Rosenheim – Wolfgang Niedecken ist Künstler. Dass er diesen Beruf nun seit 50 Jahren ausüben darf, ist nicht nur pures Glück. Der Erfolg ist durch eine Idee ohne Karriereplan gekrönt: Lieder auf Kölsch. Wie es der Band „BAP“ im Laufe der Jahrzehnte erging und was Niedecken antreibt, um weiter Musik zu machen, erzählt er im OVB-Gespräch.
Wie sind Sie zur Musik gekommen?
Ich bin im Jahr 1951 geboren. Als ich 13 oder 14 Jahre alt war, haben die Beatles die Welt beglückt. Dann wurde Musik auch interessant für mich. Vorher war Musik eigentlich nicht so mein Ding. Da gab’s halt Schlager, Marschmusik, Kirchenmusik, das war alles nichts. Und auf einmal kamen die Beatles und dann ging ein ganzer Kosmos auf. Alle haben irgendwelche Bands gegründet, ob die spielen konnten oder nicht, da war ich nicht der Einzige. Auf einmal war Musik das große Ding.
Wie hat sich der Erfolg Ihrer Band entwickelt?
Wir haben zunächst als Schülerband gespielt. Danach habe ich Malerei studiert und die Musik erst einmal außer Acht gelassen. Nach meinem Examen hab ich dann noch mal damit angefangen. Das waren die Anfänge von BAP. Das ist jetzt 50 Jahre her. Damals haben wir nicht gedacht, jemals vor Publikum spielen zu dürfen. Wir waren eine absolute Amateurband, hatten keine Ziele und auch keinen Karriereplan. Wenn ich jetzt daran denke, was in dieser ganzen Zeit passiert ist – das ist unfassbar. Das passiert einem unter Millionen.
Wie ist der Bandname „BAP“ entstanden?
Mein Vater war sehr sparsam, das war fast filmreif. Ich bekam den Spitznamen BAP, weil ich immer Geschichten von meinem Bap, das ist der kölsche Begriff für Vater, erzählen sollte. Als der Bandname dann entschieden werden musste, war klar: Die nennen wir jetzt BAP.
Wie waren Ihre ersten Auftritte mit BAP?
Die ersten Auftritte haben wir in unserer Stammkneipe „Chlodwigeck“ in Köln gehabt. Irgendwann hat mir jemand angeboten, eine Platte aufzunehmen. Für mich stand fest: Wenn ich das mache, dann nur mit der Band. Und so haben wir 1979 unsere erste Platte aufgenommen.
Im Laufe der Zeit hat BAP einige Besetzungswechsel erlebt. Warum war das so?
Zu der Zeit als wir mit der Band semiprofessionell wurden, standen schon die ersten Besetzungswechsel an. Man muss sich vorstellen: Die Leute waren im Studium, hatten einen festen Beruf oder wurden Familienvater. Unsere Musik hat am Anfang auch kein Geld eingebracht. Da war keine Zeit mehr für eine Band. Es gab auch Meinungsverschiedenheiten über den weiteren Weg der Band und die nächsten Bandmitglieder sind gegangen. Es war ein ständiges Kommen und Gehen, und das wird wohl auch immer so bleiben.
Haben sich diese Besetzungswechsel auf die Qualität Ihrer Musik ausgewirkt?
Ja, wir haben uns nie einen schlechteren Musiker in die Band geholt. Die Besetzungswechsel haben die Band natürlich auch frisch gehalten. Wir haben uns immer wieder erneuert und neue Alben aufgenommen. Wir sind in Deutschland die Band mit den meisten Nummer-eins-Alben. Das kannst du nicht mit einer Band machen, die eigentlich gar nicht mehr so richtig will. Motivation ist die Grundvoraussetzung für gute Musik.
Wie entsteht bei BAP Musik?
