Rosenheim – Es ist ein emotionales Thema. Das machte Oberbürgermeister Andreas März gleich zu Beginn der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungs- und Baugenehmigungsausschusses deutlich. Diskutiert wurde darüber, wie es mit dem ehemaligen Seehotel „Hubertus“ am Happinger See weitergehen soll.
Das Seehotel war einst eine beliebte Adresse für Gäste aus nah und fern. Doch dann kam das Gebäude in die Jahre, die Besucher blieben zunehmend aus und schließlich wurde das Seehotel geschlossen. In den vergangenen Jahren wurde es als Flüchtlingsunterkunft genutzt. Nun gibt es neue Pläne für das Gebäude, das sich samt Grundstück seit dem Jahr 2011 im Besitz der Stadt befindet:
Der Stadt fehlen
finanzielle Mittel
Die Idee: Das bestehende Gebäude abreißen und eine öffentliche Seegaststätte mit Fremdenzimmern bauen. Weil der Stadt die finanziellen Mittel für „eine solche Spaßeinrichtung“, wie Oberbürgermeister Andreas März es nannte, fehlen, wird das Grundstück im Erbbaurecht vergeben und ein privater Investor ins Boot geholt.
Soweit der aktuelle Stand. Um zu überprüfen, ob die Planungen überhaupt umsetzbar wären, sollte im Stadtentwicklungs- und Baugenehmigungsausschuss über einen Antrag auf Vorbescheid abgestimmt werden. „Das ist keine Baugenehmigung. Wir wollen lediglich abklären, ob diese Art der Nutzung vorstellbar wäre“, erklärte Oberbürgermeister März.
Eine Zustimmung würde nicht automatisch bedeuten, dass es zu einem Neubau kommt oder dass das Gebäude – wie in den Unterlagen angegeben – acht Meter hoch wird. Vielmehr helfe es dabei, einen entsprechenden Erbbauzins festzulegen. „Wir dürfen das Grundstück nicht unter Wert verkaufen“, erklärte März. Der Vorbescheid soll also bei der Entscheidung helfen, wie es weitergeht.
„Uns ist wichtig, dass der Badeplatz für die Allgemeinheit erhalten bleibt“, sagte Dr. Wolfgang Bergmüller, Fraktionsvorsitzender der CSU, während der Sitzung. Der See müsse auch weiterhin frei zugänglich sein, zudem müsste das Grundstück im Eigentum der Stadt bleiben. Sollte das gewährleistet sein, würde seine Fraktion dem Vorhaben zustimmen.
„Es geht um die grundsätzliche Frage, ob wir uns in diesem Bereich wieder eine Gastronomie mit maximal 15 Gästezimmern vorstellen könnten“, erklärte Abuzar Erdogan, Fraktionschef der SPD. Seiner Meinung nach spricht nichts gegen eine Wiederbelebung. Die Anwohner könnten den See auch weiterhin nutzen, die Liegewiese würde nicht kleiner werden, zudem würde eine Aufwertung auch dem Tourismus dienen.
Erdogan betonte aber: „Der Andrang und zusätzliche Verkehr wird sich in Grenzen halten, wir reden von wenigen Gästezimmern, keinem Hotel.“ Er könne sich aber ebenso gut eine Jugendherberge oder eine soziale Nutzung mit Gastronomie vorstellen. „Wir sind für alles offen, es gibt keine Vorfestlegung.“
Grüne wollen
geringere Nutzung
Deutlich zurückhaltender äußerten sich die Rosenheimer Grünen. „Wir möchten eine Reduzierung der Nutzung, keine Erweiterung“, sagte Stadtrat Franz Lukas. Er erinnerte an den fehlenden Anschluss an die Kanalisation, merkte zudem an, dass die Erschließung ein Problem darstelle, das gelöst werden müsste, sollten an dieser Stelle tatsächlich Fremdenzimmer entstehen.
