Rosenheim – Knapper hätte die Entscheidung nicht ausfallen können. An Ende kam es auf eine Stimme an. Mit 22:21 haben die Politiker in der Stadtratssitzung am vergangenen Mittwochabend beschlossen, dass einige Menschen in Zukunft tiefer in Tasche greifen müssen. Und zwar all diejenigen, die in Rosenheim eine Zweitwohnung haben – aufgrund einer Zweitwohnsitzsteuer, die nun eingeführt wird.
Nötig geworden war die Abstimmung im Stadtrat überhaupt erst, da die Einführung im Haupt- und Finanzausschuss noch knapp abgelehnt worden war. Da aber die Grünen und Freien Wähler/UP sowie die Stadträte Maria Knott-Klausner (FDP) und Horst Halser (ÖDP) eine Nachprüfung des Sachverhalts beantragt hatten, stand das Thema wieder auf der Tagesordnung.
Die Kosten, die nun auf die Wohnungsinhaber zukommen, hängen dabei von der Kaltmiete ab. Für die Zweitwohnsitzsteuer werden jährlich zehn Prozent der Jahresnettokaltmiete – ohne Heizung und Nebenkosten – fällig. Neben der Höhe der Steuer stehen in dem Satzungsentwurf, welche die Verwaltung bereits ausgearbeitet hat, auch die Ausnahmefälle.
Zum Beispiel Menschen, welche ihre Unterkunft in der Stadt vorwiegend beruflich oder zu Ausbildungszwecken als sogenannte Erwerbszweitwohnung nutzen, können sich befreien lassen. Oder Studenten, die auch noch im Kinderzimmer bei den Eltern wohnen. Auch das bayerische Kommunalabgabengesetz sieht Befreiungen vor, zum Beispiel bei Geringverdienern. Für Rosenheimer mit einem Hauptwohnsitz bringt die Einführung vor allem Gerechtigkeit, sagte Anna Rutz von den Grünen während der Stadtratssitzung. Die müssten die Kosten für die Infrastruktur in der Stadt alleine tragen, die Inhaber der Zweitwohnsitze nutzen diese aber genauso – ohne dafür zu bezahlen, sagte die Grünen-Stadträtin. So sei es nur fair, dass sich diejenigen nun auch finanziell in der Stadt beteiligen müssen. Zudem verwies sie – genauso wie SPD-Fraktionsvorsitzender Abuzar Erdogan – darauf, dass es in vielen Gemeinden im Landkreis bereits eine Zweitwohnsitzsteuer gibt. „Wir sind da kein Einzeltäter und unter den Kommunen sind auch einige, die nicht zwingend große touristische Ziele sind“, sagte der SPD-Chef. Zumal die Stadt in Zeiten eines knappen Haushaltes nicht auf die Mehreinnahmen verzichten könne. Diese werden auf rund 200000 bis 300000 Euro geschätzt – abzüglich der Personalkosten von 93000 Euro.
Genau daran störte sich Dr. Wolfgang Bergmüller, Fraktionsvorsitzender der CSU. Aus seiner Sicht gehen bei der Zweitwohnsitzsteuer zwei Drittel der Einnahmen allein für die Erhebung drauf. Das hätten auch die Erfahrungen in München gezeigt, wo es die Steuer schon länger gibt, berichtete er. „Das ist wirtschaftlich nicht nachvollziehbar“, sagte Bergmüller. Aus diesem Grund beantragte seine Fraktion auch, dass sich drei Jahre nach der Einführung genau angeschaut wird, wie hoch die Kosten sind und welcher Ertrag herausgesprungen ist – um zu beurteilen, ob die Steuer wirklich etwas bringt.
Wann die Zweitwohnsitzsteuer aber überhaupt kommt, steht bislang noch in den Sternen. „Da die Einführung mit einem erheblichen administrativen Aufwand verbunden ist, lässt sich derzeit, auch in Anbetracht der kürzlich getroffenen Stadtratsentscheidung, noch kein belastbarer Zeitplan dafür prognostizieren“, teilt Christian Baab, Pressesprecher der Stadt Rosenheim, auf OVB-Anfrage mit.
Julian Baumeister