Zu den Berichten „Radler fühlen sich übergangen“ und „Rathauschef fordert Rücksichtnahme“ (Lokalteil):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister März, im Interview zu den Forderungen des Radentscheids sagen Sie, dass eine Interessenvertretung nur ihre eigene Prioritätenliste im Blick hat, Sie hingegen das große Ganze sehen müssen.
Das große Ganze besteht für mich aus einer Berücksichtigung der Interessen aller im Hinblick auf eine große ganze Vision für Rosenheim: ein sicheres Miteinander aller Verkehrsteilnehmer, egal ob Fußgänger, Radfahrer oder Autofahrer. Eine verkehrsberuhigte, lebendige Innenstadt für ein gutes Miteinander mit Begegnungsmöglichkeiten und eine hohe Aufenthaltsqualität trotz Auswirkungen des Klimawandels sowie ein Beitrag zum Klimaschutz.
Die Stadt hat 2023 zwei Konzepte beim Stadt- und Verkehrsplanungsbüro Kaulen in Auftrag gegeben, die alle genannten Aspekte berücksichtigen. Sie wurden dem Stadtrat vorgestellt, aber nicht umgesetzt. Es handelt sich um weitsichtige Konzepte, die nicht nur eine Interessengruppe im Blick haben. Der Radentscheid setzt sich auch für die Diskussion über und die Umsetzung dieser Konzepte ein – profitieren würden im Großen und Ganzen alle.
Meine Bitte: Bleiben Sie offen und mutig für weitreichende Veränderungen, diskutieren Sie die Verkehrskonzepte im Stadtrat, stellen Sie gemeinsam Weichen für ein Rosenheim mit hoher Aufenthaltsqualität in der Innenstadt und sicherer Fortbewegung für alle Bürgerinnen und Bürger – jeden Alters!
Birgit Graf
Rosenheim
Das OVB-Interview mit Oberbürgermeister März zeigt vor allem eines: fehlenden politischen Willen. Wenn er sagt, er habe „kein Verständnis“ für die Kritik der Radlerinnen und Radler, dann blendet er die Realität aus. Fakt ist: Der Radverkehr hat in Rosenheim keine Priorität. Der Radverkehrs-Anteil liegt bei unter 25 Prozent, 1986 waren es schon 26 Prozent. Seitdem herrscht Stillstand – trotz Radverkehrsbeauftragten.
Besonders zynisch wirkt es, wenn März betont, man hätte „alles auch ohne den Radentscheid“ gemacht. Tatsache ist: Ohne den Druck des Radentscheids wäre wohl noch weniger passiert. Statt ein modernes Radnetz aufzubauen, verweist der OB stolz auf Pannen-Stationen und Piktogramme. Erforderliche Öffentlichkeitsarbeit fehlt komplett.
Radfahrende brauchen kein Flickwerk, sondern Sicherheit und ein durchgängiges Netz. Von den 40 Millionen Euro im Investitionshaushalt fließt dafür nur ein Bruchteil. Schulen gegen Radverkehr auszuspielen, ist eine Ausrede. Andere Städte investieren in beides. Besonders gravierend: 2021 ließ Rosenheim ein Bundesprogramm mit 80 Prozent Förderung für Radprojekte ungenutzt verstreichen.
Fördergelder verpasst, Konzepte wie Radstraßen und Einbahnregelungen seit 2023 in der Schublade, Radanteil gesunken – das ist die Bilanz. Rosenheim verpasst damit die Chance, eine moderne, lebenswerte und umweltfreundliche Stadt zu werden, in der Radfahren selbstverständlich und sicher ist – wie in vielen Städten, die längst Radanteile von 40 bis 45 Prozent (mit einer ähnlichen Topografie) erreicht haben.
Kay Paulick
Rosenheim
Es ist kaum zu verstehen. Die Westtangente war vor der Vollendung, mit dem Ziel, den Verkehr aus der Innenstadt heraus zu halten. Gleichzeitig wird die ganz große Lösung für eine neue Mangfallkanalbrücke geplant und mittlerweile gebaut. Die alte Brücke war nur deshalb ein „Nadelöhr“, weil beidseitig Streifen für Fußgänger und Radler „abgezwackt“ wurden.
Hätte man diese Streifen mit einer Verkehrslast für sicher mehr als 50 Tonnen wieder der Fahrbahn zugeschlagen und ein-/beidseitig von der Fahrbahn völlig abgetrennt, eine leichte Brückenkonstruktionen für Fußgänger und Radfahrer (Verkehrslast vermutlich nicht einmal eine halbe Tonne) angebaut, wäre die ganze Sache deutlich billiger gekommen. Es hätte keine Behelfsbrücke gebraucht, hätte sehr viel schneller realisiert werden können, die ganze Baumreihe bei Krones wäre weitgehend erhaltbar gewesen. Stattdessen wurde über einen Kanal mit begrenzter Spannweite und ohne jede Hochwasserproblematik ein neues Jahrhundertbauwerk für 14 Millionen Euro gebaut – und der Verkehr staut sich dann eher am Schwaiger Kreisel oder an der Ampel bei Kaufland, je nach Tageszeit!
Der Begriff „Suffizienz“, also die Selbstbegrenzung nach dem Motto „Nur so viel wie es sinnvoll und nötig ist“, ist leider bei der Stadt Rosenheim noch nicht angekommen! Von 14 Millionen Euro Baukosten hätten mindestens zwölf Millionen gespart werden können. Eine Menge Geld für sichere Radwege! Positiver Nebeneffekt: geringer Anfall von Bauschutt, Vermeidung von CO2-Emissionen und Umweltschonung!
Claudia Schütz
Rosenheim