Rosenheim – „Ich dachte, das passiert nur anderen.“ Oder: „Ich weiß gar nicht, ob ich hier richtig bin. Ist das, was ich erlebe, Gewalt?“ Diese Sätze hören wir bei MaVia häufig, wenn eine Frau zum ersten Mal in die Beratungsstelle kommt. Häufig liegen dann schon Monate oder Jahre der Angst, der Kontrolle, Demütigung und Isolation hinter ihr. Für Betroffene ist dieser Schritt, Hilfe zu suchen, immer ein großer und mutiger Moment.
Ein sicherer Ort,
um zu sprechen
MaVia, ist die zentrale Beratungsstelle gegen sexualisierte und häusliche Gewalt in Stadt und Landkreis Rosenheim. Hier finden Frauen, Jugendliche, Kinder, Angehörige und Fachpersonal Unterstützung – kostenfrei, vertraulich und auf Wunsch anonym.
In geschützten Räumen nehmen sich die Beraterinnen Zeit, zuzuhören. Keine Uhr tickt gegen sie, kein Formular steht zwischen ihnen und der betroffenen Frau, die erzählt. Alles darf gesagt werden, nichts muss gesagt werden.
„Viele Frauen kommen, weil sie das erste Mal offen sprechen können“, erzählt Tanja Bourges, Leiterin der Beratungsstelle. „Wir bieten keinen schnellen Rat, sondern Raum. Erst wenn alle Gedanken gedacht und alle Worte ausgesprochen werden, sich Gefühle sortieren dürfen, kann Veränderung beginnen. Die Beratungsstelle begleitet Betroffene auf ihrem individuellen Weg. Das kann eine kurze fachliche Auskunft sein, eine Krisenintervention, die Vermittlung eines geschützten Platzes in einem Frauenhaus oder auch eine langfristige Stabilisierung. Das Team der Beratungsstellen besteht aus Sozialpädagoginnen mit traumapädagogischer Zusatzausbildung.
Die Schwerpunkte sind:
• Krisenintervention
• Stabilisierungsgespräche
•Informationen und Unterstützung im Gewaltschutzverfahren
•Begleitung zu Polizei, Gericht, Ärzten, Anwälten
Ein weiterer wichtiger Bestandteil von MaVia ist die Fachstelle Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen, die direkt mit Kindern, Jugendlichen, Eltern, Lehrkräften und pädagogischem Fachpersonal arbeitet.
Das Ziel von MaVia ist es, Frauen, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, ihren eigenen Weg in ein selbstbestimmtes, sicheres Leben zu finden.
„Wir wollen, dass keine Frau das Gefühl hat, allein zu sein“, sagt Tanja Bourges. „Nicht mehr schweigen, Mut entwickeln, Veränderung für möglich halten, Perspektiven entwickeln – wir unterstützen Frauen, die oft sehr lange still waren, auf diesem Weg.“
Auch Jugendliche und junge Frauen finden hier Hilfe – bei Gewalt in der Beziehung oder bei sexualisierter Gewalt im digitalen Raum.
„Grenzen wahrnehmen, Grenzen setzen und Hilfe annehmen – das ist Prävention im besten Sinne“, erklärt Maria Hessdörfer, Geschäftsführerin von MaVia.
Im vergangenen Jahr wurden 206 Frauen in Rosenheim beraten. In diesem Jahr waren es bis Anfang November bereits 235 Frauen. Im vergangenen Jahr waren 382 Kinder mit von der Gewalt gegen ihre Mutter betroffen.
Für Betroffene kann hier, bei MaVia, etwas Neues beginnen: ihr Weg in ein Leben ohne Gewalt.
Am heutigen Samstag machen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen vor der Papeterie Bensegger mit der jährlichen Aktion „Tulpen statt Veilchen“ auf die Situation gewaltbetroffener Frauen aufmerksam und setzen ein Zeichen gegen Gewalt.
Um den 25. November herum findet wieder die Tütenaktion: „Gewalt kommt uns nicht in die Tüte“ statt. „Halten Sie die Augen auf, ob Sie „unsere“ Tüte in Bäckereien, oder Lebensmittelläden sehen und posten Sie es auf Instagram – und erwähnen Sie uns: mavia_ev.“