brauer und Mälzer zu lernen. Ich bin durch Zufall auf den Beruf gestoßen. Überzeugt war ich aber ganz schnell. Weil man mit verschiedenen Dingen in Berührung kommt. Von Anfang an hat mich begeistert, dass man mit natürlichen Rohstoffen, die idealerweise sogar in Bayern wachsen, arbeiten kann. Und das Brauen betrifft viele Bereiche, zum Beispiel gehört mit den Gärungsprozessen die Biologie dazu, man braucht aber auch Kenntnisse aus der Maschinenkunde und Physik. Und am Ende steht ein Produkt, das zur Lebensfreude beiträgt, meist zu schönen Anlässen getrunken wird und bestimmt schon den ein oder anderen Konflikt gelöst hat (lacht).

Wie sieht der Arbeitsalltag eines Braumeisters aus?

Meistens beginnt er früh und endet spät. Ein Kollege hat mal gesagt: Qualität kommt von Quälen. Ganz so schlimm ist es aber nicht (lacht). Dennoch muss man sich um alles kümmern, die Reifungsprozesse kennen keine Wochentage oder Tages- und Nachtzeiten. Da muss auch am Wochenende mal kontrolliert werden, ob die Gärtemperaturen passen oder die Kühlung ohne Probleme läuft. Der Tagesablauf ist immer unterschiedlich. Aber es gibt ein paar feste Faktoren. Ich gehe zum Beispiel alle Abteilungen ab und frage, ob alles reibungslos gelaufen ist. Oder ich schaue in den Gärkeller, ob dort alles passt. Dann muss man sich um den Sudplan, die Abfüllpläne oder die Bestände von Malz und Hopfen kümmern. Ein klassischer Nine-to-five-Job ist es nicht.

Wie sieht’s denn da mit dem Nachwuchs aus?

Ich bin jetzt ein paar Jahrzehnte im Geschäft und Nachwuchsprobleme hatten wir nie. Wir haben gerade bei Auerbräu sechs Brauerinnen, darunter zwei in Ausbildung, das ist außergewöhnlich in der Branche. Es gibt viele junge Menschen, die sich für den Beruf interessieren, weil er sehr spannend und komplex ist. Über ein Praktikum kann man auch schauen, ob das was für einen ist. Man muss schon mit den Gerüchen und den Gegebenheiten wie dem heißen Sudhaus im Sommer klarkommen. Ich habe das Brauen aber nie nur als Job verstanden, sondern auch immer als Berufung und Passion. Ich würde es immer wieder machen.

Interview: Julian Baumeister

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