Protest gegen „Kollektivstrafe“

von Redaktion

Die Rahmenbedingungen waren perfekt: Strahlender Sonnenschein, trockene Straßen, friedliche Biker. Etwa 2000 Menschen demonstrierten am Samstag gegen die einseitige Sperrung der Sudelfeldstrecke. Einer von ihnen hätte das fast mit seinem Leben bezahlt.

Rosenheim – „Bei dem Traumwetter hätte es durchaus schönere Touren gegeben“, sagt Martin Engelhardt aus Beyharting (Gemeinde Tuntenhausen). Doch das Anliegen der Motorrad-Demo des Bundesverbandes der Motorradfahrer (BVDM) war ihm wichtiger. Seit dem 30. April ist der Sudelfeldpass in Richtung Bayrischzell einseitig für Motorradfahrer gesperrt. Gegen diese „Kollektivstrafe“ für alle Motorradfahrer setzt sich der BVDM zur Wehr. Nicht nur mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht München, sondern auch mit der großen Motorraddemo vom Samstag in Rosenheim und am Sudelfeldpass.

Biker rollen aus Bayern und Tirol an

Unterstützt wurde der Verband dabei von etwa 2000 Bikern aus Deutschland und Tirol. Mit einer klaren Botschaft, wie Feri Fidanci, BVDM-Regionalvertreter für Bayern, gegenüber dem OVB deutlich macht: „Eigentlich klären wir Probleme im Gespräch mit Politikern lieber am Tisch, aber Fahrverbote ausschließlich für Motorradfahrer sind eine Diskriminierung. Dagegen mussten wir ein Zeichen setzen.“ Zuvor hatte BVDM-Vorstandsmitglied Rainald Mohr gegenüber dem OVB schon klargemacht: „Wir sagen: Kümmert euch um die Rüpel und zieht die aus dem Verkehr. Die verteidigen wir nicht als BVDM. Wir stehen für die, die sich korrekt an die Straßenverkehrsordnung halten.“

Keine Ausnahme
für den Demo-Tag

Die Großdemo gegen die Streckensperrung für Motorradfahrer auf der Sudelfeldstrecke B307 Fahrtrichtung Bayrischzell war bester Beweis dafür. Nach BVDM-Angaben hatten sich etwa 2000 Motorradfahrer zur Auftaktkundgebung vor dem Landratsamt Rosenheim eingefunden, die von Redebeiträgen und einer offenen Diskussion mit Landrat Otto Lederer geprägt war. Gegen 13.45 Uhr setzte sich dann ein Konvoi aus 1500 Krädern zur Protestfahrt durch den Landkreis in Bewegung. Die Route führte von Rosenheim über Bad Feilnbach, Großholzhausen und Brannenburg zur Gaststätte am Sudelfeld-Sattel. „Nicht alle Kundgebungsteilnehmer sind im Korso mitgefahren“, erklärt Feri Fidanci. „Jeder wusste, wie eng es dort oben sein würde, und dass wir auf der gleichen Route zurückkehren müssen.“ Trotz der Bemühungen des BVDM hatte es für die Großdemonstration keine Sondergenehmigung für die Strecke vom Sudelfeld-Sattel nach Bayrischzell gegeben. Sie blieb auch an diesem Tag gesperrt, und das wieder nur für Motorradfahrer. Pkw durften passieren. „Dabei hätte man durch eine Ausnahmegenehmigung für ein paar Stunden einen viel besseren Verkehrsabfluss erreicht und kritische Situationen vermeiden können“, bedauert Fidanci. So aber mussten circa 1500 Biker am Sudelfeld-Sattel umlenken. „Und der Gegenverkehr der Pkw war äußerst gefährlich“, so der BVDM-Regionalchef Bayern.

Die Polizei sicherte die Kundgebung ab. Rund 50 Beamte waren im Einsatz. In enger Kooperation von Polizeipräsidium Oberbayern Süd, Verkehrspolizeiinspektion Rosenheim und Motorradkontrollgruppe, von Landratsamt, BVDM-Versammlungsleiter und fast 60 Ordnern der Veranstalter wurde der motorisierte Demonstrationszug geschützt. Nach Polizeiangaben waren unter anderem kurzfristige Verkehrssperrungen erforderlich, um den Konvoi sicher passieren zu lassen.