Eigentlich entsteht die Musik bei uns immer anders. In den Anfangsjahren haben wir die Stücke mehr oder weniger erjammt. Man hatte also eine Idee, ein Riff, und ich habe einen Text geschrieben und alles versucht zusammenzubringen. Mittlerweile ist es aber so, dass die Musiker fertig arrangierte Musik liefern, auf die ich entspannt texten kann.
Sie stehen jetzt seit fast 50 Jahren auf der Bühne. Was treibt Sie nach all den Jahrzehnten noch an, Musik zu machen?
Ich bin eigentlich bildender Künstler und als Künstler ist der Gestaltungswille ganz wichtig, dass man diesen Drang hat, etwas zu gestalten. Mir Sachen auszudenken, diese mit der Band zu verwirklichen und schließlich auf die Bühne zu bringen. Das macht mir immer wieder Spaß. Vor allem durch das Publikum hat man einen immer größeren Ansporn. Es gibt auch ganz viel zurück. Ich könnte mir nie vorstellen, auf der Bühne zu stehen, von einem Scheinwerfer geblendet zu werden und nicht zu wissen, wie die Leute aussehen.
Sie singen in der Band Kölsch. War das eine bewusste Entscheidung?
Nein, das ist absolut per Zufall passiert. Während der Anfänge unserer Band 1976 wollten wir nur ein paar Coverversionen spielen und gar nicht auftreten. Als ich dann mein erstes kölsches Lied geschrieben und meiner Band vorgespielt hatte, da fanden es alle super und wollten, dass ich mehr davon mache. Also wie gesagt, da stand kein Karriereplan dahinter, das hat sich alles organisch ergeben.
Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Texte?
Also eigentlich laufe ich wie ein trockener Schwamm durch die Gegend und sauge auf, was ich vielleicht verwenden könnte. Natürlich behandle ich auch private Themen. Beispielsweise habe ich ein Soloalbum gemacht, das heißt „Familienalbum“. Da sind nur Stücke drauf, die etwas mit meiner Familie zu tun haben. Von meinen Ahnen bis zu meinen Kindern.
Nächstes Jahr kommen Sie mit Ihrem Programm „Zwischen Start & Ziel, Lieder und Geschichten aus dem Leben“ nach Rosenheim. Haben Sie etwas, dass Sie mit Rosenheim verbinden?
Meine erste Erinnerung an Rosenheim ist die, als ich in meiner Kindheit mit meiner Mutter nach Italien gefahren bin. Mit dem Zug sind wir abends in Köln losgefahren und mitten in der Nacht hatten wir in Rosenheim einen längeren Aufenthalt. Ich habe aus dem Zugfenster hinausgeschaut und diese exotische Szenerie in mich aufgesogen. Das war damals ein sehr bewegender Moment für mich.
Wie wird Ihr Programm in Rosenheim ablaufen?
Ich spiele Songs, die ich im Laufe der vergangenen 50 Jahre geschrieben habe. Das sind alles sehr persönliche Lieder, die alle einen autobiografischen Kern haben. Zwischendrin werde ich aus meinen Büchern vorlesen. Das wird ein sehr angenehmer Abend.
Werden Sie ein Stück spielen, das für Sie eine besondere Bedeutung hat?
Das sind alles besondere Songs. Man glaubt nicht, wie lange ich an diesem Programm immer wieder hin- und herumgeschraubt habe, bis der Bogen stimmte und es auch wirklich eine Gesamterzählung wurde. Alle Stücke sind wie Kurzgeschichten oder Kurzfilme, die dann ein großes Ganzes ergeben. Es werden natürlich auch die bekanntesten Songs wie „Verdammt lang her“ gespielt, das ich nach dem Tod meines Vaters geschrieben habe.
Worauf können sich die Zuschauer freuen?
Sie sollen sich auf einen gemütlichen Abend einstellen. Wir werden einen wunderbaren Abend zusammen verbringen. Gemeinsam mit angenehmer Musik und mit Geschichten, die nicht langweilen. Daniela Engel