Rosenheim – Eine Zigarette zum Kaffee am Morgen, ausschließlich beim Feiern oder nur an besonders stressigen Tagen in der Arbeit: Zahlreiche Rosenheimer greifen nur hier und da zur Zigarette. Sie werden als sogenannte Gelegenheitsraucher bezeichnet. „Gelegenheitsrauchen definiert sich dadurch, dass in der Regel kein täglicher Tabakrauchkonsum stattfindet, sondern dieser oft nur in speziellen Situationen oder Zeiten ausgeübt wird“, erklärt Professor Dr. med. Stephan Budweiser auf OVB-Anfrage.
Bewusstsein für die
Gefahren fehlt oft
Budweiser arbeitet als Chefarzt in der Medizinischen Klinik III am Romed-Klinikum in Rosenheim. Dort beschäftigt er sich unter anderem mit Lungenheilkunde, Beatmungsmedizin und Rheumatologie. Der Experte weiß: Jede Zigarette ist schädlich. Auch die, die nur gelegentlich zum Kaffee geraucht wird. Doch genau das scheint vielen Menschen nicht bewusst zu sein.
Das unterstreicht auch der Rosenheimer Nichtraucher-Experte Özgen Senol, der auch für das Suchtbehandlungszentrum „Neon“ im Einsatz ist. „Auch beim Gelegenheitsrauchen werden Organe geschädigt. Das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, ist bei Gelegenheitsrauchern sogar um das Neunfache höher als bei Nichtrauchern“, sagt er am Telefon.
Trotzdem muss auch er beobachten, dass immer mehr junge Menschen zur Zigarette greifen. „Seit der Pandemie wird wieder mehr konsumiert“, weiß der Experte. Er vermutet Langeweile als Grund, aber auch Stress. Einige favorisieren die klassische Zigarette, andere setzen eher auf E-Zigaretten oder Nikotinbeutel.
Bei Nikotinbeuteln handelt es sich um kleine Beutel, die unter die Oberlippe gelegt werden. Sie enthalten Nikotinsalze, Aromen und andere Füllstoffe. Das Nikotin wird über die Mundschleimhaut aufgenommen und sorgt für einen Nikotinkick – ganz ohne Rauch. Schädlich sind sie trotzdem. „Gerade Nikotinbeutel werden als nicht unproblematisch eingeschätzt, da mitunter sehr hohe Nikotinmengen aufgenommen werden können“, sagt Budweiser. Bei E-Zigaretten – die oft als Einstiegsdroge dienen – kommt noch hinzu, dass sie beim Erhitzen des Liquids gesundheitsschädliche Stoffe abgeben, deren Auswirkungen noch nicht umfänglich erforscht sind. Fest steht daher: Egal ob E-Zigarette, Nikotinbeutel oder Zigarette – jede Form von Tabakkonsum ist schädlich.
„Neben der Entstehung von Lungenkrebs, führt Tabakrauchkonsum häufig zu der fortschreitenden Atemwegserkrankung COPD“, sagt Budweiser. Die Abkürzung steht für den englischen Begriff „chronic obstructive pulmonary disease“. Typische Symptome für die chronisch obstruktive Lungenerkrankung sind Atemnot, anhaltender Husten und das vermehrte Auswerfen von Schleim. Darüber hinaus begünstigt Tabakrauchkonsum laut dem Romed-Chefarzt Atherosklerose mit den Folgeerkrankungen koronare Herzerkrankung, Schlaganfall, periphere arterielle Verschlusskrankheit und auch weitere Tumorerkrankungen wie Kehlkopf-, Pankreas- oder Harnblasenkrebs.
Budweiser rät deshalb dazu, sein eigenes Verhalten zu hinterfragen und eine Änderung anzustreben. „Es gibt verschiedene Programme, die bei der Raucherentwöhnung professionell unterstützen und begleiten“, sagt der Chefarzt. Auch Özgen Senol bietet Seminare an und will Menschen dabei unterstützen, ein rauchfreies Leben zu führen. „Oft beginnen Menschen aufgrund des gesellschaftlichen Drucks mit dem Rauchen“, sagt Senol. Er beobachtet das vor allem bei den sogenannten Gelegenheitsrauchern. Auch sie würden hin und wieder seine Seminare besuchen. „Oft merken Raucher während meiner Seminare, dass sie etwas tun, dass sie eigentlich überhaupt nicht gerne machen“, erklärt Senol.
Sucht ist Sucht –
Schönreden hilft nicht
Erst im Laufe des Gesprächs werde ihnen dann bewusst, dass es sich um eine Sucht handelt. „Man hört auf, sich das Rauchen schönzureden“, sagt er.
Fast alle würden mit dem Gedanken spielen, irgendwann aufzuhören. „Aber viele sind eben noch nicht zu weit“, sagt Senol. Das würde sich durch eine Teilnahme an dem Seminar ändern.