Rosenheim – Kaum ein Tag verging, an dem Isidor Niedermair nicht auf der Bank vor seinem Anwesen in Deutelhausen saß. Er verbrachte Stunden damit, seinen Pferden auf der Weide zuzuschauen. „Die Pferde waren sein Leben“, sagt Martin Niedermair. Sein Vater habe Termine organisiert, immer darauf geachtet, dass es seinen Tieren gut geht und der nächste Termin beim Hufschmied schon ausgemacht ist.
Aufgewachsen mit
elf Geschwistern
Geboren wurde Isidor Niedermair, besser bekannt als „Springer Dore“, 1934 auf einem Bauernhof in Weng bei Hohenthann. Dort verbrachte er seine Jugend – gemeinsam mit seinen elf Geschwistern. Nach seiner landwirtschaftlichen Ausbildung verschlug es ihn 1965 über Umwege auf den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Steegmüller in Deutelhausen als Verwalter.
„Einige Jahre später bekam er dann die Möglichkeit, den Betrieb zu pachten und auf eigene Regie zu bewirtschaften“, erinnert sich sein Sohn. Sein Vater Isidor nutzte die Gelegenheit. Er kümmerte sich um die Landwirtschaft und den Milchviehbetrieb und kaufte anschließend seine eigenen Pferde – Süddeutsche Kaltblüter.
1970 erstmals auf der
Wiesn im Einsatz
Beide spannte er 1970 erstmals vor die Bierkutsche der Flötzinger Brauerei und nahm am Herbstfest-Einzug teil. Ab diesem Zeitpunkt war ein Herbstfest ohne Isidor Niedermair und seine Pferde kaum vorstellbar. Er begeisterte Jung und Alt, posierte für Fotos und teilte sein Wissen über die Pferde mit jedem, der es hören wollte.
In dieser Zeit wuchs auch die Begeisterung für die französische Pferderasse „Percheron“. Er kaufte zwei Stutfohlen aus Frankreich und begann zu züchten. Umso größer war die Freude bei ihm, dass sein Sohn Martin und sein Enkel Simon diese Leidenschaft teilen und fortführen. „Das hat ihn auch fit gehalten“, ist Martin Niedermair überzeugt. Kurz vor der Corona-Pandemie habe er zum letzten Mal auf der Bierkutsche gesessen. Ohne ihn lief aber auch in den darauffolgenden Jahren nichts. Er habe beim Herrichten der Pferde zugeschaut und das Geschirr kontrolliert. „Ihm war wichtig, dass alles passt“, sagt sein Sohn Martin. Das Herbstfest besucht habe sein Vater auch weiterhin. Auch, weil er die Familie Steegmüller so geschätzt habe.
Marisa Steegmüller
erinnert sich zurück
„Wir waren sehr eng miteinander verbunden“, bestätigt Flötzinger-Brauerei-Chefin Marisa Steegmüller. Noch gut erinnert sie sich an das letzte Mal, als Isidor Niedermair bei ihr in der Brauerei-Box gesessen hat. Sie hätten sich nett unterhalten, einige Fotos gemacht. Als Erinnerung.
Denn nächstes Jahr wird Isidors Platz im Flötzinger-Festzelt leer bleiben. Er starb am 22. September im Alter von 91 Jahren – nach einem erfüllten und arbeitsreichen Leben. Er hinterlässt vier Kinder und acht Enkelkinder. „Mein Vater war ein sehr gutmütiger Mensch“, sagt sein Sohn Martin. Wenn er nicht auf dem Hof arbeitete, beschäftigte er sich mit seinen Pferden. Hin und wieder fuhr er auch zu befreundeten Pferdehaltern und pflegte bestehende Verbindungen. Einige dieser Bekanntschaften werden am heutigen Freitag auch nach Ostermünchen kommen. Dort findet um 10 Uhr der Trauergottesdienst mit anschließender Urnenbestattung statt. „Er hätte sich darüber gefreut, seine ganzen Weggefährten noch einmal zu sehen“, sagt sein Sohn Martin. Und auch seine geliebten Pferde werden ihm noch einmal die letzte Ehre erweisen. „Wir fahren seine Urne mit der Pferdekutsche von der Kirche zum Friedhof“, sagt er.
Auch für die Brauerei
endet nun eine Ära
Mit dem Tod von Isidor Niedermair geht damit auch bei der Flötzinger Brauerei eine Ära zu Ende. Über 50 Jahre lang steuerte er die Bierkutsche durch die Rosenheimer Innenstadt. Mittlerweile haben sein Sohn und der Enkel Simon die Zügel in die Hand genommen. Nur der Platz auf der Bank, direkt vor dem Anwesen in Deutelhausen, mit Blick auf die Koppel der Pferde, wird jetzt leer bleiben.