Rosenheim – Roman Zanon ist besorgt. Daraus machte der 78-Jährige während der Bürgerversammlung Mitte im Restaurant „Tante Paula“ kein Geheimnis. „Ich erlebe die Klimakrise zwar nicht mehr, aber ich habe Kinder und Enkelkinder“, sagte er. Deshalb habe er es sich zur Aufgabe gemacht, über das „sperrige Thema“ zu sprechen. Auch an diesem Abend, vor rund 100 Bürgern.
„Niemand in der Stadt weiß, wie wir zur Klimaneutralität kommen. Das ist ein Manko, mit dem wir uns beschäftigen müssen“, fuhr er fort. Aus diesem Grund habe er einen Antrag gestellt. Sein Wunsch: Der Stadtrat soll gemeinsam mit der Verwaltung ein Konzept zur Klimaneutralität erarbeiten und regelmäßig darüber berichten.
„Ich bin kein Revoluzzer. Aber ich würde beruhigter in Rosenheim leben, wenn wir das beschließen würden“, sagte er. Ohne zu zögern, streckten zahlreiche Bürger ihre Hände in die Höhe. Über die Hälfte unterstützten Roman Zanons Anliegen. „Der Antrag ist somit angenommen“, sagte Oberbürgermeister Andreas März.
Kritik an Lkw-Verkehr
direkt vor der Haustür
Es war nur eine von insgesamt 18 Anfragen, mit denen sich das Stadtoberhaupt an diesem Abend auseinandersetzen musste. „Es zeigt, dass Sie sich damit beschäftigen, was in unserer Stadt passiert“, sagte März. Kurz informierte er die Anwesenden über einige aktuelle Projekte, wie das Freizeitgelände „Bridge 15“, die Aufwertung des Salingartens sowie die Arbeiten am Lokschuppen-Vorplatz.
Anschließend widmete er sich den Anfragen, zusammengefasst in einem dicken Ordner, den er vor sich auf dem Tisch platzierte. Als Erstes beschäftigte er sich mit den Sorgen eines Ehepaars aus der Prinzregentenstraße. Sie beklagten sich über den „Lkw-Verkehr direkt vor der Haustür“. Ähnlich wie CSU und SPD sprachen auch sie sich für ein Lkw-Durchfahrtsverbot im gesamten Stadtgebiet aus.
„Die B15 ist nicht unsere Straße. Deshalb dürfen wir derzeit wenig machen“, erklärte Oberbürgermeister März. Aus diesem Grund gebe es Überlegungen, aus der Bundesstraße eine Staatsstraße zu machen, also quasi eine Rückstufung vorzunehmen. „Das ist unser erklärtes Ziel“, sagte Oberbürgermeister März. Nur dann sei es beispielsweise möglich, ein Lkw-Durchfahrtsverbot zu verhängen. März sei guter Dinge, dass sich das umsetzen lasse, sagt er.
Nicht umsetzen lasse sich hingegen der Wunsch, den Sportplatz am Ignaz-Günther-Gymnasium außerhalb der Schulzeiten wieder für die Allgemeinheit zu öffnen. Der Grund: zu viel Müll, leere Alkoholflaschen und Drogenabfälle, die in der Vergangenheit gefunden worden sind. Hinzu kommen „komische Gerüche“, zerstörte Mülleimer und Schachbretter.
Tempo-30-Regel
in der Innenstadt?
Deutlich drängender war der Wunsch, die Verkehrssicherheit zu verbessern – unter anderem in der Frühlingstraße. Dafür sprach sich Bauingenieur Christian Späth aus. Er schlug vor, über ein Einbahnstraßenkonzept nachzudenken und die Tempo-30-Bereiche in der Innenstadt auszuweiten. Für Letzteres erntete der Rosenheimer Zuspruch und Applaus.
„Autofahrer hätten keine Nachteile durch eine Tempo-30-Regel“, pflichtete ihm ein Anwohner bei. Das liege unter anderem daran, dass man aufgrund der zahlreichen Ampeln in der Innenstadt ohnehin nicht schneller fahren könnte. „Das einzige, was gegen Tempo 30 spricht, ist das Gefühl der Autofahrer“, fügte ein Bürger hinzu.
Kritisiert an diesem Abend wurde auch die Situation für die Radfahrer. „Ich war selbst schon in äußerst brenzligen Situationen“, sagte eine Bürgerin. Ihr zufolge ist Radfahren in der Stadt „lebensgefährlich“. Wieder gab es Applaus. Wieder wurde die Forderung laut, mehr für die Verkehrssicherheit zu tun. Einer der Anwesenden regte sogar an, die Autos komplett aus der Innenstadt zu verbannen.
Das würde – so die Ansicht der Bürger – auch im Kampf gegen die Autoposer helfen. So schilderte ein Rosenheimer, die derzeit in der Prinzregentenstraße wohnt, sein Problem. „Wir können in der Nacht nicht mehr bei offenem Fenster schlafen. Unsere Nachbarn vermeiden es, auf dem Balkon zu sitzen“, sagte er. Der Grund: die Autoposer, die mit knatternden Auspuffen durch die Straßen rasen.
Für viel Diskussionsstoff sorgten an diesem Abend zudem die Strafanträge, die Oberbürgermeister März, gegen jene Aktivisten gestellt hatte, die gegen die Vereidigung von Stefan Bauer (parteilos) protestierten. „Ich würde mir wünschen, dass sie die Strafanträge zurücknehmen“, sagte der Antragsteller. Doch genau das will Oberbürgermeister Andreas März nicht tun. „Es handelt sich um einen Hausfriedensbruch. Sie würden nicht anders handeln, wenn es um ihr Haus geht“, unterstrich März.
Diese Aussage wollten viele Bürger so nicht stehen lassen. „Sie sollten Gnade vor Recht walten lassen. Zumal die Proteste durch und durch berechtigt waren“, sagte einer der Anwesenden. Wieder gab es einen Antrag, formuliert mit dem Wunsch, dass sich der Stadtrat damit beschäftigt, ob die Strafanträge zurückgenommen werden sollen. Wieder sprach sich die Mehrheit für den Vorstoß aus.
Kurz vor Ende kam eine Rosenheimerin dann noch einmal auf das Thema Surfwelle zu sprechen. Sie selbst wohnt in der Nähe des Ichikawa-Platzes. Hier, an der Brücke, die über den Hammerbach führt, könnte in Zukunft eine Surfwelle stehen. So jedenfalls die Pläne der Stadtverwaltung und zahlreicher Unterstützer. Eine Machbarkeitsstudie sei bereits in Auftrag gegeben worden, ein Grundsatzbeschluss soll noch in diesem Jahr gefasst werden.
„Ich bin der Meinung, dass das Geld an anderer Stelle deutlich besser angelegt wäre“, kritisierte ein Bürger. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass ein Großteil von privaten Sponsoren finanziert werden soll. „Ich glaube, dass viele Anwohner mit den Planungen nicht einverstanden sind“, pflichtete ihm eine Frau bei.
Nächste Versammlung
ist am 15. Oktober
Mit der Aufforderung, im März wählen zu gehen, entließ der Oberbürgermeister schließlich die rund 100 Besucher. Die nächste Bürgerversammlung findet am Mittwoch, 15. Oktober, statt. Für die Bereiche Westerndorf St. Peter, Wernhardsberg, Langenpfunzen, Egarten, Mitterfeld, Wehrfleck und Erlenau soll es dann um stadtteilspezifische Themen wie beispielsweise die Nahversorgungsentwicklung gehen. Beginn ist um 19 Uhr im Gasthof Höhensteiger.