Happinger See: „Es entsteht kein Luxushotel“

von Redaktion

Diskussion um Bebauungspläne im Stadtrat – Mehr als 100 Bürger vor Ort – Neue Ideen vorgestellt

Rosenheim – Etwas überrascht über den Ansturm war der ein oder andere Politiker dann doch. Knapp 100 Bürger versammelten sich schon lange vor 17 Uhr im Foyer des Rathauses. Sie tauschten sich aus, studierten die Tagesordnung und bereiteten sich auf die Sitzung vor, in der über die Zukunft des Happinger Sees diskutiert werden sollte.

Und dabei war die Entscheidung eigentlich schon gefallen. Mit 7:4 stimmten die Mitglieder des Stadtentwicklungs- und Baugenehmigungsausschusses für einen Antrag auf Vorbescheid. Der Vorschlag der Verwaltung: Das bestehende Gebäude abreißen und eine öffentliche Seegaststätte mit Fremdenzimmern bauen.

Grundstück im
Erbbaurecht vergeben

Weil der Stadt die finanziellen Mittel dafür fehlen, besteht die Möglichkeit, das Grundstück im Erbbaurecht zu vergeben und einen privaten Investor ins Boot zu holen. Schon während der damaligen Sitzung gaben die Grünen unmissverständlich zu verstehen, dass sie mit den Plänen so überhaupt nicht einverstanden sind. Ein Quorum – also eine Nachprüfung – ließ nicht lange auf sich warten. Der Beschluss wurde gekippt und sollte in der Sitzung des Stadtrats nochmals diskutiert werden.

Am vergangenen Mittwoch war es dann also so weit. Vor knapp 100 Zuschauern ließ Oberbürgermeister Andreas März die vergangenen Tage noch einmal Revue passieren. „Der Vorbescheid hat viele im Raum schlecht schlafen lassen“, sagte er gleich zu Beginn. Das liege aber auch daran, dass „zahlreiche Informationen gestreut wurden, die nicht der Wahrheit entsprechen“. Die nächsten 60 Minuten nutzte März also, um die Beweggründe zu erläutern, für mehr Transparenz zu sorgen und einen neuen Vorschlag zu machen.

2011 hatte die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht und das Grundstück am Happinger See gekauft. Während das Seehotel einst eine beliebte Adresse für Gäste aus nah und fern war, ist es mittlerweile in die Jahre gekommen. 2012 wurde das Gebäude als Unterkunft für geflüchtete Menschen genutzt, seit 2023 steht das Haus leer. „Wir haben uns überlegt, ob eine Reaktivierung der früheren Nutzung eine gute Idee sein könnte“, sagte März während der Sitzung.

TH-Studenten
liefern Vorschläge

Pläne wurden geschmiedet, verschiedene Ideen gesammelt und Studenten der Technischen Hochschule ins Boot geholt. Sie schauten sich das Gebäude an und überlegten, was an dieser Stelle entstehen könnte. Im Rahmen des Masterstudiengangs Innenarchitektur haben sich 22 Studierende unter der Leitung von Prof. Markus Frank über zwölf Wochen intensiv mit dem Standort und dessen bestehender Bausubstanz auseinandergesetzt.

„Entstanden sind sehr spektakuläre Ergebnisse. Einige davon deutlich größer als das derzeitige Bestandsgebäude“, sagte März. Damit die Masterergebnisse überhaupt berücksichtigt werden können, habe er beschlossen, den Umgriff anpassen zu lassen, um „mehr Spielraum zu haben“. Kleiner planen könne man März zufolge immer, nur größer sei, eben keine Möglichkeit.

Es ist einer der Kritikpunkte, den die Bürgerinitiative „Happinger See“ im Vorfeld geäußert hatte. So störten sich die Mitglieder unter anderen an der Tatsache, dass im Vorbescheid eine Vergrößerung der Grundfläche auf mehr als das Zweieinhalbfache des Bestandsgebäudes erlaubt ist. „Wenn die Sorge ist, dass das zu massiv ist, können wir den Umfang deutlich reduzieren“, sagte März.