Polizei lobt Disziplin der Teilnehmer

Die Versammlung verlief störungsfrei. Die Polizei zog eine durchweg positive Bilanz. „Die Versammlungsteilnehmer machten friedlich von ihrem Versammlungsrecht Gebrauch und hielten sich an die Auflagen und Beschränkungen der Versammlungsbehörde“, informiert Einsatzleiter und Erster Polizeihauptkommissar Markus Jerger: „Es hat sich gezeigt, dass die Planungen im Vorfeld zu einem reibungslosen und sicheren Versammlungsablauf beigetragen haben. Dazu kommt das friedliche Verhalten der Teilnehmer. Besonders zu loben ist die disziplinierte Fahrweise der Motorradfahrer während des Korsos.“ Er dankte allen Einsatzkräften, „die die Versammlung stationär und mobil begleitet und für die Sicherheit der Teilnehmer und aller anderen Verkehrsteilnehmer gesorgt haben.“

Die Veranstaltung endete an der Gaststätte am Sudelfeld-Sattel. Von hier aus machten sich die Teilnehmer selbstständig auf den Heimweg. Dabei wurden drei Motorradfahrer in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt und verletzt. Die Biker waren gegen 15.45 Uhr in einer kleineren Kolonne auf der Staatsstraße 2089 zwischen den Ortschaften Großholzhausen (Gemeinde Raubling) und Litzldorf (Gemeinde Bad Feilnbach) unterwegs.

Im Bereich von Kleinholzhausen kam es dann zu einem folgenschweren Unfall. Nach Angaben der Polizei fuhr der Motorrad-Konvoi hinter einer landwirtschaftlichen Maschine. Als die Biker zum Überholvorgang ansetzten, wollte der 28-jährige Fahrer des Traktors aber gerade nach links auf ein Feld abbiegen, um Siloballen einzuholen. Er hatte den Blinker gesetzt und die Geschwindigkeit gedrosselt, war aber noch nicht auf die Gegenspur gefahren. Der Motorrad-Konvoi kam ins Schleudern. Der erste nachfolgende Motorradfahrer, ein 24-jähriger Mann aus dem Landkreis Forchheim, konnte zunächst noch bremsen. Eine hinter ihm fahrende 32-jährige Bikerin aus der Gemeinde Tuntenhausen schaffte es nicht mehr. Sie fuhr auf ihn auf, wodurch beide Kräder auf die Straße stürzten und sich beide Fahrer leicht verletzten. Wesentlich schwerer traf es einen 36-jährigen Biker aus der Gemeinde Tuntenhausen. Er kam nicht mehr rechtzeitig zum Stehen, prallte auf das Heck des Traktors und blieb dort liegen. Zum Glück reagierten die darauffolgenden Verkehrsteilnehmer rechtzeitig, erkannten die Gefahr und verhinderten eine Massenkarambolage. Sie sicherten sofort die Unfallstelle ab, verständigten den Rettungsdienst und leisteten den drei Verletzten bis zum Eintreffen von Rettungsdienst und Feuerwehr Erste Hilfe. Der 36-jährige Tuntenhausener wurde schwer verletzt. Er wurde vor Ort stabilisiert und mit einem Rettungshubschrauber in ein umliegendes Krankenhaus geflogen. Nach erster Einschätzung des Notarztes bestand keine Lebensgefahr. Der Traktorfahrer stand unter Schock. Er wurde vom Rettungsdienst und später von seiner Familie versorgt. Die Staatsstraße 2089 zwischen Großholzhausen und Bad Feilnbach war für rund zwei Stunden gesperrt. Die Feuerwehr Großholzhausen war mit 20 Kameraden im Einsatz, sicherte die Unfallstelle ab und schilderte die Umleitung über Kleinholzhausen aus. Zahlreiche Biker kamen zu dieser Zeit von der Großdemo am Sudelfeld und nutzten die Umleitung durch den kleinen Ort an der Sterntaler Filze. Da Betriebsstoffe ausgelaufen waren, musste die Feuerwehr die Fahrbahn reinigen und eine Ölspur beseitigen. Gegen 18 Uhr war der Einsatz beendet.

Polizei Brannenburg ermittelt zur Ursache

Die Polizeiinspektion Brannenburg hat die Ermittlungen aufgenommen. Dabei muss sie unter anderem vier entscheidende Fragen klären: Waren die Biker mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs? War möglicherweise ein zu geringer Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug die Ursache für den Unfall? Entsprach das Abbiegeverhalten des Traktors den Vorschriften? Oder war die Straße durch die Arbeiten auf den umliegenden Feldern verschmutzt? Gesucht werden auch weitere Zeugen des Unfalls: Insbesondere ein Motorradfahrer, der noch vor Eintreffen der Polizei von der Unfallstelle in Richtung Bad Feilnbach gefahren ist. Auch andere Unfallzeugen, die vor Ort nicht von der Polizei erfasst wurden, werden gebeten, sich bei der PI Brannenburg unter der Telefonnummer 08034/90680 zu melden.

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