Rosenheim – Schlägereien, Drogendelikte oder lautstarke Streits zwischen zwei alkoholisierten Männern: Immer wieder kommt es im Salingarten in Rosenheim zu Polizeieinsätzen. „Das auffällige Verhalten der Trinker- und Drogenszene beeinträchtigt die Aufenthaltsqualität der Besucher“, teilt die Verwaltung mit. Die Rosenheimer SPD hatte sich deshalb bereits im März 2025 dafür stark gemacht, ein Sicherheitskonzept für den Salingarten und den Salinplatz aufzustellen. In einem Antrag forderten sie unter anderem den Einsatz von Streetworkern.
Harter Kern besteht
aus rund 15 Personen
„Der harte Kern der Szene besteht aus etwa zehn bis 15 Personen, die sich bei gutem Wetter täglich versammeln und unterschiedliche Drogen konsumieren“, heißt es aus dem Rathaus. Vertreter von Polizei und Staatsanwaltschaft berichteten, dass es nur innerhalb der Gruppe zu Körperverletzungen oder Diebstählen kommt. Besucher werden in der Regel in Ruhe gelassen. Doch auch das ändert nichts an der Tatsache, dass viele den Salingarten meiden.
Erste Beziehungen
wurden aufgebaut
Um die Situation zu verbessern, sprachen sich die Mitglieder des Ausschusses für Soziales, Familien und Senioren in ihrer April-Sitzung mehrheitlich für den Einsatz von Streetworkern aus. Ein Konzept wurde erstellt, Gespräche mit Mitarbeitern des Sozialamts und der Diakonie geführt. Seit Juni sind die Sozialarbeiter im Einsatz – vorerst bis Ende 2026. Das Team besteht aktuell aus drei Personen, die drei- bis viermal pro Woche an den Brennpunkten tätig sind.
Neben dem Salingarten sind die Streetworker auch am Kardinal-Faulhaber-Platz und in der Endorfer Au im Einsatz. Sie sind in Parkhäusern, am Busbahnhof und am Bahnhof. Sie suchen das Gespräch mit den Betroffenen, verteilen Getränke, Hygieneartikel und Essen. „In den ersten Monaten hat sich viel darum gedreht, Beziehungen aufzubauen“, erklärte eine Sozialarbeiterin während der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familien und Senioren. Man habe sich einen Überblick verschafft und versucht, herauszufinden, wie man die Menschen am besten unterstützen kann.
Zudem fanden Gespräche mit medizinischen Einrichtungen, sozialen Diensten und Behörden statt. Alle Mitarbeiter mussten außerdem eine Naloxon-Schulung absolvieren, um den Umgang mit Drogennotfällen zu trainieren und erhielten eine Einführung in die bereits bestehenden Hilfsangebote. Seitdem sind sie auf der Straße unterwegs. „Wir sind überrascht, wie erfolgreich wir bisher waren“, sagte die Sozialarbeiterin. Innerhalb kürzester Zeit hätten sie bereits 290 Kontakt geknüpft. „Unser Angebot wird nach anfänglichem Misstrauen sehr gut angenommen“, sagt sie. Erste Beziehungen wurden aufgebaut und Hilfen vermittelt. Oft ganz niedrigschwellig. So erhielten einige Personen Unterstützung beim Ausfüllen der Krankenkassen-Unterlagen, für andere wurde ein Termin bei der Schuldenberatung ausgemacht. Ein kleiner Teil sei sogar an Beratungsstellen vermittelt worden.
Teenager treffen
im Park auf Senioren
Die Probleme der Menschen aus dem Salingarten – die zwischen 16 und 85 Jahre alt sind – sind dabei vielschichtig. Einige hätten Schulden, andere würden mitten in der Sucht stecken oder seien Opfer von Gewalt geworden. Es gibt diejenigen, die aufgrund einer Wohnungskündigung vor den Scherben ihrer Existenz stehen und die, die nicht wissen, wie sie am besten Kontakt mit dem Ausländeramt aufnehmen können. „Wieder andere leben in sehr prekären Wohnungssituationen“, sagte die Sozialarbeiterin.
Sie und ihre Kollegen hören zu, geben Tipps und vermitteln. „Wir wissen, welche Angebote es gibt und welche für die Betroffenen infrage kommen könnten“, sagte die Sozialarbeiterin. Die Rückmeldungen seien bisher durchweg positiv. Doch schon jetzt steht fest: Die 20 Wochenstunden, die dem Streetworker-Team zur Verfügung stehen, decken den Bedarf nicht. „Es bräuchte eine Vollzeitstelle“, sagte die Sozialarbeiterin während der Oktober-Sitzung. Lob für die Arbeit gab es von den anwesenden Stadträten. Sandrine Kronast (Grüne) erkundigte sich, ob es auch schon einmal eine gefährliche Situation gegeben habe. Die Sozialarbeiterin verneinte das, erklärte, dass sie und ihre Kollegen vor allem dann im Einsatz sind „wenn der Alkoholpegel noch niedrig“ ist. So würden sie ihre Runde in der Regel gegen 13 Uhr starten, wenn die ersten Menschen in den Salingarten strömen. Die letzte Runde würde dann gegen 15 Uhr stattfinden.
Ein Thema komme dabei immer wieder auf. „Die Frage nach einem alternativen Platz ist groß. Es fehlt ein niedrigschwelliges Angebot“, sagte die Sozialarbeiterin. Eine Teestube oder ein Café, in das die Menschen auch gehen könnten, nachdem sie ein Bier getrunken oder andere Drogen konsumiert hätten. „Solange es einen solchen Ort nicht gibt, werden die Menschen im Salingarten bleiben“, fügte sie hinzu.
Ein alternativer Platz wie
eine Wärmestube fehlt
Planungen für einen solchen Ort scheint es aber derzeit nicht zu geben. So sprach man sich bereits im April gegen die Schaffung einer Wärmstube aus. Damals gab man als Begründung an, dass Wärmstuben in erster Linie von wohnungslosen Menschen genutzt werden. Durch eine solche Einrichtung stehe zu befürchten, dass eine Wärmestube zu einer Verschlechterung der Situation führen könnte. In den kommenden Monaten wollen die drei Streetworker weiterhin in Rosenheim unterwegs sein und Kontakte knüpfen. „Wir wollen Beziehungen aufbauen, Vertrauen schaffen, Ausgrenzung vermindern und die soziale Teilhabe fördern“, heißt es. So soll es auch gelingen, die Aufenthaltsqualität im Salingarten zu verbessern. Ein erster Schritt dafür scheint jedenfalls getan.