Zudem versprach er, dass alle Entscheidungen, die das Grundstück betreffen, erst im Stadtrat diskutiert werden müssen, bevor sie umgesetzt werden können. Es waren zwei Vorschläge, die für ein Aufatmen im Raum sorgten. Aber ganz so leicht wollte es Grünen-Stadträtin Anna Rutz dem Oberbürgermeister dann doch nicht machen. Eben auch, weil es ihre Fraktion war, die eine erneute Diskussion über das Thema angestoßen hatten.

Anna Rutz kritisierte die fehlende Transparenz und die mangelnde Einbindung von Naturschutzbelangen. Sie erinnerte an die fehlende Kanalisation und die fehlende Infrastruktur. Eine Erneuerung der Moosbachbrücke und neue Leitungen würden ihren Berechnungen nach fast 700000 Euro kosten. „Wofür und für wen, frage ich mich da? Die Rosenheimer wollen es nicht.“

Sie erinnerte an die Petition, welche die Bürgerinitiative ins Leben gerufen hatte. Mehr als 4500 Unterschriften seien zusammengekommen. „Das ist eine deutliche Sprache, die dringend gehört werden muss“, sagte die Stadträtin. Wichtig seien zudem barrierefreie, öffentliche Toiletten, die Prüfung einer Sanierung statt eines Neubaus sowie ein freier Zugang zum See für alle.

Tosender Applaus
im Sitzungssaal

Während ihr Redebeitrag bei den anwesenden Bürgern für tosenden Applaus sorgte, sorgte er bei einigen Kollegen aus dem Stadtrat für Kopfschütteln. „Die Liegewiese bleibt erhalten und frei zugänglich. Genau deshalb haben wir das Grundstück damals gekauft“, sagte Dr. Wolfgang Bergmüller, Fraktionsvorsitzender der CSU. Er kritisierte, dass viele Falschmeldungen im Umlauf seien, die zu einer Verunsicherung der Bürger führen würden. „Das Recht zu bauen hat die Stadt, es gibt keinen Dritten“, unterstrich er.

„Es wird mit Fakten gearbeitet, die einfach nicht wahr sind“, sagte auch Ricarda Krüger von der SPD. Viele Bürger würden befürchten, dass am Happinger See ein Luxushotel entsteht. Das sei schlichtweg falsch. „Die Rede ist von einer Gaststätte mit Fremdenzimmern“, sagte Krüger. Zudem könnten Verträge mit einem möglichen Erbpächter auch immer gekündigt werden, wenn dieser sich nicht an die Vorgaben hält.

„Die vergangenen Tage haben gezeigt, wie wertvoll der Happinger See ist“, sagte Christine Degenhart (Freie Wähler/UP). Dem müsste man Rechnung tragen. Umso mehr freue sie sich darüber, dass März die Möglichkeit nutzte, um zu erklären, wie es zu der deutlichen Vergrößerung der Grundfläche gekommen ist. Es sei lobenswert, dass er auf die Arbeiten der Studenten eingegangen sei, gleichzeitig plädierte auch sie dafür, auf die „Grundmauern des Bestands zurückzugehen“.

Gute Anlaufstelle für
Bürger schaffen

Beruhigt über diese Aussage war auch Maria Knott-Klausner (FDP). Sie regte an, über eine Sanierung nachzudenken. Gleichzeitig müsste eine „gute Anlaufstelle für die Rosenheimer“ geschaffen werden. Ganz anders äußerte sich Stefan Bauer (parteilos). Mit den 4500 Unterschriften sei ein Bürgerentscheid bereits erreicht worden – wenn auch nicht auf formalen Weg. Die Bürger sollten deshalb die Möglichkeit haben, selbst darüber abzustimmen, wie es am Happinger See weitergehen soll. Am besten im Rahmen der Kommunalwahl.

Zustimmung bei nur
eine Gegenstimme

Am Ende war Bauer der einzige Stadtrat, der gegen den neuen Vorschlag von Oberbürgermeister Andreas März stimmte. Der Rest sprach sich mit deutlicher Mehrheit dafür aus, dass sich die Kubatur eng am Bestand orientiert und man sich auf das weitere Vorgehen immer erst im Stadtrat einigen muss.

„Heute haben wir einen wichtigen ersten Schritt geschafft. Jetzt geht es darum, die Weichen für eine zukunftsfähige, gemeinwohlorientierte Lösung zu stellen“, fasste es Anna Rutz zusammen.

Das sagt die Bürgerinitiative „Happinger See“

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