Dr. Beate Burkl (Freie Wähler/UP) regte an, darüber nachzudenken, ob man aus der ehemaligen Seegaststätte keine Jugendherberge machen könnte. „Dann hätten wir Übernachtungsmöglichkeiten für kleines Geld“, sagte sie während der Sitzung. Für das Gelände am Happinger See ist das in ihren Augen eine „optimale Nutzung“. Trotz allem sei sie skeptisch über eine Vergabe im Erbpachtrecht.
Beschluss per Quorum
vorerst gekippt
Letztendlich sprachen sich die Mitglieder des Stadtentwicklungs- und Baugenehmigungsausschusses mit 7:4 Stimmen für den Vorbescheid aus. Nur einige Tage später wurde der Beschluss allerdings gekippt. Grüne und ÖDP beantragten ein Quorum – also eine Nachprüfung. Das Thema wird also am Mittwoch, 22. Oktober, nochmals im Stadtrat behandelt.
Doch nicht nur Grüne und ÖDP sind gegen das Vorhaben, auch zahlreichen Rosenheimern sind die Planungen ein Dorn im Auge. Im Mai 2024 wurde deshalb die Bürgerinitiative „Happinger See“ gegründet. Sie starteten eine Petition, sammelten über 4000 Unterschriften. Am heutigen Montag haben sie zudem zu einer Infoveranstaltung eingeladen. Um 19 Uhr im Happinger Hof wollen sie die Pläne vorstellen und nochmals aufzeigen, wieso sie dagegen sind.
„Wir sind nach wie vor gegen eine Vergabe im Erbbaurecht“, sagt Markus Tiefenthaler, Sprecher der Bürgerinitiative. So würden die Interessen eines Investors nicht mit den Interessen der Erholungssuchenden im Naherholungsgebiet zusammenpassen. Tiefenthaler beruft sich dabei unter anderem auf eine Bürgerbefragung, die Studierende der Technischen Hochschule im Oktober 2024 durchgeführt haben – mit über 500 Teilnehmern.
„Während ein Zugang zum See und barrierefreie Toiletten für die Befragten extrem wichtig sind, braucht kaum jemand Übernachtungen an dieser Stelle“, sagt Claudia Schütz. Die Rosenheimerin ist studierte Innenarchitektin, hat sich über viele Jahre mit dem Thema „Bauen im Bestand“ auseinandergesetzt. „Aus fachlicher Sicht ist der Erhalt des Hauptgebäudes eine kostengünstige Möglichkeit, mit wenig Aufwand ein solide saniertes Gebäude für unterschiedlich mögliche Nutzungen zu erhalten“, sagt sie.
Neubau der Brücke
notwendig
Ein Abbruch würde nicht nur Geld kosten, sondern sei auch klimaschädlich. Hinzu kommt, dass die Moosbachbrücke neu gebaut werden müsste. „Die jetzige Verkehrslast von 16 Tonnen würde für die großen Baufahrzeuge sonst keinesfalls ausreichen“, sagt sie. Statt eines Neubaus plädiert sie dafür, das Gebäude zu erhalten und möglicherweise sogar über einen Rückbau nachzudenken.
Schütz und Tiefenthaler stören sich außerdem daran, dass im Vorbescheid eine Vergrößerung der Grundfläche um mehr als das Zweieinhalbfache des Bestandsgebäudes erlaubt ist. Für die beiden ein Unding. „Uns ist es einfach wichtig, dass zusätzliche Optionen geprüft werden, bevor rechtliche Fakten geschaffen werden“, sagt Markus Tiefenthaler.
Jugendherberge
oder Wohnungen
Vorstellbar wäre beispielsweise eine großzügige Terrasse im ersten Stock mit Begegnungsmöglichkeiten. Im Erdgeschoss wäre dann Platz für einen Kiosk und Toiletten. Auch gegen eine Jugendherberge oder einige Wohnungen im Obergeschoss sei nichts einzuwenden. „Über alles mit einem sozialen Aspekt, was im Interesse der Allgemeinheit liegt, könnte man nachdenken.“
Wie es mit den Plänen rund um den Happinger See weitergeht, wird sich am Mittwoch, 22. Oktober, zeigen. Dann diskutieren die Stadträte erneut über den Vorbescheid. Beginn ist um 17 Uhr im großen Sitzungssaal des Rathauses.