Rosenheim – Eigentlich sollte schon vor zwei Jahren eine Lösung her. Um die Situation auf dem knappen Wohnungsmarkt zu verbessern und Geld in die Stadtkasse zu spülen. Im November 2023 richteten die Grünen und ÖDP-Stadtrat Horst Halser einen Antrag an Oberbürgermeister Andreas März. Ihr Wunsch: eine Zweitwohnsitzsteuer. Seitdem wurde in Ausschüssen beraten, in anderen Städten nachgefragt und eine Satzung für die Steuer ausgearbeitet. Bezahlen müssen Wohnungsinhaber, Urlauber oder Pendler aber noch nichts. Doch überzeugt zeigten sich von der Idee nach wie vor nicht alle Stadträte.
OB März lehnt
das Vorhaben ab
„Ich lehne eine Zweitwohnsitzsteuer ab“, sagte Andreas März während des jüngsten Haupt- und Finanzausschusses. Für ihn stehe der Aufwand nicht im Verhältnis dazu, was am Ende des Tages an Gewinn herausspringt. „Zumal das nur ein paar 100 Wohnungen betrifft und es viele Ausnahmen dabei gibt“, stellte der Oberbürgermeister klar.
Grundsätzlich betrifft eine Zweitwohnsitzsteuer alle, die neben ihrem Hauptwohnsitz eine oder mehrere Wohnungen angemeldet haben. Die müssten – so wie von den Grünen vorgeschlagen und es im Satzungsentwurf steht – zehn Prozent der Jahresnettokaltmiete an Steuern abtreten.
Der Grund: Es wird angenommen, dass derjenige, der sich eine Zweitwohnung leisten kann, „wirtschaftlich besonders leistungsfähig ist“. In Zahlen bedeutet das: Wer für eine 50-Quadratmeter-Wohnung im Monat 490 Euro Nettokaltmiete – ohne Heizung und Nebenkosten – bezahlt, muss im Jahr zusätzlich 588 Euro für die Zweitwohnsitzsteuer berappen. Bei monatlich 1000 Euro Miete sind es zum Beispiel 1200 Euro im Jahr.
Im Moment gibt es in der Stadt 3183 Nebenwohnsitze, teilt Pressesprecher Christian Baab auf OVB-Anfrage mit. Der Großteil davon – 2057 – ist von Menschen zwischen 25 und 64 Jahren gemeldet. Von denen müsste aber nur ein kleiner Teil die Steuer zahlen. Denn die Rosenheimer Satzung und das bayerische Kommunalabgabengesetz sehen Befreiungen vor. Heißt: Wer im vorletzten Jahr vor Entstehen der Steuerpflicht nicht mehr als 29000 Euro verdient hat, im Kinderzimmer bei den Eltern oder in einem Alten- oder Pflegeheim wohnt oder die Wohnung vorwiegend beruflich oder zu Ausbildungszwecken als sogenannte Erwerbszweitwohnung nutzt, kommt um die Steuer herum.
So schätzt die Verwaltung, dass am Ende nur rund 400 bis 600 Zeitwohnsitze übrig bleiben, für die eine Zweitwohnsitzsteuer bezahlt werden müsste. Dennoch könnte die Stadt zwischen 200000 und 300000 Euro pro Jahr einnehmen, heißt es aus dem Rathaus. Und wenn einige der Nebenwohnsitze aufgrund der Steuerpflicht in Hauptwohnsitze umgewandelt werden, seien weitere Einnahmen möglich. Auf der anderen Seite: Um die Zweitwohnsitzsteuer ein- und durchzuführen, bräuchte die Verwaltung eine zusätzliche Vollzeitkraft – Kostenpunkt von bis zu 93000 Euro.
Da die Einführung zudem einen Vorlauf von mindestens einem Jahr braucht und nicht erwiesen sei, dass sie zur Entspannung auf dem Wohnungsmarkt führt, sei es Andreas März „zu unsicher“, ob es wirklich einen Mehrwert hat. Ähnlich sah das auch Dr. Wolfgang Bergmüller, Fraktionsvorsitzender der CSU. „Das ist mehr eine Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung“, sagte er während der Sitzung. Für ihn habe die Stadt auch kein Problem bei den Einnahmen, sondern bei den Ausgaben. Das müsse man zuerst in den Griff bekommen, bevor wieder eine Steuer erhöht wird, machte Bergmüller deutlich.
Auf die bis zu 300000 Euro für den Haushalt zu verzichten, sei dennoch fahrlässig, sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Peter Rutz. „Das sind Gelder, die wir dringend bräuchten“, betonte er. Zumal es im Landkreis genügend Gemeinden gibt, die eine Zweitwohnsitzsteuer haben, ergänzte sein Fraktionskollege Franz Lukas. „Wenn die draufzahlen müssten, würde das keiner machen. Da ist schon Mehrwert drin“, sagte er.
Von den finanziellen Vorteilen war auch Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP, angetan. „Wenn das Verhältnis so ist, dass wir für 50 Cent einen Euro bekommen, ist das zu begrüßen“, sagte er.
Befürworter sehen finanzielle Vorteile
Auch SPD-Chef Abuzar Erdogan verwies darauf, dass die Stadt das Geld braucht. „Wenn wir bei Schulen oder Toiletten den Rotstift ansetzen müssen, dann müssen wir schauen, wie wir Einnahmen generieren können“, sagte der Fraktionsvorsitzende. Zumal er davon überzeugt ist, dass die Steuer nicht die Falschen treffe. „Es trifft diejenigen, die sich aus Luxus eine Zweitwohnung in Rosenheim leisten können“, betonte er.
Durchsetzen konnte sich diese Meinung aber nicht. Mit 6:5 Stimmen lehnten die Stadträte die Einführung der Zweitwohnsitzsteuer ab. Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen: Die Fraktionen der Grünen, Freie Wähler/UP und die Stadträte Maria Knott-Klausner (FDP) und Horst Halser (ödp) beantragten eine Nachprüfung des Sachverhalts – das sogenannte Quorum. Damit fällt die endgültige Entscheidung heute im Stadtrat.