Rosenheim – Die Beschwerden kamen über Nacht. Die Nase war zu, der Hals schmerzte und der Kopf fühlte sich dumpf an. „Ohne Nasenspray ging gar nichts mehr“, sagt ein Rosenheimer, der lieber anonym bleiben möchte. Auch Reizhusten, ständiges Räuspern und Schwindel habe er gehabt. Ganz ähnlich erging es einer Frau aus Rosenheim. Die 35-Jährige, die ihren Namen ebenfalls nicht lesen möchte, fühle sich seit Tagen „sehr schlapp und wahnsinnig müde.“ „Besonders schlimm sind die krassen Kopfschmerzen“, sagt sie. Während der Rosenheimer auf dem Weg der Besserung sei, brachte bei der 35-Jährigen ein Schnelltest Klarheit: Sie hat Corona.
Krankheiten beginnen mit Ende der Festzeit
Was beide gemeinsam haben: der Zeitpunkt, als die Symptome losgingen. „Tag eins nach der Wiesn war ich wie tot“, sagt der Rosenheimer. Auch bei der 35-Jährigen ging es am Montag, 15. September, nach dem Herbstfest los. „Seit Dienstag liege ich richtig flach“, sagt sie. Mit ihren Beschwerden sind die beiden im Moment wohl aber nicht alleine. Von immer mehr Menschen ist zu hören, dass sie seit dem Herbstfest krank sind.
Bestätigen kann das Dr. Michael Iberer. Er ist Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Rosenheim und hat selbst eine Praxis in der Stadt. „Wir sehen derzeit tatsächlich einen Anstieg von Patienten mit akuten Infekten der Atemwege“, sagt er auf OVB-Anfrage. Seit Beginn des Herbstfestes und parallel zu den ersten kühleren Tagen kämen deutlich mehr Menschen mit entsprechenden Beschwerden. „Das ist ein Phänomen, das wir jedes Jahr im Spätsommer und Herbst beobachten – aktuell ist die Belastung der Praxen aber spürbar erhöht“, betont der Mediziner.
Symptome typisch
für grippale Infekte
Die Beschwerden, mit denen die Patienten zu ihm kommen, seien dabei typisch für grippale Infekte. Sie reichen von Husten, Schnupfen, Halsschmerzen über Kopfschmerzen bis zu einem allgemeinen Krankheitsgefühl. Teilweise seien auch Fieber und Gliederschmerzen dabei. „Zusätzlich diagnostizieren wir aktuell wieder häufiger Corona-Infektionen – diese verlaufen bei den meisten Menschen zwar nicht schwer, führen aber ebenfalls zu Arbeits- und Schulausfällen“, sagt Michael Iberer.
Für die anderen Erkrankungen könne man durchaus den im Volksmund geläufigen Begriff „Wiesn-Grippe“ verwenden. „Das beschreibt im Grunde genau die Situation: Viele Menschen treffen sich in geschlossenen Räumen, es gibt engen Kontakt und damit eine ideale Gelegenheit für Viren, sich zu verbreiten“, sagt Iberer. Hinzu komme die Jahreszeit mit den schwankenden Temperaturen und den kühleren Witterungsverhältnissen, die das Immunsystem zusätzlich fordern. „Solche Infektwellen Mitte September sind daher keineswegs ungewöhnlich, sie verstärken sich aber durch große Feste wie das Herbstfest“, sagt Michael Iberer.
Auswirkungen erst jetzt zu erkennen
Beim Rosenheimer Gesundheitsamt sind die steigenden Infekte – sowohl die klassischen Erkältungen als auch Corona – hingegen noch nicht angekommen. „Aktuell können wir auf regionaler Ebene keinen signifikanten Anstieg meldepflichtiger Erkrankungen beobachten“, teilt Pressesprecherin Sibylle Gaßner-Nickl mit. Sie sagt aber auch: „Für eine Abschätzung ist es noch zu früh.“ Erst in ein bis zwei Wochen könne die Situation genauer abgeschätzt werden. Auch, weil dann der Schul- und Kindergartenanfang sowie das Oktoberfest in die Zahlen mit einfließen.
Zumal man im Zusammenhang mit dem Herbstfest berücksichtigen müsse, dass die Rosenheimer Wiesn auch überregionale Besucher von außerhalb anzieht, gibt die Pressesprecherin zu bedenken. Dadurch verteile sich das Infektionsgeschehen und sei so in Rosenheim nicht besonders betrachtenswert – „noch nicht“, sagt Gaßner-Nickl. Bislang bewegen sich ihr zufolge die Zahlen für Corona im ein- bis niedrigen zweistelligen Bereich pro Woche. Bei der Grippe sei es derzeit pro Woche maximal ein Fall. Wen es doch erwischt hat, für den ist wohl oft die Apotheke die erste Anlaufstelle. Dort halte sich der Ansturm aber ebenfalls noch in Grenzen, bestätigt Markus Bauer, Inhaber der Alten Apotheke und der Römerapotheke in Rosenheim. In der ein oder anderen Filiale könne zwar mehr los sein, aber auch er sagt, dass dies für die Jahreszeit nichts Ungewöhnliches ist.
Erhöhte Nachfrage
an Erkältungsmitteln
„Es gibt sicher eine erhöhte Nachfrage an Erkältungsmitteln wie Nasenspray oder Halstabletten, besonders dramatisch ist es heuer aber nicht“, sagt Bauer. Und wenn es bei dem ein oder anderen schlimmer wird, seien die Apotheken auch rund um die Uhr da, versichert er.