„Das war verdammt wenig Abstand gerade“

von Redaktion

Gefahr für Radler: Autofahrer ignorieren Verkehrsregeln – Maßnahme der Polizei soll sensibilisieren

Rosenheim – Thomas Unterlinner rückt noch schnell seinen Fahrradhelm zurecht, dann tritt er in die Pedale. Langsam fährt der Polizeihauptmeister in Zivil mit seinem Rad die Hubertusstraße entlang. Was die Autofahrer zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Unterlinner ist im Dienst. Über Funk ist er mit seinen Kollegen verbunden, die nur wenige Meter weiter stehen und auf sein Zeichen warten. Nach wenigen Minuten knackt das Funkgerät, dann ertönt Unterlinners Stimme.

„Der weiße Transporter ist gerade mit einem Abstand von 76 Zentimetern an mir vorbeigefahren“, sagt er. Seine Kollegin tritt auf die Straße und gibt dem Fahrer des Transporters mit der Polizeikelle ein Zeichen, dass er anhalten muss. Der Mann hält an, kurbelt das Fenster runter und schaut die Polizisten fragend an.

Mindestabstand wird
häufig nicht eingehalten

Nachdem er Fahrzeugpapiere und seinen Führerschein herausgesucht hat, informiert ihn die Polizistin, wieso er angehalten werden musste. „Sie haben den Mindestabstand von anderthalb Metern nicht eingehalten, als Sie den Radfahrer überholt haben“, erklärt sie. Der Fahrer nickt, hört zu. „Normalerweise wären jetzt 30 Euro fällig, aber wir verwarnen Sie heute nur“, sagt die Polizistin. Sie appelliert an den Mann, in Zukunft den Abstand einzuhalten. Dann setzt der Fahrer seinen Weg fort. Thomas Unterlinner hat sich währenddessen schon wieder aufs Fahrrad gesetzt und radelt in Richtung Brückenberg. Wieder knackt das Funkgerät, wieder ertönt die Stimme des Polizeihauptmeisters. „Der weiße VW ist gerade mit 70 Zentimetern an mir vorbeigefahren“, sagt er. Seine Kollegin signalisiert dem Fahrer nur wenige Sekunden später, dass er links ranfahren muss. „Das war verdammt wenig Abstand gerade“, kritisiert sie den Fahrer. Sie erinnert ihn an den Mindestabstand von 1,50 Meter, der innerorts eingehalten werden muss. „Wenn Sie den Abstand nicht einhalten können, können Sie den Radfahrer nicht überholen“, fügt sie hinzu. Der Mann entschuldigt sich, verspricht, es beim nächsten Mal besser zu machen. Es sind nur zwei von über zehn Autofahrern, die die Polizei an diesem Nachmittag angehalten und verwarnt hat. Die Idee, eine solche Kontrolle durchzuführen, stammt von Olaf Fröhlich. Er ist der Radverkehrsbeauftragte der Stadt Rosenheim und weiß, wie brenzlig es in manchen Situationen werden kann, wenn Autofahrer den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand beim Überholen nicht einhalten. „Viele Leute machen es schon richtig, aber es gibt eben auch diejenigen, die unaufmerksam sind. Und genau die wollen wir mit unserer Aktion wachrütteln“, sagt Fröhlich. Nachdem er im vergangenen Jahr bereits eine Poolnudel an seinem Rad befestigt hatte, um auf den Mindestüberholabstand hinzuweisen, setzte er in diesem Jahr auf ein Messgerät vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC).

„Wir haben den Sensor in unserer Freizeit entwickelt“, sagt Uwe Hammer, der im Vorstand des Vereins sitzt. Dabei handelt es sich um ein kleines Gerät, das am Fahrrad befestigt wird und während der Fahrt den Abstand von überholenden Autos misst. „Das Gerät speichert die Daten und anschließend laden wir sie auf eine Internetseite hoch“, erklärt Hammer.

Ziel sei es, eine ungefähre Vorstellung davon zu bekommen, wo die Situationen besonders gefährlich sind und eventuell nachjustiert werden müsste.

560 Messungen auf
der Kreisstraße RO5

Hammer hat sich in den vergangenen Monaten beispielsweise auf die Kreisstraße RO5 fokussiert. „Dort habe ich bereits 560 Messungen gesammelt“, sagt er. Das Fazit: 80 Prozent der Autofahrer würden sich nicht an den Sicherheitsabstand von zwei Metern halten, der außerorts gilt. „Das sind Fakten, mit denen wir auf das Problem aufmerksam machen wollen“, fügt Hammer hinzu. Genau diese Daten sollen jetzt auch für die Rosenheimer Innenstadt gesammelt werden. Wie wichtig das ist, weiß Hauptkommissar Robert Maurer. „Bei unserer heutigen Kontrolle haben fast 50 Prozent den Abstand nicht eingehalten“, sagt er. Umso wichtiger sei es, die Autofahrer dafür zu sensibilisieren. Während es an diesem Nachmittag bei Belehrungen blieb, muss in Zukunft mit einem Bußgeld in Höhe von 30 Euro gerechnet werden.

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