Rosenheim – Osteoporose ist eine zunächst oft unbemerkte Krankheit, bei der die Knochendichte abnimmt. Anzeichen gibt es trotzdem. Welche das sind, erklärt Professor Dr. Christian Zeckey, Chefarzt im Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie Rosenheim-Bad Aibling, im OVB-Gespräch.
Was genau versteht man unter Osteoporose?
Osteoporose ist eine Erkrankung des Skeletts, bei der die Knochen an Dichte und Stabilität verlieren. Dadurch werden sie porös, brüchig und anfälliger für Knochenbrüche, selbst bei leichten Stürzen oder Belastungen. Das führt inzwischen zu vielen Verletzungen, bei denen auch der Knochenhalt bei der Versorgung – beispielsweise der operativen – entsprechend reduziert ist.
Wer ist für die Krankheit besonders anfällig?
Das ist eine wirklich wichtige Frage, da wir an der Prophylaxe und Früherkennung hart arbeiten müssen. Erstens Frauen nach der Menopause, fast jede dritte Frau über 50 Jahren ist betroffen. Zweitens: ältere Menschen, Männer sind etwas später betroffen. Der Grund liegt in verändertem Stoffwechsel, aber auch Bewegungsmangel.
Und drittens?
Menschen mit Risikofaktoren. Dazu zählen beispielsweise Medikamente wie Kortison, Ernährungsstörungen wie Über- oder Untergewicht, Rauchen und Alkohol. Auch Erkrankungen wie zum Beispiel der Schilddrüse, Nebenschilddrüse und der Niere können zu Osteoporose führen.
Also können Jüngere erst einmal aufatmen?
Bei entsprechender Risikokonstellation kann eine Osteoporose sehr wohl auch schon im jüngeren Lebensalter auftauchen. Wichtig ist die Sensibilisierung, denn wenn erst die Fraktur auftritt, ist es schon geschehen.
Wie viele Betroffene gibt es?
Osteoporose gehört inzwischen zu den häufigsten Volkskrankheiten in Industrieländern, besonders in Europa und Deutschland. Mehr als sechs Millionen Menschen leiden in Deutschland an Osteoporose, dabei deutlich mehr Frauen als Männer. Dabei besonders wichtig: Gut 2,5 Millionen Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko bleiben unbehandelt. Sensibilisierung und richtige Therapieeinleitung sind entscheidend.
Kann ich mich vor Osteoporose schützen?
Ja, das kann man und es ist sogar sehr wichtig. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei der Lebenswandel ein, insbesondere eine gesunde Ernährung mit hohem Kalzium- und Vitamin-D-Anteil. Aber auch Bewegung und Sport ist ein wesentlicher Faktor für die Prävention der Osteoporose. Die Knochendichtemessung kommt dann hinzu.
Also viel Milch und Sonne?
Ja. Insbesondere die kalziumhaltigen Lebensmittel wie Milchprodukte als auch eine proteinreiche Ernährung sind präventiv für die Osteoporose. Nicht vergessen darf man dabei auch das Sonnenlicht, da der Stoffwechsel des Vitamin D unmittelbar mit der Sonneneinstrahlung zusammenhängt.
Gibt es Medikamente gegen die Krankheit?
Grundsätzlich besteht die Basistherapie aus Vitamin D und Kalzium. Hinzu kommt dann die spezifische Therapie der Osteoporose. Die Medikamente teilen sich dabei in verschiedene Gruppen ein. Hierbei gibt es eine Gruppe, die den Knochenabbau durch Hemmung von knochenabbauenden Zellen verlangsamt. Eine andere Gruppe sind Medikamente, die den Knochenaufbau stimulieren. Darüber hinaus gibt es noch eine Gruppe von hormonähnlichen Medikamenten. Neuere Generationsmedikamente umfassen auch Antikörper, die den Knochenaufbau steigern und den Abbau verlangsamen können.
Bei welchen Anzeichen sollten meine Alarmglocken schrillen?
Bei der Osteoporose ist es oftmals so, dass sich die Krankheit schleichend und über einen langen Zeitraum und Schmerzen entwickelt. Erste Anzeichen in der sogenannten Frühphase können leichtere Rückenbeschwerden ohne Anlass, Unsicherheiten beim Gehen oder auch muskulärer Abbau sein.
Und später?
Erste Knochenbrüche bei geringem oder auch ohne Anlass. Exemplarisch seien hierfür die Wirbelkörperfrakturen genannt. Aber auch andere Verletzungen, wie beispielsweise die des Handgelenks oder auch des körpernahen Oberschenkels, sind charakteristische Indikatorverletzungen.
Inzwischen kommen auch die osteoporotisch bedingten Beckenringfrakturen immer häufiger zur Behandlung in die Klinik.
Wann raten Sie zum Arztbesuch?
Grundsätzlich sollten Frauen über 60 und Männer über 70 sich mit dem Thema der Osteoporose auseinandersetzen und diesbezüglich auch das Gespräch mit dem Hausarzt oder dem Orthopäden suchen. Insbesondere jedoch, wenn frühzeitig wie oben beschriebene Anzeichen auftreten, ist ein Arztbesuch nötig.
Bei Frakturen in diesem Alter – nach niedrig-energetischem Trauma – leiten wir bereits die Osteoporose-Therapie in der Klinik ein oder vermitteln die Patienten entsprechend weiter, da wir insbesondere die Refraktur-Rate hiermit senken können und wollen.
Interview: Anna Heise